Die Schattenkämpferin 02 - Das Siegel des Todes
und die gifti g en Dämpfe d es Thals kamen ihm in d en Sinn. D e nn dort im Land d e s F e u ers h atte er Ido zum ersten Mal getroffen.
Im Sattel seines Drachen überfliegt Learco das Schlachtfeld auf der Suche nach Überlebenden. Er weiß genau, dass er damit dem Befehl seines Onkels Forra zuwiderhandelt. Er ist erschöpft, aber die Erregung des Kampfes durchströmt immer noch seine Adern. Wie befohlen, hat er Feinde eingeäschert mit seinem Drachen, Rebellen mit seiner Lanze durchbohrt, ganz allein, beachtlich für einen vierzehnjährigen Knaben, auch wenn er schon Drachenritter ist.
Ein wenig hat er sich wie Nihal gefühlt, wie ein großer Krieger, ein todbringender Soldat, auf den sein Vater stolz sein kann. Kein Gnom, kein Erwachsener oder Kind, die ihm entgegentraten, hat Gnade gefunden.
Im Grund seines Herzens weiß Learco jedoch, dass dieser Überfall nichts mit Tapferkeit und einer offenen Schlacht zu tun hat. Und da nun weder sein Onkel oder sonst irgendwer an seiner Seite ist, der ihn zurechtweisen könnte, kann er endlich seinem Mitgefühl freien Lauf lassen. Niemand würde ihn auslachen. Niemand würde mitbekommen, wie skeptisch er dem Krieg und seinem Vater gegenübersteht. Learco fühlt sich wie ein Gefangener und hat doch keine andere Wahl. Der König hat ihn ins Feuer geworfen, damit sich sein Sohn zu einem tapferen Krieger und würdigen Thronfolger entwickelt. Welches Schlachtfeld hätte für eine solche Prüfung auch geeigneter sein können als das Land des Feuers, wo sich immer noch so verbissen der Widerstand regte? Learco wäre am liebsten geflohen, doch es ging nicht. Ein Teil seiner selbst nötigte ihn zu bleiben und dennoch würde ihn nichts von seinen Überzeugungen abbringen können. Lautlos schwingen die Flügel seines Drachen durch die Luft. Unter ihm nichts als Trümmer und Leichen. Er schaut genauer hin, und nur durch einen Zufall erkennt er aus den Augenwinkeln, dass hinter ihm etwas aufblitzt. Mit knapper Not schafft er es, sein Schwert zu ziehen, herumzufahren und den Schlag zu parieren. Ein Gnom ohne Rüstung auf dem Rücken eines riesengroßen roten Drachen schwingt eine Waffe mit einer runden hölzernen Glocke und einer gebogenen Klinge, die genau auf ihn gerichtet ist. Sein Gesicht ist durchzogen von einer langen weißen Narbe. Learco mustert ihn einen Moment und beginnt plötzlich zu zittern. Ido.
»Sieh mal einer an, wen haben wir denn da . . . ?«, murmelt der Gnom mit einem gemeinen Grinsen.
Instinktiv sucht Learco das Weite. Was bleibt ihm auch sonst übrig? Ido ist eine Legende, ein unbesiegbarer Krieger.
Doch vergebens. Im Nu ist der Gnom bei ihm, während sein Drache gleichzeitig den Schwanz von Learcos Reittier packt. Das Tier brüllt vor Schmerz, bäumt sich auf, und nur mit Mühe gelingt es Learco, sich im Sattel zu halten.
Ic h werde sterben, denkt er. Ich werde sterb e n!
Jetzt spannt der rote Drache alle Muskeln an und schleudert seine Beute in hohem Bogen fort.
Learco verliert die Orientierung, wirbelt herum und kracht mit seinem Drachen zu Boden. Doch Ido attackiert nicht, beobachtet ihn nur mit höhnischem Blick, während Learco mühsam wieder auf die Beine kommt.
Der Junge stellt sich zum Kampf auf, will sich verteidigen und weiß doch schon, dass sein Schicksal besiegelt ist. Mit beiden Händen umfasst er sein Schwert und streckt es vor seinem Körper aus.
Ido deutet auf die Waffe. »Trägst du immer die alten Sachen deines Vaters?«, fragt er in spöttischem Ton.
Learco versteht. Es ist das Schwert seines Vaters.
»Weißt du, wer ich bin?«
»Ido.«
Der Gnom lächelt. »Dein Vater war ungefähr in deinem Alter, als ich ihn in der Akademie vor allen demütigte, und führte dasselbe Schwert wie du jetzt. Hat er dir davon erzählt?«
Nein, das hat Dohor nie getan. Trotzdem kennt Learco die Geschichte. Denn in den Fluren des Palastes wurde immer wieder hinter vorgehaltener Hand davon erzählt, wie Ido den König einmal als jungen Burschen, als dieser in der Akademie den Prahlhans spielte, vor aller Augen in die Schranken verwiesen und schwer gedemütigt hatte, indem er ihn in einem Zweikampf in drei von drei Angriffen spielerisch leicht entwaffnete.
Noch fester nimmt Learco das Schwert in die Hand. Er weiß sehr genau, was geschehen wird. Ido ist der ärgste Feind seines Vaters, diese Gelegenheit, sich über den Prinzen an Dohor zu rächen, wird er sich nicht entgehen lassen. Töten wird er den einzigen Thronerben des Königs, ihn zuvor aber
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