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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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verdirbt.«
    Fegan schloss die Augen und hörte, wie die Tür auf- und wieder zugemacht wurde, wie der Schlüssel sich im Schloss drehte und wie der Bulle lachte, während er sich entfernte. Er rollte sich auf den Rücken, sein ganzer Körper fühlte sich schwer und kraftlos an. Die Schatten versammelten sich um ihn und nahmen Gestalt an. Er lächelte schwach zu ihnen hoch. »Hattet ihr Spaß?«, fragte er.
    Die Frau legte ihm ihre kühle Hand auf die Stirn, und der Raum glitt aus seinem Bewusstsein.

Campbell konnte nur staunen, wie es Paul McGinty gelang, die Fakten so zu verdrehen, wie es ihm passte. Die ganze Rede war eine einzige, unglaubliche Lehrstunde in Manipulation. Der Politiker stand auf einem improvisierten Podium nur wenige Schritte von Vincie Caffolas Grab entfernt und tobte mit dem Zorn des Gerechten. Dieselben Polizisten, die Caffola an seinem eigenen Erbrochenen hätten ersticken lassen, tönte er, hätten auch den Parteiaktivisten Edward Coyle windelweich geprügelt, nachdem sie seinen Wagen in der Eglantine Avenue angehalten hatten. Die Menge johlte, als McGinty schwor, er werde nicht ruhen, bis der Gerechtigkeit Genüge getan worden sei, und Campbell musste sich regelrecht bezähmen, um nicht selbst mit einzustimmen. Kein Wunder, dass die Feinde des Politikers ihn ebenso sehr fürchteten, wie sie ihn hassten.
    Die Kameras der Nachrichtensendungen folgten McGinty vom Podium hinab, aber seine Sicherheitsleute traten ihnen in den Weg. Als der Politiker auf Campbell zutrat, war er allein. »Komm ein Stück mit«, sagte er.
    Sie schlenderten zwischen den Grabsteinen und Gedenkstätten bis hin zum Tor, wo McGintys Lincoln wartete. Die Sonne wärmte Campbells Rücken.
    »Also, was hältst du von unserem Freund Gerry?«, fragte McGinty.
    »Er ist durchgeknallt«, antwortete Campbell. »Das macht ihn so gefährlich. Wenn ich ihn umlegen soll, erledige ich das besser bald. Der Kerl ist zu allem fähig.«
    »Unser Freund bei der Polizei hat ihm heute Morgen unsere Nachricht ausgerichtet«, erklärte McGinty. »Er ist sehr deutlich geworden.«
    »Drohungen bringen gar nichts«, widersprach Campbell. »Bei Verrückten kommt man mit Vernunft nicht weiter.«
    McGinty trat ein paar Kieselsteine auf dem Pfad weg und blieb stehen. »Keine Sorge. Ich erwarte gar nicht von ihm, dass er vernünftig ist. Nicht nach dem, was Pater Coulter mir heute Morgen erzählt hat. Ich wusste ja, dass er es war, aber dass er es auch noch einfach so zugibt - nicht zu fassen. Selbst wenn er davon ausgegangen ist, dass Pater Coulter es nicht an mich weiterträgt, gehört dazu schon eine ganze Menge Chuzpe. Aber wir müssen genau überlegen, wann. Ich habe für morgen früh eine Pressekonferenz einberufen. Eddie Coyle wird denen erzählen, wie die Bullen ihn verprügelt haben. Ich will nicht, dass irgendetwas die Presse auf eine andere Fährte lenkt. Und es sind nicht nur lokale Medien. Meine Güte, sogar CNN und Fex News wollen kommen. Ach, wie ich das liebe. Weißt du, das ist es genau, was der alte Bull O’Kane nicht kapiert hat, was er nie von uns gelernt hat. Solange ich dafür sorge, dass die Presse solche Sachen aufgreift, sind die Briten in der Defensive. Wenn ich nur genügend Staub aufwirbele, geben sie uns alles, was wir wollen. Sie wissen, dass wir den Stormont zum Scheitern bringen können, wenn wir wollen, und sie würden jeden Spagat machen, um das zu verhindern. Die werden mir aus der Hand fressen, und die Partei wird es nicht wagen, mich zu übergehen. Nicht, wo alle Kameras auf mich gerichtet sind. Ich sage dir, die Medien sind eine bessere Waffe, als Plastiksprengstoff es je war.«
    »Aber die Medien werden nicht mehr nach Ihrer Pfeife tanzen, wenn Fegan noch jemanden aufs Korn nimmt. Er war schon gestern Abend soweit, mich zu erledigen, aber dann hat ihn etwas gestoppt.«
    »Was?«, fragte McGinty.
    »Weiß ich nicht.« Campbell schüttelte den Kopf. »Was auch immer es war, auf jeden Fall ist es in seinem Kopf passiert. Plötzlich ist er ausgerastet, er war komplett weg. Schizophren oder so was.«
    Nachdenklich kräuselte McGinty die Lippen. »Ich nehme mal an, du gibst hier einen gesicherten medizinischen Befund von dir.«
    »Das ist kein Witz.« Campbell starrte den Politiker wütend an. »Sie sollten lieber auf sich aufpassen. Ich sage Ihnen, er …«
    McGintys Hand schlug blitzschnell zu. Campbell spürte schon das Brennen, bevor er überhaupt eine Bewegung wahrgenommen hatte.
    McGinty räusperte sich und

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