Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
Ich hole einen Atlas.«
»Wie viele gibt es?«, will Lena wissen.
»Die Tar Sidhe haben zwölf erschaffen«, antwortet Kyol und bezieht sich damit auf die machtvollen Fae, die nach dem Duin Bregga über die Provinzen geherrscht hatten, dem Krieg, der die Standorte der Verschwundenen Tore aus den Köpfen der Fae gelöscht hat. »Aber wir haben nur drei gefunden. Radath wird seine Truppen verlegen, um sie zu sichern und Atroth zu beschützen.«
Aren kneift die Augen zusammen. »Wenn er das tut, werden ihre Standorte nicht länger geheim sein.«
»Er hat keine andere Wahl. Er kann nicht zulassen, dass ihr einen Riss ins Schlafzimmer des Königs öffnen könnt.«
Ich bewege nicht einen Muskel. Ich wage kaum, zu atmen, weil Aren und Kyol sich unterhalten und nicht so aussehen, als würden sie sich gleich an die Gurgel gehen.
Aren scheint, etwas zu überlegen. »Wir müssen davon ausgehen, dass Radath seine Soldaten bereits verlegt hat. Das ist ein Problem. Wir hatten nie genug Männer, um den Hof anzugreifen, wenn er auf uns vorbereitet war. Jetzt sind wir noch viel weniger, und ohne das Überraschungsmoment auf unserer Seite …«
Naito kehrt zurück und reicht Kyol einen Atlas und einen Stift. »Markiere die Standorte. Dann kann ich Karten ausdrucken, auf denen mehr Details eingezeichnet sind.«
Kyol schlägt das Buch bei der Weltkarte auf und sieht mich an. »Du hast ihnen die Karte für das Sidhe Tol in Moldawien gezeichnet?«
»Es war der einzige Weg, dich aus Corrist rauszuholen.«
Ich bin mir unsicher, was er darüber denkt. Er ist nicht wütend, sondern vielmehr … nachdenklich?
»Ich bereue es nicht«, sagt er leise.
Die Erinnerungen an den Sidhe Cabred überfluten meinen Verstand. Ich kann den süßen Duft der Blumen fast wieder riechen und das sanfte Rauschen des Wasserfalls hören. Als ich Kyol in die Augen sehe, bin ich mir sicher, dass es ihm ebenso geht, dass er das Mondlicht auf unserer Haut und die Chaosschimmer auf unseren Körpern auch vor sich sieht. Aber da ist noch etwas anderes in seinem Gesicht. Bedauern? Vielleicht wünscht er sich, er hätte mich in dieser Nacht geliebt, wie ich es mir seit Jahren wünsche.
Ich wende den Blick ab.
»Radath muss die drei Sidhe Tol gleichzeitig beschützen«, meint Lena. »Wir müssen nur eins angreifen.«
»Nein«, entgegnet Aren. »Wir müssen sie so lange wie möglich zwingen, an drei Fronten zu kämpfen. Wir werden alle drei angreifen und dann zu einer bestimmten Zeit Risse zu den ausgewählten Sidhe Tol öffnen.«
»Wie viele Fae kannst du dafür einsetzen?«, erkundigt sich Kyol.
Aren schüttelt den Kopf. »Nicht viele.«
»Markiere einfach die Sidhe Tol «, fordert ihn Lena auf. »Wir werden später überlegen, wo und wie wir angreifen.«
Ich rutsche mit meinem Stuhl näher an Kyol heran, um ihm dabei zu helfen, die Ländernamen und die Seitenzahlen im Index zu lesen. Er nennt mir die Länder, in denen sich die anderen beiden Sidhe Tol befinden. Da ich noch nie dort gewesen bin und die Schatten von jemandem, der sie aufgesucht hat, nie gesehen habe, kann ich keine Karte zeichnen. Kyol muss Ankersteine prägen, und das kann eine Weile dauern.
Tja, es könnte eine Weile dauern, wenn er Tausende prägen müsste. Ich weiß nicht, wie viele Fae Aren auftreiben kann. Er starrt ins Leere und schmiedet vermutlich Pläne. Er leitet seit fast drei Jahren die Angriffe der Rebellion. Ihm wird schon ein Weg einfallen, wie diese Offensive am besten zu führen ist.
Ich wende mich wieder dem Atlas zu. Es dauert weniger als fünf Minuten, die ungefähren Standorte der Sidhe Tol einzuzeichnen. Als Kyol fertig ist, schiebt er den Atlas zu Aren hinüber.
»Ich denke, Montana ist die beste Option«, meint er.
Aren wirft nicht mal einen Blick auf die Karte. Er starrt Kelia an, deren Stuhl so dicht neben Naitos steht, dass sie praktisch auf seinem Schoß sitzt.
»Ich denke, du solltest deinen Vater kontaktieren«, schlägt Aren vor.
Kelia runzelt die Stirn. Ich habe ihr von Lord Raens Rolle bei Naitos Befreiung erzählt, und sie hat mir zugehört, aber es schien sie nicht weiter zu interessieren.
»Mein Vater …«
»Nicht deinen Vater«, schneidet ihr Aren das Wort ab. »Deinen.«
Naito zieht die Augenbrauen hoch. »Meinen?«
»Der Hof hat die Vigilanten benutzt, um uns zu jagen. Jetzt werden wir mit ihnen den Hof jagen.«
»Die Vigilanten«, wiederholt Kyol und legt den Kopf ein wenig schief.
Aren sieht ihn an. »Ja. Der Hof hat ihnen McKenzies
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