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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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strich sich das Jackett glatt. Er blickte sich wachsam um und stellte sicher, dass auch ja keine Kameras den Schlag aufgenommen hatten. Dann lehnte er sich ganz dicht zu Campbell.
    »Pass auf, was du sagst. Ich gebe hier den Ton an, nicht du. Verstanden?«
    Campbell befühlte mit der Hand seine bärtige Wange und schluckte seine Wut herunter. Das Blut rauschte ihm in den Ohren, und sein Kopf schien zwischen den Schultern zu schweben. »Es tut mir leid, Mr. McGinty, aber bei allem Respekt: Er hat es nicht gerade gut aufgenommen, dass man Marie McKenna einschüchtern wollte. Was ist, wenn er als Nächstes Sie aufs Korn nimmt.«
    McGinty schnaubte, aber seine Augen verrieten ihn. »Der würde nie an mich rankommen. Seit 1972 versuchen immer wieder welche, mich zu kriegen. Und niemandem ist es auch nur annähernd gelungen, nicht mal Delaney und den beiden UFF-Typen, die du umgenietet hast. Warum glaubst du, ausgerechnet Fegan sollte das schaffen?«
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    Campbell fixierte McGinty. »Weil ich glaube, dass er dafür alles riskieren würde.«
    McGinty wandte die Augen ab und räusperte sich. Er ging weiter in Richtung Wagen. Campbell folgte ihm.
    »Na gut, wir machen Folgendes«, sagte McGinty, als er schon fast am Lincoln war. »Die Bullen lassen Fegan in ungefähr einer Stunde gehen. Du folgst ihm und stellst sicher, dass er auch wirklich nach Hause geht. Dann verschaffst du dir Zutritt zum Haus und erledigst ihn da. Danach schließt du ordentlich ab. Mit ein bisschen Glück findet man ihn erst in ein, zwei Tagen. Das verschafft mir die Zeit, das Maximum aus der Berichterstattung herauszuholen. «
    »Und was ist mit der Frau?«, fragte Campbell. »Vielleicht kriegt sie was mit, wenn sie versucht, ihn zu erreichen.«
    Der Fahrer hielt McGinty die Tür auf, und er stieg ein. »Mach dir um sie keine Sorgen«, sagte er. »Dafür ist schon gesorgt.«
     
    Campbell duckte sich in dem rostigen Ford Focus und sah zu, wie Fegan mühsam aus einem Taxi stieg und den Fahrer bezahlte. Während der Wagen abfuhr, schlurfte Fegan vorsichtig zu seiner Haustür und presste dabei eine Hand auf seinen Unterleib. Campbells Focus stand am anderen Ende der Calcutta Street. Als seine Zielperson stehenblieb und Blut auf den Bürgersteig spuckte, atmete Campbell zischend ein. Fegan richtete sich wieder auf, wischte sich den Mund ab und schloss die Haustür auf.
    Meine Güte, dachte Campbell, die Nachricht, die er gekriegt hat, muss ja klar und deutlich gewesen sein. Der hat echte Schmerzen.
    Insgeheim wünschte sich Campbell ein bisschen, dass Fegan 230
    McGinty zu fassen kriegte. Seine Backe brannte immer noch, wo der Politiker ihn geschlagen hatte. Die Welt wäre keinen Deut ärmer dran ohne diesen Kerl, dachte er, genau wie sie gut auf McKenna und Caffola verzichten konnte. Eigentlich hätte Campbell Fegan sogar nur zu gerne geholfen, in der Partei die Spreu vom Weizen zu trennen. Aber für jeden Politiker wie McGinty gab es zehn Mistkerle, die nur zu gerne seinen Platz eingenommen und die Partei von Waffen wie Zeitungen und Fernsehen abgebracht und wieder auf Kalaschnikows und Mörser eingeschworen hätten. Es war traurig, aber wahr: Paul McGinry war immer noch das kleinere Übel.
    Und das größte Übel war Bull O’Kane.
    Bekannt geworden war Terrance Plaunkett O’Kane, ein stämmiger Mann von über 1,90 Meter, Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre, jener turbulenten Zeit, als der politische Arm der Partei sich allmählich vom paramilitärischen Arm gelöst hatte. Campbell hatte Bull nie persönlich kennengelernt, aber dem Alten eilte sein Ruf weit voraus. Schon als Campbell noch Corporal in der Black Watch gewesen war, hatte er Geschichten über O’Kanes blutige Umtriebe gehört. Und nachdem er dann die Kaserne gegen die kleinen Gassen von Belfast getauscht hatte, wurden die Geschichten immer horrender.
    Als dann der politische Prozess an Fahrt gewann, sah es so aus, als sei Bulls Zeit vorbei. Das 21. Jahrhundert gehörte Männern wie McGinty und seinem Gespür für Schlagzeilen. O’Kane war inzwischen über siebzig und schien bereit, sich zurückzuziehen und McGinty und seinen politischen Mitstreitern das Feld zu überlassen.
    Offenbar aber doch nicht, dachte Campbell.
    McGinty und O’Kane waren zwei Seiten einer Medaille. O’Kane besaß immer noch die Loyalität der alten Fußsoldaten wie Eddie Coyle, auf die McGinty und die Parteiführung wegen

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