Die Schattenkämpferin 02 - Das Siegel des Todes
kristallklaren Himmel die Sonne unterging und damit einer der ersten herrlichen Sommertage endete, er r eichte er den B annwald. Am Waldrand, do r t wo d ie Step p e, in der auch e r einmal vor l a nger, langer Zeit ge kämpft hatte, i n die ersten B a umreihen ü b erging, stieg er v om Pferd und l ief zu Fu ß weiter. N u n w u rde seine A u f g abe noch schwieri g er, g alt e s d och, bei den unzähligen Spuren, die auch hier wie in jedem Wald zu se h en waren, stets den richti g en zu fo lg en. Und das war so g ar f ü r Id o k ein K inde r spie l . Er mu ss t e konzentriert bleiben, durfte di e Gedan k en nicht abschweif e n lassen, etwa zu Tarik oder dessen tot im eigenen Blut li e gender Frau. Ni c hts d urfte ihn ablenken, auch nicht die Kriegserinner u ngen, die er m i t di es em Wa l d verband.
Es war bereits stockdunkel, als er auf einer Lichtung die Spuren eines Lagers entdeckte, nie d ergedrücktes Gras und d ie u n t er Erde verbo rg ene Asche ei n es Lagerfeuers, w ährend an ein e m nah e n Baum ein Stückchen Seil hängen geblieben war. Mit Sicherheit hatten d i e Assassinen hier gelagert und danach zwar die Sp u ren besei t i g t, j ed och nicht e b en sor g fälti g , e in Zeichen, da s s s ie s ich noch nicht verfolgt fühlten.
Er richtete s ich a u f u nd blic k te s i ch w e i t er um. Jetzt e r kannte er d ie Lichtung wieder, denn S ennar hatte sie in se i nem Buch über die Abe n teuer an Niha l s Seite beschrieben. Er fand den Vater des Waldes, fuhr sanft über dessen dunkle rissige Rinde. Dab e i w ar er eigentl i ch nie e in großer Naturliebhaber gewesen. Für ihn waren Wälder Geheimnisse, die er nicht zu ergr ü nden vermochte. Gewiss liebte er besti mm te L andschaften, d och d i e N a t u r s elbst sch i en ei n e Sprache zu sprechen, die e r nicht ve rs tand. N u n aber s p ürte er die Ur -k raft des Vaters des Waldes u nd s te l lte sich vor, w i e Nihal den a c hten Elfenst e in a u s d er Vertie fu ng in seinem Stamm hervorgeholt hatte, jenen letzten Stein also, der die Kräfte des Talismans fr e i s etzen u nd d i e Niederla g e des Tyrannen besiege l n so l lte. O b sie sich damals e b enso so ver l oren vor g ekomm e n war wie er j e tzt in di es em Moment? Eine tra g ische Iron i e st eck te in d e m ganzen Geschehen. Es war eben jener Baum, vor dem Nihal vierzig Jahre zuvor den entsche i denden Ritus zu r Rettung der Aufgetauchten Welt v o llzo g en hatte, an den man ihren Enkelsohn San jetzt g ef e s s elt hatt e . Ido l ö ste seine Hän d e von dem St am m u nd m achte s i ch wieder auf den Weg.
Hier im W a ld k am er län g st nicht m ehr so r asch vorwärt s , wie er e s s i ch g ew ü nscht hätte. S ein Pferd k ä m pfte sich über Stock und S t ein, die Spuren waren k a u m noch zu er k ennen, u nd a u ch er s e lbst b e g ann die E r s c höpfung zu spüren. Schließlich war er nicht mehr der Jüngste, sein Körper ve r langte nach Erholung, und einen Augenblick lang dachte er daran, wie schön es w äre, die Zeit z u r ü ckdrehen u nd in den A d ern noch einmal den frisc h en Lebenssaft der J ug end spüren zu können. Seine L au ne versch l echt e rte s i ch noch w e i ter, denn er h a sste es, wenn er wehmütig wurde, und all die Er i nnerungen, die mit d iesem W ald verbunden waren, trugen noch das ihre dazu bei.
Am zweiten Tag bewegte er sich entlang der Grenze zu seiner Heimat, dem Land der Felse n . Le b hafte Erinner u ngen an seine Kindheit wurden wach, und einen Moment lang war er versuc h t, einen kurzen Abstecher dorthin zu machen. Doch als er an San dachte, ließ ihn die auf k ommende Wut rasch wieder zur Ve r nunft kommen. Die Assassinen hatten fast e i nen Tag Vorspru n g, das notwendige Verweilen an T ari k s Sterbela g er hatte Zeit g e kostet, die nic h t aufzuholen s c hien. Aber er durfte nicht aufgeben. Später e i nm al wür de sich vi el leic h t die G ele g enheit er g eben, s e ine al t e Hei m at zu b e s u chen u nd in Erinner u n ge n zu schwelgen. Ein andermal, jetzt nicht.
Schließlich wurde seine Ausdauer belohnt. In der Wüste an der Grenze zum Großen Land fand er frische Spuren. Der Abstand hatte sich verringert. Ido sp ü rte, wie d i e Fre u de da rüber seine Glieder verjüngte, und ohne auch nur einen Augenblick zu zaudern, setzte er ihnen ins Große La n d hinein nac h . Sie konnten nicht mehr weit sein. Sherva war u nr u hig. Er mochte es nich t , s ich im G roßen L a nd a u fz u halten, d a s N ym phenbl u t in seinen
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