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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Blickfeldes, und konzentrierte sich nur auf Campbell.
    Er hatte gewusst, dass jemand ihm von der Wache folgen würde, und er war sich ziemlich sicher gewesen, dass es Campbell war. Während der Taxifahrt hatte er den Ford Focus einfach zu oft gesehen. Zu Hause war er sofort in sein Schlafzimmer geeilt und hatte die Pistole an sich genommen, erst dann war er ins Bad gegangen. Das Würgen hatte er nicht vorgetäuscht. Das Wasser in der Toilettenschüssel war tiefrot gefärbt, und im Bauch hatte er undefinierbare Schmerzen. Er hatte eigentlich nicht damit gerechnet, dass Campbell ihm ins Haus nachkommen würde, bis er dann den kleinen Hund hinten im Hof wie verrückt hatte kläffen hören.
    »Worüber willst du reden?« Campbeils rotbraune Haare hingen ihm in die Augen, er warf den Kopf herum, um sie zu loszuwerden.
    »McGinty hat dich geschickt«, sagte Fegan. »Natürlich.«
    »Er will mich also umlegen.«
    »Das war der Plan«, bestätigte Campbell.
    »Warum?«
    Campbell schüttelte lachend den Kopf. »Mein Gott, was glaubst du denn wohl, warum?«
    »Er weiß, was ich gemacht habe. Bei Michaels Beerdigung ist er noch nicht gleich damit herausgerückt, aber er weiß es.«
    Campbell nickte. »Stimmt. Und der Priester hat es ihm heute Morgen bestätigt.«
    Fegan wurde es plötzlich noch kälter. »Was?«
    »Pater Coulter. Der alte Mistkerl konnte die Klappe nicht halten. Das war sehr dumm von ihm, es McGinty zu erzählen.«
    Die Schatten drängten in Fegans Bewusstsein. »Ich hätte nie gedacht, dass er …« Er drängte sie zurück und schluckte. »Ich hätte nie gedacht, dass er so etwas machen würde.«
    »Jetzt weißt du es besser.«
    »In der Tat.« Fegan nickte und ließ diesen Verrat ganz tief in sich einsinken, wo er seinen Platz zwischen den übrigen zuckenden Schmerzen in seinen Eingeweiden fand. »Was ist mit Marie?«, fragte er.
    »McGinty sagte, um die habe man sich gekümmert«, erklärte Campbell.
    Fegan trat einen Schritt vor und setzte dem Schotten die Waffe auf die Stirn. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Weiß ich nicht«, antwortete Campbell.
    Fegan schlug Campbell mit der Walther ins Gesicht. »Was hat das zu bedeuten?«
    Campbell sackte zur Seite und lehnte sich an die Wand. »Scheiße«, fluchte er.
    »Setz dich wieder auf«, befahl Fegan. »Und die Hände wieder da runter. Was hat das zu bedeuten?«
    Campbell gehorchte. »Sonst hat er nichts gesagt. Man hat sich um sie gekümmert, mehr nicht. Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat.«
    Fegan hob die Pistole wieder, und Campbell kniff die Augen zusammen. Fegan senkte die Mündung und setzte sie Campbell an die Schläfe. Er wollte abdrücken. Er wollte den Knall in seinem kleinen gekachelten Bad hören und dann das Pfeifen in seinen Ohren, wollte die warmen Fleischfetzen auf seinem Gesicht fühlen und das Blei auf den Lippen schmecken. All das wollte er und außerdem, dass die beiden UFF-Burschen wieder verschwanden. Denn verflucht, die wollten es auch. Er konnte sie spüren, wie sie zusahen und warteten und sich danach sehnten. Nichts hätte Fegan jetzt lieber getan als abgedrückt, aber da waren noch ein paar Sachen, die er erfahren musste. Er dachte an Marie und die Fältchen um ihre Augen, und er dachte an Ellen. Die Vorstellung, dass sie Angst erdulden mussten und vielleicht Schmerzen, hätte ihn beinahe schießen lassen. Er atmete tief durch. Die kalte Luft, die durch seine Nase strömte, verschaffte ihm wieder einen klaren Kopf.
    »Hat er ihr etwas angetan?«, fragte er und nahm die Walther von Campbeils Schläfe.
    Campbeils Gesicht entspannte sich ein wenig, gleichzeitig kehrte eine Spur seiner Wut zurück. »Ich hab dir schon gesagt, dass ich nichts weiß. Entweder glaubst du mir das jetzt, oder du erschießt mich, verdammt!«
    Erneut schlug Fegan mit der Walther Campbell so fest ins Gesicht, dass ihm selbst ein stechender Schmerz bis in die Schulter fuhr. Der Schotte sackte gegen die Wand, seine Augen waren glasig, Blut rann aus der immer mehr anschwellenden Beule unter seinem linken Auge. Fegan nahm ein Glas von der Ablage über dem Waschbecken, ließ es volllaufen und schüttete Campbell den Inhalt ins Gesicht. Nach zwei weiteren Gläsern saß der Schotte wieder aufrecht und auf seinen Händen.
    »Wer war der Bulle?«, fragte Fegan.
    Campbell verzog den Mund zu einem Grinsen. »Der, der dich vermöbelt hat? Den kenne ich nicht.« Er duckte sich und verbarg den Kopf zwischen den Schultern, als Fegan wieder ausholte. »Ich kenne ihn nicht,

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