Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
selbst sein, wenn der Tod vor nicht allzu langer Zeit eingetreten wäre, oder aber ein fremder Körper, der eines Versuchstieres sozusagen. In unserem Fall ... der meines Sohnes.«
Sennar hielt einen Moment inne und fuhr dann fort. Er schien nun, da er über Magie sprach, neue Kraft gefunden zu haben, wirkte dabei aber doch ein wenig furchtsam, verlegen, und seine Stimme zitterte unmerklich.
»Solange kein passender Körper gefunden wurde, kann der Geist nicht wirklich auf die Erde zurückkehren. Er schwebt umher, nur halb in unserer, halb in einer anderen Welt, bis er schließlich vielleicht von jemandem befreit wird.» Lonerin nickte. »Was sollen wir also tun?«
»Es gilt, das eigene Leben aufs Spiel zu setzen. Wir brauchen einen Katalysator, der ungeheuer stark sein muss. In diesen Katalysator gibt der Magier seinen Geist ein und kann so die Seele des Halbtoten anlocken und darin einsperren. Durch den eigentlichen Zauber holt der Magier dann dessen Seele wieder hervor und übersendet sie dem Reich der Toten, um danach seinen eigenen Geist in seinen Körper zurückzuholen.«
Lonerin lief ein kalter Schauer über den Rücken. Was für ein schwieriger Ritus! Viel komplizierter als alles, was er selbst kannte und gelernt hatte.
»Ich will nicht leugnen, dass dieser Vorgang sehr riskant und der Erfolg fraglich ist. Unzählige Dinge können schiefgehen, und zudem verlangt er ein enormes Maß an Energien. Schon wenn er die Seele des Toten befreit hat, wird der Magier mit seinen Kräften am Ende sein. Und damit ist erst die Hälfte der Arbeit getan, denn er muss ja noch seinen eigenen Geist zurückholen. Teilt sich der Magier seine Energien nicht sehr sorgfältig ein, ist er zu erschöpft, um selbst wieder in die Welt der Lebenden zurückkehren zu können.«
Wirklich eine ungeheure Aufgabe, dachte Lonerin. »Und dieser Katalysator?
Welcher Art könnte der sein?«, fragte er.
»Da gibt es nur einen, der solch einer maßlosen Energie standhalten könnte: der Talisman der Macht.«
Von dem hatte Dubhe schon viel gehört. Mit diesem Talisman elfischen Ursprungs hatte Nihal den Tyrannen besiegen können: Aus acht Elfensteinen bestehend, die in acht Heiligtümern aufbewahrt wurden, war er in der Lage, jedwede magische Kraft der Aufgetauchten Welt in sich aufzunehmen. »Aber ... wurde der nicht durch Nihals Tod zerstört?«
Dubhe blickte ihn mit fragender Miene an, doch Sennar bedeutete ihr, ihm jetzt keine Fragen zu stellen. »Nihal zerstörte nur einen Stein. Das reichte, um sich zu töten, nicht aber, um den Talisman seiner Kräfte zu berauben. Zudem müssen die beiden Geister ja auch nur kurze Zeit gemeinsam in diesem Katalysator verbleiben. Ein zerstörter Stein macht es für den Magier sogar leichter, wieder zu sich selbst zurückzukehren.«
Lonerin nickte. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber dieser Ritus war ihm unheimlich.
»Das Problem liegt aber woanders. Als Tarik von mir fortzog, hat er den Talisman mitgenommen. Er müsste noch in seinem Besitz sein. » Lonerin zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich hat Ido ihn längst gewarnt, und der Talisman ist in Sicherheit.«
»Hoffentlich.« Sennar lehnte sich zu dem jungen Magier vor und blickte ihn mit ernster Miene an. »Du wirst den Ritus vollziehen müssen. Ist dir das klar?« »Ich weiß, ich weiß es, seit ich diese Reise in Angriff genommen habe.« »Meine Kräfte reichen dazu nicht mehr aus. Aber ich werde dir assistieren.« »Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr mit uns kommen wollt?«
Sennar nickte müde. »Wenn Tarik in Gefahr ist, kann ich doch nicht ruhig hier sitzen bleiben und die Dinge geschehen lassen.«
Lonerin lächelte und Dubhe ebenfalls, wie er mit einem Blick zu ihr feststellte. Sennar jedoch erwiderte das Lächeln nicht. »Wie gesagt, ich werde dir keine große Hilfe sein können. Ich kann dir allenfalls sagen, was du zu tun hast, doch den mächtigen Magier Sennar, von dem die Sagen berichten, gibt es nicht mehr. Vergiss das nicht!«
Lonerin nickte. Er war verwirrt. Gewiss, die körperliche Verfassung hatte Einfluss auf die Kräfte eines Magiers, doch nicht nur, und Sennar war einer der stärksten Magier überhaupt gewesen. Wieso sollte er seine Fähigkeiten verloren haben? »Wodurch habt Ihr Eure Kräfte eigentlich verloren?«
Sennars Blick wurde hart, seine Miene bekümmert. »Darüber möchte ich jetzt nicht sprechen.«
»Tut mir leid«, beeilte sich Lonerin zu versichern, »ich wollte Euch nicht zu nahetreten.«
Sennar
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