Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
dass ich schrecklich aussehen muss, vermutlich bin ich kreidebleich, und ich habe das Gefühl, dass er am liebsten um den Tisch herumgehen und mich in die Arme nehmen würde.
Das tut er natürlich nicht. Mit ausdruckslosem Gesicht wendet er sich an Aren und fragt: »Wie viele Menschen arbeiten für dich?«
»Fünf«, antwortet Aren in ebenso neutralem Ton. »Trev wird die anderen drei herbringen. Es sind keine Schattenleser, nur Menschen mit der Gabe des Sehens. Wir werden sie auf die Sidhe Tol aufteilen. Die Fae, die in Montana angreifen, müssen mit einem auskommen.«
»Ihr habt sechs Menschen«, werfe ich ein und ignoriere die Spannungen zwischen den beiden Fae. Ich sehe mir die Karte auf dem Tisch an. Der Hof wird wahrscheinlich drei oder vier Menschen an jedem Tor haben. Wir wären noch immer im Nachteil. »Ihr könnt mich nach Montana schicken.«
»Wir werden mit dem auskommen, was wir haben«, erwidert Aren.
»Ihr braucht mich – eigentlich sogar noch mehr Menschen.«
»Nein.« Sein Ton klingt, als wäre alles entschieden.
Meine erste Reaktion ist, ihn anzufauchen, dass er nicht über mich zu bestimmen hat, aber es gelingt mir, die Worte zurückzuhalten. Er versucht nur, mich zu beschützen. Das ist mir klar.
»Was ist, wenn Radath oder andere Offiziere des Königs auftauchen? Ihr braucht Schattenleser an jedem Tor, um sie zu verfolgen.«
Aren zieht die Karte von Montana näher an sich heran.
Ich wende mich an Kyol. »Sag du ihm, dass er mich braucht.«
»Du bist in keinem Zustand, um das zu tun, McKenzie.« Er sagt es so schlicht, so gleichmütig, so wunderbar zärtlich.
»Dann wollt ihr also beide lieber von Illusionen abgelenkt werden? Ihr wollt, dass der Rest der Rebellen von ihnen abgelenkt wird? Das ist doch Bullshit. Wenn ich da bin, werden weniger Fae sterben.«
»Ich lasse Naito nicht gehen, wenn sie nicht geht«, stellt Kelia klar.
Naito sieht sie fragend an.
Sie zuckt mit den Achseln. »Das lasse ich nicht zu. Wenn sie McKenzie zwingen, zu Hause zu bleiben, weil sie Angst haben, dass sie verletzt wird, dann wirst du ebenfalls hierbleiben.«
Naito schüttelt lächelnd den Kopf, zieht sie zu sich und gibt ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn. »Ich werde trotzdem gehen, aber wir brauchen die Nalkin-Shom . Falls Radath oder andere Offiziere dort sind, kann McKenzie sie identifizieren. Sie kann sie aufspüren, wenn sie zu fliehen versuchen, und wir können weitere aufmerksame Augen gut gebrauchen.«
Kyol ballt auf dem Tisch die Fäuste. Das ist nur ein unbedeutendes Anzeichen seiner Wut, aber bei einem Mann, der ein Experte darin ist, seine Gefühle zu verbergen, kommt es einer Bombenexplosion gleich.
»Mir wird nichts passieren, Kyol.«
Er schüttelt den Kopf. »Radath wird seinen Männern befehlen, dich auszugucken.«
»Sie …« Oh. Darum geht es hier also. Radath weiß, was Kyol für mich empfindet. Er weiß, dass er mich benutzen kann, um an den Schwertmeister ranzukommen. Doch das darf mich nicht davon abhalten, ihnen zu helfen, daher sehe ich die anderen am Tisch prüfend an und versuche, bei ihnen Unterstützung oder Inspiration zu finden. Mein Blick bleibt an Naito hängen, dem Einzigen außer mir, dem keine Edarratae über die Haut zucken. »Sie wissen nicht, wer ich bin.«
Kyol schnaubt. »Du bist nicht gerade unauffällig, Kaesha .«
Mir wird das Herz schwer, aber ich schiebe diese Gedanken beiseite und konzentriere mich auf unser Problem. »Wenn wir alle Tarnkleidung tragen, dann können sie uns nicht auseinanderhalten.«
Aren gibt ein Geräusch von sich, das wie eine Mischung aus einem Räuspern und einem Lachen klingt. Bevor ich ihn davon abhalten kann, gibt er mir einen Kuss auf die Wange. Ein Chaosschimmer schießt von seinen Lippen über mein Gesicht, und es prickelt mir wohlig unter der Haut.
»Du bist brillant.« Er beugt sich vor, um an mir vorbei zu Naito zu sehen. »Die Vigilanten werden sie doch auch tragen, oder? Können wir an einem Tag genug Anzüge zusammenkriegen?«
Naito grinst mich anerkennend an. In einem Tarnanzug bin nicht nur ich weniger auffällig; wenn Aren und der Rest der Rebellen sich ebenfalls tarnen, dann können die Menschen sie noch schlechter von den Vigilanten unterscheiden. Klar, irgendwann werden sie die Schwerter und Edarratae der Rebellen bemerken, aber mit der Tarnkleidung brauchen sie vielleicht zwei oder drei Sekunden länger, als wenn die Rebellen ihre übliche Jaedrik -Rüstung tragen würden. Und zwei oder drei
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