Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
Namen genannt hat in der Hoffnung, sie würden mich ausschalten. Der König hat nichts unternommen, um den Lord General aufzuhalten. Und Kyol hat seinen König schalten und walten lassen.
»Das kann ich nicht«, flüstere ich.
Er stößt einen tiefen Seufzer aus und streicht mit der Hand langsam über meinen linken Arm, bis er zu meiner Handschelle kommt. Als seine Finger auf meinem Handgelenk liegen, glaube ich schon fast, dass er mich befreien wird, doch dann rutschen sie zu der Diamanthalskette, die unter meinem Ärmel verborgen ist. Er zieht daran und hält sie schließlich in der Hand.
Als er den mittleren Stein berührt, nickt er. »Damit kannst du dir deine Freiheit erkaufen.«
Oh Gott.
»Nein, Kyol, das kannst du nicht tun!«
»Sch, Kaesha .« Er legt mir einen Finger auf den Mund. »Das ist der einzige Weg, dich zu retten.«
Ich zerre an meinen Handschellen. »Nein, warte. Hör mich an. Ich werde dir sagen, was immer du wissen willst. Ich tue, was du willst, aber bitte, bitte , tu das nicht. Tausch mein Leben nicht gegen seins ein.«
Sein Gesicht wirkt ausdruckslos, als er sich erhebt, nur seine Augen verraten, wie sehr ich ihm wehtue.
»Du wirst mich dafür hassen, nicht wahr?«, fragt er.
Ich nicke, weil ich keinen Ton mehr herausbringe. Aren hat mir sein Leben anvertraut. Er war überzeugt davon, dass ich ihn nicht verraten würde. Wenn die Königstreuen dort auftauchen, wo der Stein sie hinführt, dann wird er denken, dass er mir völlig egal wäre.
Kyol steckt die Halskette in seine Hosentasche. »Es tut mir leid, McKenzie. Das alles tut mir sehr leid.«
23
D ie blau-weiße Kugel unter der Decke ist das Einzige, was das, was immer ich da auch in den Schatten herumhuschen höre, zurückhält. Doch gegen meine Albträume hilft das Licht nicht. Einige sind alt und kehren immer wieder, andere sind allerdings brandneu. Immer, wenn ich die Augen schließe, hoffe ich, dass ich sie wieder aufmache und feststelle, dass die letzten Wochen nur ein Traum gewesen sind. Der Krieg des Königs ist nicht kompliziert, die Rebellen sind eindeutig böse, der Hof ist durch und durch gut. Aber so funktioniert es nun mal nicht. Kriege sind nie so einfach.
Außerdem wäre ich dann Aren nie begegnet. Sein Kuss kommt mir jetzt nicht mehr wie eine Manipulation vor. All seine zärtlichen Augenblicke, die Art, wie er mich angesehen hat … Vielleicht liegt ihm wirklich etwas an mir.
Das Schaben des zurückgeschobenen Riegels hallt laut durch die Dunkelheit. Die Tür geht auf. Sie wird wieder geschlossen. Ich höre, wie im Dunkeln jemand tief Luft holt.
Bitte lass es nicht Micid sein!
Ein Schatten bewegt sich an den Rand des Lichtkegels. Zwei Stiefelspitzen treten ins Licht. Der Fae geht einen Schritt vor, dann einen weiteren. Das Licht gleitet langsam höher, an einer schwarzen Hose hinauf, die eng an muskulösen Oberschenkeln sitzt, zu einer Hand, die auf einem Schwertgriff liegt, zu einer starken, breiten Brust und hinauf zu einem wütenden Gesicht, das von wilden, zerzausten Haaren umrahmt ist.
»Aren«, flüstere ich. Nein, nein, nein .
Er spannt den Kiefer an. In meiner Brust zieht sich alles zusammen.
Ich schüttle den Kopf. »Nein, Aren. Bitte. Ich habe Kyol die Kette nicht gegeben, das schwöre ich.«
Seine finstere Miene verschwindet, als er unter der hängenden Kugel hergeht und sich neben mich kniet. Er umfasst mein Gesicht mit beiden Händen. » Sidhe , du frierst ja.«
Wärme strömt durch mich hindurch. Ich weiß nicht, ob sie von meinen Edarratae kommt, von Arens Magie oder einfach daher, dass ich wieder in seiner Nähe bin. Es ist auch egal. Sie fühlt sich gut an. Er fühlt sich gut an.
In diesem Moment wird mir erst bewusst, dass er noch sein Schwert trägt. Der Hof müsste ihn doch sofort entwaffnet haben.
»Kyol hat dich nicht …?«
Er streicht mir über mein feuchtes Haar. »Dir geht es bald wieder gut, McKenzie. Ich werde dich hier rausholen.«
Ich sehe über seine Schulter. Kyol steht hinten am Rand des Lichtkegels. »Er …« Es schnürt mir die Kehle zusammen. »Er hat dich zu mir gebracht?«
Aren sieht mich ernst an und nickt. Ohne sich zum Schwertmeister umzudrehen, verlangt er: »Den Schlüssel.«
Als sich Kyol nicht rührt, versteift sich Aren. Er kommt langsam hoch. Er legt erneut die Hand auf den Schwertgriff. »Den Schlüssel, Taltrayn.«
»Radath hat den einzigen Schlüssel.«
Ein Augenblick verstreicht, in dem sich niemand von uns bewegt, wir scheinen nicht einmal
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