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Die Schatten von La Rochelle

Die Schatten von La Rochelle

Titel: Die Schatten von La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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nur leicht überrascht, daß ihre neue Herrin offensichtlich zu den Anhängerinnen Monsieur Vincents gehörte. W as sie jedoch wirklich verblüffte, war, daß Mada m e sich nicht nur da m it zufrieden gab, Suppe an die Kranken auszuschenken, sondern sich tatsächlich an der Pflege beteili g te. Sie richtete sachkundig und geschickt Verbände, erkundigte s i ch nach Fieber, W undbrand, den Kräutern, Salben und Tränken, die man verwendete. Mehr noch und das war der unangeneh m e Teil der Ü b erraschung sie erwartete offenbar von Charlotte, sich an de m , was sie tat, ebenfalls zu beteiligen.
    Nachdem Charlotte ihren Ekel ein m al überwunden hatte, dachte sie sich, daß es weitaus weniger schlimm war, als auf dem Pon t -Neuf zu betteln, und sehr viel gewinnbringender für die Zukunft. N a ch dem, was sie bisher gesehen hatte, tat Mada m e ohnehin nichts, was nicht nützlich war, und der Gedanke war anfangs ein wenig furchteinflößend. Doch kaum war sie zu dieser Einschätzung gelangt, da geschah etwas, das sie wieder u m stieß.
    Mada m e g i ng zu der Abteilung, wo m an die Irren in Gewahrsam hielt. Sie fragte nic h ts, sie tat nichts, sie blic kt e nur stumm auf die ar m seligen Gestalten. Dann sagte s i e, so leise, daß Charl o tte s ie kaum verstand: »Es wird nicht geschehen.«
    Anschließend hatte die Kutsche sie zum Louvre gebracht, der Charlotte m i t seinen endlosen Gängen nicht unvertraut war. Sie hatte, während sie auf Madame wartete, einige der anderen Zofen gesehen, die sie von früher her kannte, und, f r oh, sich endlich wieder den Luxus des Hoch m uts leisten zu können, keine ihrer Fragen beantwortet. Schließlich hatte keine der Mäd c hen und Frauen ihr geholfen. Sie hatte allerdings ihre Bekanntschaft m it einem der Küchenmädchen erneuert und sich auf diese W eise stärken können.
    Nachdem M ada m e den E m pfang v e rlassen hatte und Monsieur le Grand aufgetaucht war, erinnerte sie sich daran, wie Annette und sie einige Zeit lang für ihn geschwär m t hatten. Sie f r agte sich, o b sie ihn nun, nachdem sie im Haushalt des Kardinals arbeitete, öfter zu Gesicht beko mm en würde. Ver m utlich nicht, der Miene nach zu urteilen, die er m achte, als er später ohne Mada m e wieder an ihr vorbeilie f .
    Der seltsa m e Mann, an dessen A r m Mada m e dann erschien, kam ihr vage b e kannt vor; s ie m einte, ihn unter d e n zahlr e ich e n Bittstellern gesehen zu haben, die am Morgen, genau wie sie, vor dem Palais Cardinal gewartet hatten. Doch s i e war sich nicht sicher, und im übrigen ging es sie nichts an.
    Was sie indessen etwas anging und zu einigen Schlußfolgerungen veranlaßte, war die bräunlichrote, rasch größer werdende Schwellung, die sich an Madames Schläfe ausbreitete, und der Zustand ihres Kleides, d er sich zei g t e, als sie s i ch schließlich in i h re R ä u m e zurückgezogen hatte. Charlotte e m p f a nd kein Mitleid; so et w as war auch ihr geschehen, und sie hatte nie m anden gehabt, der ihr zur Hilfe gekommen war. Doch eine gewis s e Bewunderung und leichter Groll erfüllten sie angesichts der Tatsac h e, daß Mada m e sich trotz allem noch ruhig und präzise bewegte und m it Charlottes Hilfe ihr Kleid wechselte, als habe s i e n ie etwas anderes vorgehabt.
    Während Charlotte Mada m es Ges i cht überpuderte und sch m inkte, da m it m an die Schwellung nicht me hr so leicht erkennen konnte, zuckte s i e zwar ein m al zusam m en, blieb so n st aber s till. Sie ka m en etwas zu s pät zum Hôtel de R a mbouillet; d er Vorhof dort stand schon voller Kutschen. Es gab wenige Zofen in den Vorzim m ern, die Gesellsc h aft schien zum größten Teil aus Herren zu beste h en.
    »Du bist also die neue Zofe der Eisprinzessin«, sagte ein Mädchen und lachte. »Viel Glück! Hast du g e hört, was m i t deiner Vorgängerin passi e rt ist?«
    Es hätte s ie m ittlerweile brennend intere s si e rt, aber s ie wollte ih r e so neue Stellung nicht dadurch gef ä hrden, daß sie sich auch nur den Anschein gab, an f ällig f ür Klatsch zu sein. Also gab sie vor, d e r Stim m e zu lauschen, die aus d e m S a lon drang. Dort schien ein Mann irgend etwas vorzutrag e n, wie die Jahr m arktschreier auf dem PontNeuf, die ihre W aren anpriesen, nur noch etwas übertriebener. Aus den Bruchstücken, die es ihr hin und wieder zu erhaschen gelang, konnte sie sich keinen Reim m a c hen. »Beweine unsers ganzen Stamms Entehrung, den Schimpf, der stets Horatius’ Namen schändet!« So sprach doch

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