Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
Namen genannt, und daraufhin wäre sie beinahe getötet worden.«
Als mich Kyol ansieht, erkenne ich seine Verwirrung.
»Sie haben uns in Deutschland angegriffen«, berichte ich. »Sie kannten meinen Namen und haben mein Handy geortet.«
Er schüttelt den Kopf. »Wir haben die Vigilanten nie kontaktiert.«
Aren lacht sarkastisch auf.
»Vermutlich war es Radath«, werfe ich rasch ein, bevor die Diskussion ausartet. »Ich bin mir sicher, dass sie zum Sidhe Tol gehen werden, wenn Naito ihnen den Standort verrät.«
»Nein«, sagt Naito. »Ich will mit meinem Vater nichts mehr zu tun haben.«
Aren beugt sich vor und stützt seine Unterarme auf den Tisch. »Du musst dich ja nicht mit ihm treffen. Ruf ihn einfach an. Nenn ihm den Standort des Tors und sag ihm, dass Fae dort sein werden.«
»Er wird mich fragen, warum ich ihm das erzähle.«
»Sag ihm, Kelia hätte dich wegen eines anderen verlassen.«
Kelia schneidet eine Grimasse, sagt aber nichts.
»Wir werden einen anderen Weg finden«, weicht Naito aus.
»Ich kann ihn anrufen«, schlage ich vor.
Naito widersetzt sich, aber letzten Endes hat er keine andere Wahl, als zuzustimmen. Er gibt mir die Telefonnummer seines Vaters unter der Bedingung, dass ich ihn nicht aus der Nähe seines Hauses anrufe. Nakano soll nicht wissen, wo er wohnt. Ich halte das für übertrieben, aber Aren lässt mich von Nalst durch einen Riss zu einer Telefonzelle in New York bringen.
Der Anruf dauert nicht lange, was einerseits daran liegt, dass ich nichts sagen will, was Nakanos Verdacht erregen könnte, andererseits mache ich mir auch Sorgen, dass Kyol und Aren im gleichen Raum zusammensitzen. Zwanzig Minuten nach unserer Ankunft in New York stehen wir auch schon wieder am einzigen Tor der Stadt. Mir wird erst klar, dass die geringe Aufenthaltsdauer ein Problem ist, als Nalst mich durch den zweiten Riss bringt.
Sobald das Zwischenreich mich freigibt, breche ich in Naitos Garten zusammen und ziehe die Luft in meine halb erfrorenen Lungen hinein. Eisige Messer scheinen sich in meinen Magen zu bohren. Ich huste und erwarte schon, Blut auf das taufeuchte Gras zu spucken, doch dann hilft mir Nalst, wieder aufzustehen. Halb zerrt und halb trägt er mich durch die Hintertür ins Haus.
»Aren!«
Als Aren vor mir steht, scheint die Welt sich wieder einzupendeln. Die Krämpfe in meinem Bauch lassen nach und hinterlassen nur einen dumpfen Schmerz und eine leichte Übelkeit.
Aren legt den Handrücken auf meine Wange. » Sidhe , du bist ganz kalt. Du hättest vorher Cabus trinken sollen. Kannst du gehen?«
Als ich nicke, führt er mich zum Küchentisch. Kyol ist da, sitzt mit dem Rücken zur Wand am Tisch und beobachtet mich. Ich lächle ihm zu, um ihm zu verstehen zu geben, dass es mir gut geht. Seine Kinnmuskeln spannen sich an, aber dann sieht er wieder auf die Karte, die vor ihm liegt. Lena sitzt links neben ihm und studiert ebenfalls die Karten. Locken fallen ihr ins Gesicht, ansonsten ist ihr Haar zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden. Als sie den Kopf senkt, streicheln diese goldenen Locken die Tischkante.
Aren setzt mich ihr gegenüber auf einen Stuhl und geht dann weiter in die Küche.
»Hast du Nakano erreicht?«, fragt Lena, ohne aufzusehen.
Ich sehe nach rechts zu Naito, der den Arm um Kelias Schulter gelegt hat. Er spielt mit dem Namensband in ihrem Haar herum und lässt sich nicht anmerken, ob er uns überhaupt zuhört.
»Ja«, antworte ich. »Ich weiß allerdings nicht, ob er mir geglaubt hat. Er hat nicht viel gesagt.«
Naito sagt nichts dazu. Vermutlich ist es auch egal, ob die Vigilanten auftauchen, da Lena vorhat, die Sache auf jeden Fall durchzuziehen.
»McKenzie.« Aren setzt sich neben mich und stellt ein frisches Glas Cabus vor mich auf den Tisch. Ich habe vorher nichts davon getrunken, hätte es aber vermutlich lieber tun sollen. Da ich mich schwach und zittrig fühle, hebe ich das Glas an die Lippen und lege den Kopf in den Nacken.
Ich hatte vorgehabt, es mit einem Zug zu trinken, aber ich schaffe gerade mal zwei Schlucke, bevor ich würgen muss. Dann wische ich mir mit dem Handrücken die Augen. Ich würde lieber eine Woche lang Bitterborke kauen, als noch einen Schluck davon zu trinken.
»Was macht der Plan?«, erkundige ich mich und will Aren so auch ablenken, damit er nicht darauf besteht, dass ich noch mehr trinke. Ich werde das Glas schon leer trinken. Irgendwann.
Kyol sieht mir lange in die Augen. Als er danach den Cabus ansieht, wird mir klar,
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