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Die Schattenhand

Die Schattenhand

Titel: Die Schattenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Lehrerin scheidet aus. Sie hat unterrichtet. Und die Gemeindeschwester. Von der weiß ich auch, wo sie war. Nicht, dass ich eine von ihnen verdächtigt hätte, aber nun können wir sicher sein. Sehen Sie, Mr Burton, jetzt haben wir zwei konkrete Zeiträume, auf die wir uns konzentrieren können – gestern Nachmittag und den Nachmittag letzte Woche. Am Tag vor Mrs Symmingtons Tod die Zeit zwischen, sagen wir, viertel nach drei – früher kann Minnie nach ihrem Streit nicht wieder hier gewesen sein – und vier Uhr, als die Post gekommen sein muss, aber das kann ich mit dem Briefträger noch genauer abklären. Und gestern die Zeit zwischen zehn vor drei, als Miss Megan Hunter das Haus verlassen hat, und halb vier – oder vielleicht eher viertel nach drei, da Minnie sich noch nicht einmal umgezogen hatte.»
    «Und was, glauben Sie, hat sich gestern hier abgespielt?»
    Nash verzog das Gesicht.
    «Was ich glaube? Ich glaube, eine gewisse Dame hat an der Haustür geklingelt, ruhig und lächelnd, ein ganz gewöhnlicher Nachmittagsbesuch… Vielleicht hat sie nach Miss Holland oder nach Miss Megan gefragt, oder vielleicht wollte sie ein Päckchen abgeben. Minnie kehrt ihr den Rücken, um das Tablett für die Visitenkarten zu holen oder um das Päckchen abzustellen, und unsere saubere Dame gibt ihr eins über den arglosen Schädel.»
    «Womit?»
    «Die Handtaschen hier in der Gegend fallen in der Regel sehr groß aus. Schwer zu sagen, was da alles drin sein kann.»
    «Und dann sticht sie sie in den Hinterkopf und packt sie in den Schrank? Ist das nicht ein hartes Stück Arbeit für eine Frau?»
    Nash betrachtete mich mit einem merkwürdigen Ausdruck im Gesicht.
    «Die Frau, die wir suchen, ist nicht normal – im Gegenteil –, und diese Art von geistiger Labilität geht mit erstaunlichen Kräften einher. Minnie war klein und zart.»
    Er schwieg kurz und fragte dann: «Wie kam Miss Megan Hunter denn auf die Idee, im Schrank nachzuschauen?»
    «Reiner Instinkt», sagte ich.
    Dann fragte ich: «Warum musste Minnie in den Schrank? Wozu sollte das gut sein?»
    «Je mehr Zeit vergeht, bis eine Leiche entdeckt wird, desto schwieriger wird es, den Todeszeitpunkt zu bestimmen. Wäre zum Beispiel Miss Holland über den Leichnam gestolpert, sobald sie durch die Tür kam, hätte ein Arzt es auf zehn Minuten genau sagen können – was für unsere Freundin unter Umständen ungünstig gewesen wäre.»
    «Aber wenn Minnie diese Person im Verdacht hatte – », sagte ich stirnrunzelnd.
    Nash fiel mir ins Wort.
    «Das hatte sie nicht. Sie war noch nicht so weit gediehen, dass sie ernsthaft Verdacht geschöpft hätte. Es kam ihr nur ‹komisch› vor. Sie war etwas schwer von Begriff, stelle ich mir vor, und sie hatte nur den vagen Verdacht, dass etwas nicht stimmte. Und schon gar nicht hat sie geahnt, dass die Dame bereit war zu morden.»
    «Haben Sie das geahnt?», fragte ich.
    Nash schüttelte den Kopf. Heftig sagte er: «Ich hätte es ahnen müssen. Diese Selbstmord-Geschichte hat unserer Briefeschreiberin Angst eingejagt. Sie hat die Nerven verloren. Furcht, Mr Burton, ist ein unberechenbarer Faktor.»
    Ja, Furcht. Das war es, was wir hätten in Betracht ziehen müssen. Furcht – in einem kranken Hirn…
    «Sehen Sie», erklärte Superintendent Nash, und seine Worte hatten etwas unsagbar Unheilverkündendes: «Wir haben es mit einer Frau zu tun, die Achtung und gesellschaftliches Ansehen genießt – einer Standesperson!»
     
    III
     
    Kurz darauf meinte Nash, er wolle noch einmal mit Rose sprechen. Ich fragte ihn, nicht ohne Hemmungen, ob ich dabei sein dürfe. Sehr zu meiner Überraschung begrüßte er den Vorschlag.
    «Ich muss Ihnen sagen, Mr Burton, ich wäre sogar sehr dankbar für Ihre Mithilfe.»
    «Das klingt verdächtig», sagte ich. «Wenn in Krimis die Polizei jemanden um Mithilfe bittet, ist dieser Jemand gewöhnlich der Mörder.»
    Nash lachte kurz auf. «Sie kommen mir nicht wie jemand vor, der anonyme Briefe schreibt, Mr Burton.»
    Und er fügte hinzu: «Offen gestanden können Sie uns von Nutzen sein.»
    «Das freut mich, aber mir ist unklar, wie.»
    «Sie sind nicht von hier, deshalb. Sie haben keine vorgefassten Meinungen über die Leute hier. Und gleichzeitig besteht für Sie die Möglichkeit, sich in, sagen wir, geselliger Runde schlau zu machen.»
    «Die Mörderin genießt gesellschaftliches Ansehen», murmelte ich.
    «So ist es.»
    «Ich soll also im eigenen Lager spionieren?»
    «Haben Sie Bedenken?»
    Ich

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