Die Schattenmatrix - 20
Ihr seht aus, als wärt Ihr überall lieber als hier«, antwortete sie sehr leise. »Schmerzt Euer Bein wieder?«, flüsterte sie beinahe. Margaret wusste, dass Dom Gabriel im Herbst an Ischias gelitten hatte, und die Art, wie er ein Bein nachzog, verriet ihr, dass er es immer noch tat.
»Ein bisschen. Nett, dass du fragst.« Dom Gabriel entspannte sich ein wenig. »Du bist ein gutes Mädchen, auch wenn du ein bisschen eigensinnig bist und kein Benehmen hast. Wir sind vor etwa einer Stunde angekommen, mit einem gewaltigen Sturm im Nacken, und ich hatte kaum Zeit zum Atemholen. Der Wind blies noch nicht allzu stark, aber es war dennoch sehr lästig. Dann bestand Javanne auch noch darauf, dass ich zum Abendessen mitkomme, obwohl es meine Verdauung nicht gerade fördert, mit einem Rudel Aldarans bei Tisch zu sitzen!«
Margaret lachte über diesen leichten Scherz ihres Onkels. »Nein, das ist bestimmt nicht verdauungsfördernd. Ich glaube,
Dom Damon würde sogar den Magen eines Drachen in Schwierigkeiten bringen.«
Margaret freute sich, als ihr Onkel laut und bellend loslachte, so dass sich mehrere Leute nach ihm umdrehten. »Ein Jammer«, sagte er so leise, wie es seine kräftige Stimme zuließ, »dass sie ausgestorben sind. Ich würde gern mal einen jagen, oder noch besser, ich würde gern mal einem beim Fressen zuschauen, wenn er … egal. Unterhalt dich mit Rafael und Gabriel, ja, nachdem du heute offenbar freundlich sein willst. Und glaub bloß nicht, dass ich dich nicht durchschaue - du willst mir doch nur Honig um den Bart streichen.«
»Ich freue mich aufrichtig, Euch zu sehen, Onkel Gabriel, egal, was Ihr glaubt. Wir sind zwar in vielem unterschiedlicher Ansicht, aber ich weiß, dass Ihr nur die besten Absichten habt.«
»Die wahrscheinlich vollständig zunichte gemacht werden, jetzt, mit den Aldarans auf Burg Comyn und vielleicht bald sogar im Rat, auch wenn ich mich diesem Plan bis zum letzten Atemzug widersetzen werde. Wenigstens benimmst du dich anständig. Wer ist eigentlich dieses Mädchen, das an Mikhails Arm hängt - ich kenne sie nicht.«
»Das ist Gisela Aldaran, Onkel.«
Seine ohnehin vorstehenden Augen traten aus den Höhlen, und sein Gesicht wurde dunkelrot. »Was!«
»Ja. Sie hat anscheinend beschlossen, dass …«
»Es ist mir egal, was sie beschlossen hat - ich werde es nicht dulden!« Er starrte Margaret wütend an, als könnte sie etwas dafür. Dann wurden seine Züge weicher, und er bedachte sie mit einem Blick, in dem so etwas wie Zuneigung lag. »Immer wenn ich denke, es kann nicht mehr schlimmer kommen …«
Margaret tätschelte seinen Arm, ihr Onkel tat ihr wirklich Leid. »Ich weiß. Aber das ist nun wenigstens etwas, woran ich wirklich keine Schuld habe.«
»Es war wohl schwer für dich, was? Ich habe es dir ganz schön schwer gemacht. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin der einzige Mensch auf Darkover, der noch nicht völlig den Verstand verloren hat!«
Margaret war überrascht und gerührt von diesem Mitgefühl, das so gar nicht dem Wesen ihres Onkels entsprach. Er war immer noch stur gegen Aldarans im Rat der Comyn, gegen Lews Aufnahme und gegen eine Heirat zwischen Margaret und Mikhail, und wahrscheinlich würde sich daran so schnell nichts ändern. Aber er war ein braver Mann, ein anständiger Mann, und Margaret musste das anerkennen. Sie gab ihm rasch einen flüchtigen Kuss auf die ziemlich raue Wange.
Dom Gabriel fuhr bei dieser Zärtlichkeit leicht zusammen, dann hellte sich seine Miene ein wenig auf.
»Was hältst du davon, wenn du jetzt hinübergehst und Mikhail aus dem Griff dieser Frau befreist, Onkel Gabriel, ich unterhalte mich solange freundlich mit Rafael und Gabriel. Lady Javanne wäre sicher stolz auf uns.«
»Also gut.« Er seufzte. »Ariel wird mir wahrscheinlich mehr über ihre Schwangerschaft erzählen, als ich hören will. Ich kann dir nicht sagen, was für ein Segen es war, dass sie in den letzten Monaten in Arilinn und nicht in Armida gewohnt hat. Aber du hast Recht. Javanne wirft mir schon wieder einen dieser Blicke zu, und wenn ich meiner Pflicht nicht nachkommen, kann ich mir wieder ihr Gezänk anhören.« Weiber! Ich bin umringt von Frauen. Mögen die Götter mir Kraft geben! Er verdrehte die Augen zur bemalten Decke, tätschelte flüchtig Margarets Hand und ging.
Rafael und Gabriel junior kamen lächelnd auf sie zu. »Danke, dass du so freundlich zu dem Alten bist«, begann Rafael. »Er benimmt sich seit Tagen wie ein gehetzter Bär, und von der Reise
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