Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
war hier, als sie den siebten Stein des Talismans suchte. Das ist ein historischer Ort. Mein Vater hat auch oft davon erzählt. Er hätte sie sich selbst gern einmal angesehen ... Unglaublich, was für ein seltsames Gefühl, hier unten zu stehen.«
Ido lächelte traurig. »Du musst wissen, dass hier bis vor drei Jahren noch viele Menschen, Nymphen und Gnomen lebten. Sie hatten sich zusammengetan, um gegen Dohor zu kämpfen. Doch der Kampf ging verloren, und von der ganzen Bewegung ist nur noch das übrig, was du hier siehst.« Er seufzte.
»Komm«, sagte er dann und führte San zu den Unterkünften.
Sie waren recht karg eingerichtet, mit sehr wenigen Möbeln, keinerlei Öffnungen nach draußen, sondern nur Vertiefungen für die Fackeln in den Wänden sowie niedrigen Decken, sodass ein normal großer Mensch gerade aufrecht darin stehen konnte. Die Schlafstätten waren aus dem Fels geschlagen und mit Strohmatratzen ausgestattet. Für die persönliche Habe standen einige wenige Truhen zu Verfügung.
Alles war noch so, wie es die Bewohner zurückgelassen hatten, wie an jenem Abend also, als die Niederlage der Rebellen besiegelt wurde. Ein Stuhl lag noch umgekippt auf dem Boden in einer Ecke, während sich auf einem Tischchen daneben aufgeschlagene Bücher stapelten. Ein Regal war voller verfaulter Lebensmittel, nur das Trockenobst und das Dörrfleisch hatten sich gehalten. Ido lächelte. Dort unten waren sie in Sicherheit. »So, jetzt brauche ich mal deine Hilfe.«
San blickte ihn fragend an.
Der Gnom führte ihn in den Raum, der noch am besten instand war, und legte sich auf das Bett. Ein himmlisches Gefühl. Die ganze Zeit während der Verfolgung und der Flucht war er keinen Moment zu Atem gekommen. Mit einem wohligen Brummen streckte er seine müden Glieder aus. »Du musst meinen Verband wechseln. In der Truhe dort drüben müsstest du alles finden, was du brauchst. Hier wohnte nämlich der Heilpriester unserer Gruppe.«
Als San den Deckel anhob, stieg eine Staubwolke auf und verteilte sich im Raum. Er hustete und steckte den Kopf in die Truhe, um bald darauf mit zufriedener Miene wieder daraus aufzutauchen. »Schau mal! Jetzt brauchen wir nur noch Wasser, oder?«
Erfreut, helfen zu können, rannte er zu dem großen Becken, um den Eimer zu füllen, den er gefunden hatte.
Beim Verbandswechsel stellte er sich erstaunlich geschickt an. Zwar merkte Ido, dass der Junge mit solchen Dingen noch niemals zu tun hatte, aber San erledigte sorgfältig alles, was er ihm auftrug.
Als die Wunde offen lag, betrachtete der Gnom sie mit prüfendem Blick. Es war ein recht tiefer Schnitt, und er stieß einen Fluch aus.
»Ich fürchte, jetzt wirst du mich auch noch nähen müssen, vorausgesetzt, wir finden Nadel und Faden ...«
San wurde blass, senkte den Kopf und blickte Ido aus den Augenwinkeln an. »Ist das wirklich nötig?«
»Ja, San. Wie soll man sonst eine offene Wunde schließen? Aber es ist ohnehin nicht so fürchterlich, wie du glaubst. Ich bin sicher, das schaffst du leicht ...« »Vielleicht gibt es doch noch einen anderen Weg ...« »Und der wäre?«, fragte der Gnom überrascht.
San schwieg, die Wangen gerötet, den Blick nach unten gesenkt. »Meinem Vater wäre es nicht recht«, murmelte er dann.
»Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr«, schnaubte Ido und kratzte sich am Kopf. »Drück dich deutlicher aus. Ist dir was eingefallen?« 8 San nickte, doch dieser Geste folgte keinerlei Erklärung. »Dann tu eben, was du für richtig hältst!«
Der Junge atmete einmal tief durch, wusch sich die Hände im Wasser und legte sie dann sanft auf die Wunde des Gnomen. Unwillkürlich zog Ido die Hüfte zurück, doch kurz darauf schon überkam ihn ein unerwartetes Wohlgefühl. Er war sprachlos. San hatte die Augen geschlossen, und seine Hand strahlte leicht. »Du bist ein Magier ...«
Bei diesen Worten riss San die Augen auf und löste sich von ihm. »Was ist? Habe ich was Falsches gesagt?« »Ich bin kein Magier!« Der Junge wirkte erschrocken.
»Aber San, du besitzt die Fähigkeit, mit den Händen zu heilen. Wer kann so etwas schon außer Magiern?«
»Eben deswegen war mein Vater dagegen. Die Leute würden dann reden, meinte er.«
Ido versuchte, sich einen Reim darauf zu machen. Tarik hatte sich mit Sennar, dem Magier, zerstritten, vielleicht rührte daher seine ablehnende Haltung den Fähigkeiten seines Sohnes gegenüber. »Schon gut, wie du willst. Aber jetzt brauche ich die Behandlung, ich bitte dich, San
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