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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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er stehen und hob beide Hände an die Schläfen.
    »Nicht jetzt«, sagte er. »Nicht hier.«
    »Was ist?«, rief Campbell?
    »Nein!« Fegan starrte irgendetwas zu seiner Linken an. »Es wird schon noch eine Gelegenheit geben. Hier kann ich es nicht tun, nicht unter Zeugen.«
    »Ach du Scheiße«, murmelte Campbell und trat den Rückzug in Richtung Wagen an.
    »Wie soll ich es denn hier tun?« Jetzt richtete sich Fegans Blick auf etwas rechts von Campbell. »Wenn ich es hier mache, dann kann ich die Sache nie zu Ende bringen.«
    »Was nicht zu Ende bringen, Gerry?« Vorsichtig trat Campbell einen Schritt vor. »Mit wem sprichst du?«
    Fegans Augen wanderten von einem Ort zum nächsten und fixierten etwas in seiner Augenhöhe, was nur er sehen konnte. »Es wird schon noch eine Gelegenheit geben. Ich schwöre.«
     
    Noch bevor Campbell ihn anschreien konnte, es nicht zu tun, holte Coyle hinter Fegan aus. Fegan duckte sich, aber nicht schnell genug, der zweite Ziegelbrocken schrammte an seiner Schläfe vorbei. Fegan reagierte mit der geschmeidigen Schnelligkeit eines Raubtiers, wirbelte herum und packte Coyles Unterarm, noch bevor der andere etwas unternehmen konnte. Er schlug Coyle den Ziegel so fest ins Gesicht, dass dessen Kopf zurückgeschleudert wurde. Beim zweiten Mal hörte Campbell ein abscheuliches Knacken. Coyles Beine sackten weg, und Fegan schlug noch zwei weitere Male zu, bis Blut auf den Bürgersteig spritzte.
    Das Röhren eines Motors ließ Campbell in Richtung Lisburn Road blicken. Ein Land Rover der Polizei kam um die Ecke geschossen. Campbell zögerte nur eine Sekunde, dann drehte er sich um und rannte in Richtung Malone Road. Dem Verkehr ausweichend, überquerte er sie und verschwand im Cloreen Park. Er lief weiter, bis er die Stranmillis Road erreicht hatte. Dann steuerte er zielstrebig das Straßengewirr um die Queens University an und schlängelte sich zur Kirche an der University Street durch. Er überquerte die Straße, schloss die Tür zu seinem Wohngebäude auf, lief die zwei Stockwerke nach oben und betrat seine Wohnung. In der Dunkelheit ließ er sich auf die Couch fallen, während das Adrenalin noch einen Schauer nach dem anderen durch seine Gliedmaßen jagte.
    »Scheiße«, sagte er in das leere Zimmer hinein.

Mit trockenen Augen und schweren Lidern saß Fegan in seiner Zelle. Es war eine lange Nacht gewesen. Sie hatten ihn ins City Hospital auf der Lisburn Road gebracht, wo die Wunde an seiner Schläfe untersucht wurde. Der Arzt hatte auf einer Röntgenaufnahme bestanden. Bewacht von zwei Polizeibeamten, hatte er auf einem Bett in der Notaufnahme sitzen müssen, bis die Ergebnisse da waren. Auch Coyle steckte irgendwo in diesen Krankenhaus, aber Fegan nahm an, dass er einen längeren Aufenthalt vor sich hatte.
    Jetzt saß Fegan auf einer dünnen Matratze, Gürtel und Schnürsenkel hatte man ihm abgenommen, und wartete darauf, dass man ihn gehen ließ. Selbst wenn Coyle in der Verfassung sein sollte, dass man ihn befragen konnte, würde er nicht den Mund aufmachen, da war Fegan sich sicher. McGinty würde wollen, dass er draußen war, wo man an ihn herankam, weg von den Bullen. Außerdem würde es Coyle - ganz gleich, was die Partei in der Öffentlichkeit verlautbarte - übel angerechnet werden, wenn er bei der Polizei plauderte. Falls er das machte, stand er nur noch eine Stufe über einem gemeinen Verräter, und mit Verrätern machte die Partei kurzen Prozess.
    Schatten schlichen über die Wände. Manchmal nahmen sie Gestalt an, im nächsten Moment lösten sie sich wieder in nichts auf. Fegans Schläfe pochte, und in seinem Körper machte sich die Kälte breit.
    »Was soll ich denn machen?«, fragte er. Die Schimären antworteten nicht.
    »Wenn ich es gestern Abend getan hätte, hätten mich die Bullen dafür verhaftet. Dann säße ich jetzt wegen Mordes hier drin und nicht wegen einer Prügelei. Von den anderen könnte ich keinen mehr erledigen.«
    Immer noch nichts.
    Plötzlich verdichtete sich einer der Schatten, seine Gestalt hob sich von der kaltweißen Wand ab. Es war der Polizist der Royal Ulster Constabulary in seiner steifen, adretten Uniform. Einen Augenblick lang starrte er Fegan an, dann wandte er den Blick zur Tür.
    Scheppernd wurde das Guckloch aufgeschoben. Fegan sah ein Auge aufblitzen, dann wurde die Abdeckung wieder vorgeschoben. Schlüssel rasselten, das Schloss sprang auf. Die Tür wurde nach außen geöffnet, und ein großer, schwergewichtiger Polizist um die

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