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Die Schattenhand

Die Schattenhand

Titel: Die Schattenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Vorderseite hinaus, genau wie dieses Zimmer hier. Es gibt nur ein Gartentor. Man kommt herein und geht entweder zur Haustür oder den Pfad ums Haus herum zur Hintertür.»
    Er machte eine Pause.
    «Jetzt sage ich Ihnen etwas. Der Brief, den Mrs Symmington an diesem Nachmittag erhalten hat, wurde nicht von der Post zugestellt. Auf den Umschlag war eine benutzte Briefmarke geklebt, und der Poststempel war recht überzeugend mit Lampenruß gefälscht, damit es aussah, als hätte der Briefträger ihn mit der Nachmittagspost gebracht. Aber in Wahrheit kam er nicht mit der Post. Ihnen ist klar, was das bedeutet?»
    «Es bedeutet», sagte ich langsam, «dass er eigenhändig abgegeben wurde. Jemand hat ihn durch den Schlitz geschoben, bevor die Nachmittagspost kam, sodass er zusammen mit den anderen Briefen herausgeholt würde.»
    «Genau. Die Nachmittagspost kommt gegen Viertel vor vier. Meine Theorie ist folgende: Das Mädchen stand am Speisekammerfenster (das Fenster ist von Sträuchern verdeckt, aber man kann immer noch hindurchschauen) und wartete, dass der junge Mann kam, um sich zu entschuldigen.»
    « Und sie hat die Person gesehen, die den Brief gebracht hat? »
    «Das ist meine Vermutung, Mr Burton. Ich könnte mich natürlich irren.»
    «Das halte ich für sehr unwahrscheinlich… Es ist einfach – und überzeugend – und es würde heißen, dass Minnie wusste, wer die anonymen Briefe geschrieben hat.»
    «Ja.»
    «Aber warum hat sie dann nicht…»
    Ich brach ab und runzelte die Stirn.
    Nash kam mir zuvor.
    «Meiner Meinung nach war dem Mädchen nicht klar, was es da gesehen hatte. Nicht gleich jedenfalls. Jemand hat einen Brief eingeworfen, gut – aber sie hätte diese Person nie auch nur im Traum mit den anonymen Briefen in Verbindung gebracht. Es ist jemand – zumindest in dieser Hinsicht – über jeden Zweifel Erhabenes. – Aber je länger sie darüber nachdenkt, desto mulmiger wird ihr. Sollte sie nicht doch jemandem Bescheid sagen? In ihrer Ratlosigkeit fällt ihr Miss Bartons Partridge ein, die, wenn ich das richtig sehe, eine recht dominante Persönlichkeit ist und deren Urteil Minnie niemals in Zweifel ziehen würde. Sie beschließt, Partridge zu fragen, was sie tun soll.»
    «Ja», sagte ich sinnend. «Es passt alles zusammen. Und irgendwie bekommt unsere Giftschleuder Wind davon. Aber wie hat sie es erfahren?»
    «Sie kennen das Landleben nicht, Mr Burton. Nachrichten verbreiten sich hier auf wundersame Weise. Die erste Möglichkeit ist natürlich der Anruf. Wer hat ihn auf Ihrer Seite alles mitbekommen?»
    Ich überlegte.
    «Erst war ich am Telefon. Dann habe ich Partridge von oben heruntergerufen.»
    «Und dabei den Namen des Mädchens erwähnt?»
    «Ja – ja, doch.»
    «Sodass jemand mithören konnte?»
    «Meine Schwester und Miss Griffith hätten es hören können.»
    «Ah, Miss Griffith. Was hat sie bei Ihnen gemacht?»
    Ich erklärte es ihm.
    «Ist sie danach zurück ins Dorf gefahren?»
    «Sie wollte erst noch zu Mr Pye.»
    Superintendent Nash seufzte.
    «Damit haben wir schon zwei Möglichkeiten, wie es die Runde hätte machen können.»
    Ich wollte das nicht glauben.
    «Warum sollten denn Miss Griffith oder Mr Pye etwas so Nebensächliches für berichtenswert halten?»
    «In einem Ort wie Lymstock ist alles berichtenswert. Sie würden staunen. Wenn die Mutter der Schneiderin ein böses Hühnerauge hat, dann wird das Stadtgespräch. Und diese Seite gibt es natürlich auch noch. Miss Holland, Rose – beide könnten gehört haben, was Minnie gesagt hat. Oder Fred Rendell. Vielleicht hat es sich durch ihn herumgesprochen, dass Minnie an diesem Mittwoch nach Hause zurückgekehrt ist.»
    Ein leichter Schauder überlief mich. Durchs Fenster sah ich eine säuberliche Rasenfläche, einen Gartenpfad und das niedrige, schmucke Tor.
    Jemand hatte das Tor geöffnet, war ganz korrekt und gelassen bis zur Haustür gegangen und hatte einen Brief durch den Briefschlitz geschoben. Vor meinem geistigen Auge sah ich die verschwommene Gestalt dieser Frau. Ihr Gesicht war ein blinder Fleck – und doch musste es ein Gesicht sein, das ich kannte…
    «Immerhin», hörte ich Nash sagen, «hat sich der Kreis dadurch eingeengt. So kommen wir letzten Endes doch immer zum Ziel. Stetige, geduldige Eingrenzung. Allzu viele Personen können es jetzt schon nicht mehr gewesen sein.»
    «Das heißt…?»
    «Zum Beispiel scheiden sämtliche weiblichen Angestellten aus, die gestern Nachmittag bei der Arbeit waren. Die

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