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Die Schattenmatrix - 20

Die Schattenmatrix - 20

Titel: Die Schattenmatrix - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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irgendeinem Grund zerfielen - trotz aller Versuche, das Fortschreiten ihrer seltsamen Krankheit aufzuhalten.
Jetzt lag Diotima Ridenow in der Mitte des Raumes, in dessen Wänden riesige Kristalle leuchteten, und sie sah aus wie eine schlafende Märchenprinzessin. Margaret hatte es fertig gebracht, sie ein paar Mal zu besuchen, aber sie konnte die vielen Matrixsteine auf engstem Raum nicht lange ertragen. Sie hatte große Schuldgefühle deswegen und war unendlich wütend auf sich selbst. Sie wusste, dass sie sich das alles nur einredete, aber sie war im Innersten überzeugt, dass sie ihre tiefe Abneigung gegen die Matrizen durchaus überwinden und an Dios Seite sitzen könnte, wenn sie nur stark genug wäre.
Es hatte sie rasend gemacht, dass sie nichts für ihre geliebte Stiefmutter tun konnte. Sie war nun mal das Kind ihres Vaters und hatte wie er immerzu den gewaltigen Drang, aktiv zu sein, statt tatenlos zuzusehen. Nach mehreren frustrierten Wochen, in denen sie sich kaum dem Studium ihrer Gabe widmete, verfiel sie auf die Idee, ihre kostbare Aufnahmeausrüstung zweckzuentfremden, damit sie Dio Gesellschaft leisten konnte.
Mit Hilfe der beiden Aufnahmegeräte, die sie besaß - ihrem eigenen und dem von Ivor Davidson -, nahm sie alle Lieder auf, an die sie sich aus ihrer Kindheit auf Thetis erinnerte. Dazu die vielen Lieder, die sie seit ihrer Rückkehr nach Darkover neu oder wieder gelernt hatte, und alles, was ihr sonst noch so in den Sinn kam. Allein schon durch das Singen fühlte sie sich weniger hilflos. Sie wusste, sie war keine großartige Sängerin, nur eine sehr gründlich ausgebildete Musikerin. Margaret fehlte es an jenem gewissen Etwas, das den Künstler vom Liebhaber unterscheidet, aber ihre Stiefmutter würde sich wohl kaum daran stören.
Als sie eine Scheibe voll hatte - etwa sechsundzwanzig Stunden Gesang mit gelegentlichen Geschichten, die zur Musik passten -, hatte sie sich wieder in Dios Kammer gewagt, Ivors Abspielgerät aufgestellt und eingeschaltet. Margaret scherte sich keinen Deut darum, dass sie ein halbes Dutzend terranische Regeln über die Technologiebeschränkungen auf Planeten wie Darkover verletzte oder dass die Geräte eigentlich der Universität gehörten und sie diese eigentlich zurückgeben müsste. Sicher, sie hatte die Musikfakultät nicht darüber informiert, dass sie auf absehbare Zeit nicht an die Universität zurückkehren würde, und dort nahm man wahrscheinlich an, dass sie noch immer fleißig an dem Überblick über die darkovanische Musik arbeitete, wegen dem sie vor fünf Monaten wieder auf den Planeten gekommen war. Aber das waren alles nur Haarspaltereien. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie Darkover nicht mehr verlassen würde, und sie hatte gewiss nicht vor, ihre Arbeit der Fakultät zu übermitteln, damit hinterher irgendwer daran herumbasteln konnte.
Die Batterien, mit denen das Gerät lief, reichten etwa für sechs Monate Dauerbetrieb, und notfalls würde ihr der Bruder ihrer Mutter, Captain Rafe Scott, schon neue besorgen, falls sie welche brauchte. Er arbeitete im terranischen Hauptquar
tier in Thendara, und sie war überzeugt, dass er die Batterien beschaffen konnte. Margaret war klar, dass sie sich allein für solche Gedanken eigentlich verabscheuen müsste, aber sie tat es schließlich für Dio, und damit war es ihr wichtiger als alles andere. Und so wurde die glitzernde Kammer rund um die Uhr mit Gesang erfüllt. Margaret wusste nicht, ob es wirklich half und ob Dio ihre Stimme, ihre Lieder überhaupt hörte, aber sie fühlte sich besser, wenn sie wusste, dass ihre Stiefmutter nicht völlig von jedem menschlichen Kontakt abgeschnitten war.
Manchmal kam Lew noch zu Margaret, nachdem er den ganzen Tag bei Dio verbracht hatte, er wirkte dann meist recht abgespannt, aber ruhig. Er sagte ihr mehrfach, dass ihre Lieder wunderschön seien und dass es ihm gut täte, ihre Stimme zu hören, selbst wenn es Dio nicht helfen sollte. Sogar einige der Techniker und Schüler in Arilinn, die sich normalerweise von Margaret fern hielten, hatten sie aufgesucht, um ihr zu sagen, dass sie oft ihrer Musik lauschten und sich neben Diotimas im Koma liegenden Körper setzten, wenn sie in die Kammer gingen, um die Frau zu überwachen. Dies war der freundlichste Kontakt, den Margaret je mit den Bewohnern im Turm hatte, und der einzige, der frei von Misstrauen und Abneigung war. Sie war in der Erwartung hergekommen, eine Umgebung wie an der Universität vorzufinden, und hatte

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