Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
Jüngling wirklich? Was wollte er? Was trieb ihn an?
»Stimmte das, was du damals gesagt hast? Dass du zurückgekehrt warst, um nach Überlebenden zu suchen?«
Learcos Blick war plötzlich voller Trauer. Ido nahm sein Schwert noch fester in die Hand.
»Ja, das war die Wahrheit.«
»Dein Vater ist hinter dem Jungen her, um ihn umbringen zu lassen. Er hat einen Pakt mit der Gilde geschlossen, hat um der Macht willen seine Seele verkauft. Willst du ihn dabei wirklich unterstützen?«
Learco schlug die Augen nieder. Ein leichtes Zittern erfasste sein Schwert. Da sprang Ido vor und ließ sich auch nicht aufhalten, als die Klinge des Gegners seine Schulter streifte. Seine Waffe beschrieb einen weiten Bogen, und schon zeichnete sich auf Learcos Brust eine lange rote Schnittwunde ab. Der Prinz taumelte zurück, konnte sich aber fangen, bevor er zu Boden stürzte.
Er hätte es verhindern können, das war Ido klar. Sein Trick war nicht gerade genial gewesen, ein wenig von jener Reaktionsschnelligkeit, die der Prinz zuvor gezeigt hatte, hätte ausgereicht, um seinem Angriff auszuweichen. Aber er hatte es nicht getan.
Learco führte eine Hand zur Brust. Es war nur eine Fleischwunde, aber sie schien wehzutun. »Nimm ihn mit.«
Ido blickte ihn aus großen Augen an.
»Du hast mir einmal das Leben geschenkt, jetzt nimm dir den Jungen und geh«, sagte er und warf sein Schwert zu Boden.
Ido konnte es kaum glauben, ließ es sich aber nicht zweimal sagen.
San saß nicht weit von dem Drachen auf der Erde. Mit einer Hand hielt er sich den Knöchel und schien nicht aufstehen zu können. Das Pferd lag leblos mit aufgerissenem Unterleib einige Ellen von ihm entfernt. »Geht's?«, fragte der Gnom leise.
San nickte schwach. »Ich weiß auch nicht, wie das passiert ist ... das grelle Licht ... ich hatte solche Angst ...« »Es wird schon wieder ...«
Ido hob ihn hoch. Das Pferd hatten sie verloren. Nun mussten sie zu Fuß weiter. Learco stand reglos da und beobachtete sie.
Ido drehte sich noch einmal zu ihm um. »Du bist nicht verpflichtet, deinem Vater zu folgen. Schon damals warst du es nicht und heute noch viel weniger.« »Aber ich bin doch sein Sohn«, antworte Learco mit einem traurigen Lächeln. Diese Worte trafen Ido. Plötzlich erinnerte er sich an seine eigene Kindheit, als Sohn eines gestürzten Königs, der mit Hass und Rachegelüsten aufwuchs. Auch er selbst war damals in ein unentwirrbares Netz aus Pflicht und Zuneigung verstrickt.
Ohne noch etwas hinzuzufügen, verschwand er langsam mit San auf dem Arm in die Nacht. Diesmal spürte er, dass er Learco noch einmal wiedersehen würde, dass ihre Geschichte noch lange nicht beendet war.
Das Ende aller Illusionen
Ruhig verlief die weitere Reise zu Sennars Haus. Langen Tagesritten auf den Rücken der Kaguas folgten stille Nächte unter dem Sternenzelt. Abends war es kühl, und sie mussten dicht bei den Tieren schlafen, um sich zu wärmen. Nur einmal regnete es, und da stellten sie sich in einer großen Höhle unter. Mehr und mehr tauchten die Berge wieder in die Wälder ein, und irgendwann sah die Landschaft wieder genauso wie jenseits des Gebirges aus: ein dichter Dschungel aus gigantischen Bäumen mit riesigem Blattwerk.
»Wie lange lebt Sennar schon so isoliert?«, fragte Lonerin einmal ihren Führer. »Seit mindestens drei Jahren«, antwortete Yljo.
»Und wie kam es dazu? Ich meine, hat er alle Besucher verjagt, mit eurem Dorfoberhaupt Streit angefangen ...?«
»Nichts von alldem. Ghuar hat von sich aus verstanden, dass der Magier die Einsamkeit sucht. Und so ist er einfach nicht mehr zu ihm gereist, und auch wir anderen haben auf jeden Kontakt verzichtet. Nur hin und wieder legen wir ihm das eine oder andere in einen ausgehöhlten Baumstamm nicht weit von seinem Haus. Und spätestens am Tag darauf finden wir die Vertiefung leer vor. Dort, zu dieser Stelle, werde ich euch auch bringen.«
»Und wie weit ist es dann noch bis zu seinem Haus?«, mischte sich Dubhe ein. »Nicht mehr weit. Keine Sorge, ihr werdet ihn dort schon finden.«
»Die Frage ist nur, was uns dort erwartet ...«, murmelte Lonerin mehr zu sich selbst.
Yljo lächelte. »Der Magier ist in euren Ländern doch ein großer Held. Er wird euch schon empfangen.«
»Kennst du ihn persönlich? Hast du mal mit ihm gesprochen?«
Yljo nickte. »Ja, einmal, vor Jahren in unserem Dorf. Er scheint wirklich ein einsamer Mensch zu sein und wirkt sehr traurig.«
Das konnte sich Dubhe gut vorstellen. In allen
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