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Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen

Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen

Titel: Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Lonerin einen seltsamen Schatten, eine Art Rauchkringel, der zwischen zwei Baumstämmen aufstieg und verflog. »Das war kein Tier«, raunte er mit erstickter Stimme.
    Noch einmal beschleunigte er seine Schritte, und Dubhe folgte ihm geschwind, ohne Fragen zu stellen, während ihr Herz in der Brust hämmerte.
    Plötzlich wieder solch ein seltsamer, undeutlicher Schatten und wieder einer und noch einer, bis beide mit einem Mal erkannte, worum es sich handelte: Gesichter von Frauen mit erstarrten Zügen, die wie Theatermasken wirkten. Aus Luft gemacht, schwebten sie ihnen entgegen, umschwirrten sie und starrten sie mit den gläsernen Blicken von Toten an.
    Ein Gespenst kam ganz nahe an Dubhe heran, glitt durch sie hindurch, und ein Gefühl unbeschreiblicher Kälte überkam sie. Das Mädchen schrie auf und stach mit dem Dolch um sich, wobei sie Lonerin nur um Haaresbreite verfehlte, der jetzt ihr Handgelenk ergriff, um sie fortzuziehen. Keuchend rannten sie davon, immer nur dem kleinen Flecken Wald hinterher, den ihre Leuchtkugel erhellte. Doch die Frauengesichter folgten ihnen, jagten sie, umwirbelten sie.
    Da blieb Lonerin an einer Wurzel hängen, strauchelte, und beide stürzten zu Boden. Das Licht erlosch, und mit einem Mal war alles stockfinster ringsum. Das Wispern verstärkte sich zu spitzen Schreien, das Klagen zu ohrenbetäubendem Kreischen. Auch die Bestie in Dubhe hob ihr Haupt und begann zu brüllen, und plötzlich hatte sie das erste Gemetzel vor Augen, zu dem das Ungeheuer sie gezwungen hatte - die zerfleischten Körper auf der Lichtung -, und das Bild löste panischen Schrecken in ihr aus und gleichzeitig wilde Erregung. Ihr Geist verwirrte sich, ihr Körper verlangte nach Blut. Hier, an diesem Ort, in dieser Situation, roch es nach Tod, ein Geruch, der der Bestie wohlvertraut war.
    Plötzlich rief Lonerin irgendetwas, während fast gleichzeitig ein grellrotes Licht aufflammte. Die Stimmen verstummten, die Schattengesichter lösten sich auf. Der Wald schwieg wieder.
    Dubhe tastete nach der Hand ihres Gefährten und fand seine Schulter. »Solche Geister habe ich in der Aufgetauchten Welt noch nie erlebt«, keuchte Lonerin, »aber meine Feuermagie hat geholfen. Ich weiß nur nicht, wie lange sie wirkt.«
    Dubhe spürte, wie sich auch die Bestie in ihr beruhigte. Es war nur ein kurzer, aber entsetzlicher Tatzenschlag gewesen. »Was sollen wir jetzt tun?« »Sie fürchten das Feuer. Am besten entfachen wir ein großes Leuchtfeuer.« »Und was, wenn uns die Gilde auf den Fersen ist? Damit verraten wir uns«, wandte Dubhe ein. Sie spürte Lonerins Atem in ihrem Gesicht.
    »Das müssen wir einfach riskieren. Oder sollen wir etwa umkehren?« Sie kamen überein, abwechselnd beim Feuer zu wachen. Zumindest in dieser Nacht. Dubhe bot sich an, die erste Wache zu übernehmen.
    »Gut, aber ich leiste dir Gesellschaft«, erklärte Lonerin mit einem Lächeln, »wahrscheinlich könnte ich ohnehin nicht schlafen.«
    So ließen sie sich, noch gezeichnet von der ausgestandenen Furcht, vor dem Feuer nieder.
    »Immerhin haben wir was zu erzählen, wenn wir zurückkommen«, scherzte Lonerin, doch Dubhe fiel das Lächeln schwer. »Es wird schon alles gut gehen«, fügte er beruhigend hinzu.
    Dubhe hob den Blick.
    »Wie machst du das nur?«, fragte sie.
    »Was denn?«
    »Nun, so zuversichtlich zu bleiben. Wo nimmst du diese Sicherheit her? Wir sitzen hier in einer fremden Welt, umringt von irgendwelchen gruseligen Gespenstern, mutterseelenallein, und du ...«
    »Ich vergesse eben nie, wozu ich hier bin ...«
    Lonerins Stimme war fest, der Blick seiner grünen Augen klar. Dubhe war beeindruckt.
    »Ich habe eine Mission zu erfüllen, von der das Leben sehr vieler Menschen abhängt. Dafür bin ich bereit, alles zu geben. Dass es schiefgehen, dass ich auch scheitern könnte, daran denke ich überhaupt nicht. Nicht zuletzt, weil das den Erfolg gefährdet.«
    Dubhe schaute ihn einige Augenblicke schweigend an. Noch nie hatte sie jemanden kennengelernt, der so geradlinig ein Ziel verfolgte. In ihrer Welt hatte es bislang nur Menschen gegeben, die sich eher vom Schicksal hatten treiben lassen. So wie sie selbst auch.
    »Und auch du solltest dir Gedanken darüber machen, was du mit deinem Leben anfangen willst - wenn wir bei Sennar waren und du frei bist, weil der Fluch gebannt ist. Denn das wird geschehen. Wenn du es willst, wird es wahr werden.« Ach, wenn du wüsstest. Nichts von dem, was in meinem Lehen geschehen ist, habe ich so

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