Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
Vom Netzwerk:
Hund weiter wütend kläffte, hörte Campbell von oben aus dem Badezimmer, wie jemand hustete und ausspuckte. Er stellte sich vor, wie Fegan über der Kloschüssel hing und Klumpen geronnenen Blutes hochwürgte. Campbell schob sich mit den Beinen hoch, um ins Küchenfenster zu spähen.
    Leer.
    Von oben kam ein weiteres Husten, dann ein Schniefen. Campbell umklammerte den Rahmen und kletterte auf das Fensterbrett. Er griff durch das kleine Oberlicht hinauf zur Fensterverriegelung. Nach einigem Herumnesteln war er drin.
    Vorsichtig kletterte er über etwas Geschirr im Spülbecken hinweg und glitt sachte auf den Küchenboden. Seine Schuhsohlen hinterließen kaum ein Geräusch, als er, durch den Mund atmend, über den Linoleumfußboden schlich. Der Raum war sauber, aber spärlich möbliert, abgesehen von einigen Werkzeugen, die auf einem Tuch ausgebreitet waren. Von hier ging es in ein Wohnzimmer, links befand sich eine Treppe. Auf dem Sideboard standen neben einem billigen Radio und einer leeren Whiskeyflasche aufgereiht einige geschliffene und polierte Holzobjekte. Weitere, noch unbearbeitete Stücke standen vor dem Kamin. In eine Ecke war eine alt aussehende Gitarre angelehnt.
    Kaum war Campbell drinnen, zögerte er nicht länger. Leise schlich er zum Fuß der Treppe. Zwar steckte seine Pistole am Rücken im Hosenbund, doch stattdessen griff er nach dem kleinen Gerber-Klappmesser in seiner Tasche. Besser, die Sache ging leise über die Bühne. Er drückte auf den Knopf, und die rasiermesserscharfe, glänzende Klinge sprang heraus. Fegan würde ohne nennenswertes Geräusch sterben.
    Campbell versuchte, nicht an das aufgeschlitzte Fleisch und das leise Ritzen zu denken, das die Klinge von sich gab, wenn sie durch Gewebe und Knorpel fuhr. Er achtete nicht auf sein rasendes Herz und machte sich auf den Weg die Treppe hinauf.
    Erst setzte er den linken Fuß ganz außen auf die erste Stufe und schob sich hoch, dann setzte er den rechten ganz außen auf die nächste, damit die Dielen sich nicht unter seinem Gewicht bogen. Kein einziges Knarren verriet sein Kommen. Leise wie ein Geist stieg er weiter die Treppe hinauf, immer mit den Füßen ganz außen auf den Stufen.
    Die Badezimmertür war angelehnt, ein Lichtstrahl drang durch den Spalt. Von drinnen hörte Campbell jämmerliches Husten und Stöhnen. Jetzt war er oben angekommen und ganz den hundert Jahre alten Bodendielen ausgeliefert. Er musste schnell und entschlossen vorgehen. Er wartete auf das nächste Würgen und Spucken.
    Als er es hörte, trat er fest gegen die Tür, das Messer bereit, die erste Vene zu öffnen, auf die es traf. Stattdessen durchschnitt es nur die Luft, als es in einem vergeblichen Bogen über eine leere Toilettenschüssel sauste.
    Etwas Kaltes und Hartes drückte sich unterhalb des Ohres auf seine Haut.
    »Keine Bewegung«, sagte Fegan.

Fegan hörte auf Campbells tiefen, gleichmäßigen Atem. Der Schotte stand wachsam und angriffsbereit da, das Messer vor sich ausgestreckt.
    »Lass es bleiben«, sagte Fegan. »Ich weiß, dass du es gerne tätest, aber lass es bleiben. Du bist tot, noch bevor du einen Finger gerührt hast.«
    Campbell zitterte beinahe vor lauter aufgestauter Energie. Langsam ließ er die Schultern sinken, seine wilde Entschlossenheit verflüchtigte sich.
    Fegan streckte den Arm aus und nahm mit der freien Hand das Messer. Mit dem Daumen klappte er die Klinge wieder ein und schob das Messer in seine Tasche. Dann klopfte er Campbell an der Seite und am Rücken ab, bis er unter seiner Jeansjacke im Hosenbund eine Glock 2.3 fand. Als er sie herauszog, hörte er, wie der andere die Luft ausstieß.
    »Dreh dich langsam um und setz dich auf deine Hände«, befahl Fegan.
    »Kann ich den Deckel runtermachen?«, fragte Campbell. Fegan drückte mit der Walther noch fester gegen Campbeils Ohr. »Los.«
    Campbell griff nach dem Deckel und klappte ihn zu. Dann drehte er sich um und setzte sich hin, die Finger unter den Oberschenkeln.
    »Unter den Arsch«, befahl Fegan. »Handflächen nach unten, Daumen nach hinten.«
    Campbell sah zu ihm hoch. »Und was jetzt?«, fragte er.
    »Jetzt reden wir«, antwortete Fegan und schob auch die Glock in seine Tasche, wo sie klackernd auf das Messer stieß. Seine Walther hielt er weiter auf Campbell gerichtet. Sein Herz schlug, obwohl es sich eiskalt anfühlte, wie ein Rammbock gegen sein Brustbein. In seinen Schläfen hämmerte es. Er grenzte alles andere aus, alle Schatten an den Rändern seines

Weitere Kostenlose Bücher