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Die Schattenflotte

Die Schattenflotte

Titel: Die Schattenflotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Meyn
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ein kostenloses Billett für die Erste Klasse ausgestellt bekamen, er hat zusätzlich auch medizinische Gutachten eingeholt, falls erneut der Verdacht von Trachoma aufkommen sollte. Nur zwei der Mädchen konnten nicht mit auf die Reise gehen, weil die medizinische Behandlung noch nicht abgeschlossen ist. Man will natürlich auf Nummer sicher gehen, auch wenn die Passagiere der Ersten Klasse kaum kontrolliert werden. Das Geld, das die Frauen von der Hapag bekommen haben, entschädigt sie zwar nicht für ihre Leiden, aber es wird ihnen den Start in ein neues Leben erleichtern. Die Reederei hat jeder von ihnen 1000   Mark gezahlt.»
    «Und was geschieht mit diesem Willich und den anderen Verbrechern?»
    «Die meisten von ihnen sind geständig», fuhr Sören fort. «Sie werden ihre gerechte Strafe bekommen. Dafür wird die Staatsanwaltschaft schon Sorge tragen – und ich schwöre dir, ich werde keinen von ihnen verteidigen. Doktor Göhle hat sich übrigens persönlich bei mir für die Umstände der Inhaftierung von David entschuldigt. Das ist bislang auch noch nicht vorgekommen. SelbstPolizeirat Schön war in der Angelegenheit hinterher ganz kleinlaut. Eine über Davids Rehabilitierung und sofortige Entlassung aus der Untersuchungshaft hinausgehende Entschädigung ist ihrer Meinung nach jedoch nicht begründet. Nun, ich werde sehen, was sich da noch arrangieren lässt.»
    «So, wie David sich nach seiner Freilassung gleich auf die Arbeit gestürzt hat, nehme ich an, er will möglichst nicht an die letzten Wochen erinnert werden. Die Arbeit in dem Architektenbüro scheint ihn jedenfalls völlig in Anspruch zu nehmen. Man hört kaum etwas von ihm. – Was wird denn nun eigentlich wegen des Mordes an diesem Otte geschehen? Es kann doch nicht sein, dass die Hintermänner ungeschoren davonkommen.»
    «Tja, das ist so eine Sache.» Sören machte einen tiefen Atemzug. «Senator Sthamer zeigte sich zwar besorgt, als ich ihn über die Hintergründe des Mordes an Waldemar Otte aufgeklärt habe, aber er meinte, er sehe keine Möglichkeit, wie die städtischen Behörden in diesem Fall auf das Reich einwirken könnten. Der politische Druck ist natürlich immens, zumal es außer meiner Aussage keine weiteren Beweise dafür gibt, dass Polizeihauptmann Beck im Auftrag des Reichsmarineministeriums gehandelt hat. Polizeidirektor Roscher sagte zu mir, selbst wenn man davon ausgehe, dass es kein Unfall gewesen sei und Otte von Hauptmann Beck getötet worden sei, dann liege es immer noch näher, anzunehmen, Beck habe es getan, damit Otte seine Aussage im Fall des getöteten Simon Levi nicht hätte revidieren können. Was Otte in besagter Nacht wirklich alles gesehen habe, sei schließlich nicht mehr eindeutig zu klären.»
    «Das ist allerdings schwer zu akzeptieren. Da helfen die Dokumente von Otte auch nicht weiter, darin gehtes ja nur um technische Details, soweit ich es verstanden habe.»
    «Genau. Das Einzige, was von Belang sein könnte, ist die Existenz dieser Konten, über welche die Pläne abgewickelt werden sollen. Martin hat gesagt, er werde sich darum kümmern. Er meint, wenn man diese Informationen bestimmten Zeitungen in die Hände spielen würde   …»
    «Eine sehr gute Idee. Trotzdem betrübt es mich, wenn ich sehe, was da für ein falsches Spiel gespielt wird. Es bereitet mir Sorge.»
    «Was die Zukunft angeht?»
    Tilda nickte.
    «Da bereitet mir noch etwas ganz anderes Sorgen», sagte Sören und schaute sie ernst an. «Im nächsten Monat willst du nach Berlin, wir werden eine ziemlich lange Zeit voneinander getrennt sein, und ich weiß noch nicht, wie ich das überstehen werde.»
    «Ich habe mir darüber auch schon Gedanken gemacht.» Tilda griff nach Sörens Hand. «Es ist zwar sehr wichtig für mich, aber ich werde wohl nicht fahren können.»
    Sören schaute sie irritiert an. «Und wieso nicht?»
    «Man muss Prioritäten setzen. Und ich habe gerade erfahren, dass ich mich wohl erst einmal mit einem politischen Auftrag beschäftigen muss.»
    «Ein politischer Auftrag?»
    «Ja, unter anderem betrifft es auch die Zukunft   … Unsere Zukunft und die Zukunft unseres Landes. Es gibt nicht viel, wofür ich meine beruflichen Interessen zurückstelle, aber in diesem Fall habe ich keine andere Wahl.»
    «Ich verstehe gar nichts mehr.» Sören seufzte. «Was will die verdammte Partei von dir?»
    Tilda lächelte. «Nun, die Partei hat damit ausnahmsweisenichts zu tun, wenn man davon absieht, dass man natürlich über jeden

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