Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
Fenster. Wir sind im ersten Stock. Der Sturz wird bestimmt wehtun, aber nicht so sehr wie ein Schwert im Bauch.
Ich nehme mir nicht die Zeit, meinen Plan noch einmal zu überdenken. Ich nehme einfach einen Stuhl und schleudere ihn durch das Glasfenster.
Im gleichen Augenblick schießt Evan. Der Bolzen dringt in die Schulter des Fae zur Linken ein. Der andere greift an. Er schlitzt Evans Unterarm auf, bevor sich der Mensch ducken kann.
Naito greift an und schwingt sein Schwert gegen den Kopf des Fae. Der Fae duckt sich, pariert und holt wieder aus, alles in einer nahtlosen Bewegung.
Ich schiebe Evan zum Fenster. Er hat die Armbrust fallen gelassen, als der Fae seinen Arm verletzt hat. Jetzt versucht er, sein Schwert zu ziehen, aber seine Hand ist voller Blut.
»Du musst hier raus. Los!«
Er holt tief Luft und nickt. »Lass ihn nicht zurück.«
Er reicht mir sein Schwert. Als er springt, drehe ich mich wieder um und schwinge meine Waffe, um den Fae zu treffen, der gerade Naito attackieren will. Er blockt meinen Angriff mühelos und rückt mit einem eigenen Angriff vor. Ich pariere und taumele nach hinten. Alleine in der Situation wäre ich längst tot, und dasselbe gilt auch für Naito, aber gemeinsam können wir den Fae abwehren.
»Das Fenster«, sage ich. »Los!« Ich stöhne, als ein besonders heftiger Hieb mein Schwert zur Seite drückt.
»Du zuerst«, ruft Naito.
Ich schwinge das Schwert gegen den Kopf des Fae. Daneben.
»Er weiß, wer ich bin«, erwidere ich und bin mir nicht sicher, ob das überhaupt stimmt. »Er wird mich Kyol ausliefern. Du musst zurück zu Kelia. Los. Jetzt!«
Er will protestieren, das sehe ich in seinen Augen, aber als er Kelias Namen hört, ist er überzeugt.
Der Fae flucht, als Naito zum Fenster rennt. Ich stelle mich zwischen die beiden und zwinge ihn, sich auf mich zu konzentrieren. Er pariert meinen Angriff und geht auf mich los. Das Schwert fliegt mir aus der Hand und prallt polternd an die Wand.
Ich ziehe meinen vergifteten Dolch. Werfe ihn.
Der Fae hebt abwehrend die andere Hand hoch und schlägt den Dolch zur Seite. Der Wurf war nicht schnell oder hart, aber die Klinge ist scharf, und Blut rinnt aus dem schmalen Schnitt auf seinem Handrücken.
Ich warte nicht, bis das Gift zu wirken beginnt, sondern renne sofort zum Fenster.
Er fängt mich ein. Ich schlage mit dem Ellbogen nach ihm und treffe ihn am Kinn, aber er hält mich weiterhin fest. Dann wirft er mich auf den Boden und landet auf mir.
Ich stoße mein Knie in seinen Schritt, aber mit zu wenig Schwung. Der Fae rutscht zur Seite, und seine Hände legen sich fest um meine Handgelenke.
»Halt still« , schnaubt er auf Fae.
Schmerz explodiert hinter meinen Augen, als ich ihm einen Kopfstoß gebe. Er stöhnt, aber ich bin mir sicher, dass ich mir damit mehr geschadet habe als ihm. Ich kann kaum noch klar denken. Sein Gesicht verschwimmt vor meinen Augen. Ich wehre mich, bäume mich auf, zucke und versuche, mich ihm zu entwinden.
Er schwankt erneut. Dieses Mal liegt es nicht an meinen Sehstörungen. Seine Arme geben nach, und er bricht auf mir zusammen. Ich liege da und schnappe nach Luft, doch dann gelingt es mir irgendwie, ihn von mir runterzuschieben.
Ich drehe mich auf den Bauch und krieche auf allen vieren zum Fenster, wobei meine Arme heftig zittern. Ich ziehe mich am Fensterbrett hoch, ignoriere die Glassplitter, die sich in meine Handflächen bohren, und zwinge meine Muskeln, zu kooperieren.
Mein Oberkörper liegt auf dem Fensterbrett. Das Glas sticht mich, aber Raens Umhang schützt mich vor zu tiefen Schnitten. Die Straße unter mir ist leer. Es wird wehtun, da aufzukommen, aber ich muss hier weg. Die Fae hämmern noch immer gegen die Tür.
Mein Körper balanciert zwischen dem Zimmer und der Außenwelt. Ich will mich gerade über die Fensterbank fallen lassen, als mich jemand packt. Es ist ein Fae des Hofs, der mit dem Armbrustbolzen in der Schulter. Er zieht mich wieder in den Raum, und dann wird die Tür aufgerissen und die Schwertkämpfer des Königs stürmen herein.
Ich werde mit einem Schrei wach. Mir ist kalt. Ich bin nass. Ich bin gefangen. Meine Zähne klappern, und jemand gießt noch einen Eimer Wasser über meinem Kopf aus.
Erneut schreie ich auf. Meine Haut scheint zu gefrieren.
»Ah, da bist du ja.« Radaths Stimme ertönt im Lichtschein einer an der Decke hängenden Kugel. Er dreht den Eimer um und setzt sich an den Rand des Lichtkegels.
Ich wünschte, ich könnte bewusstlos bleiben.
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