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Die Schattenmatrix - 20

Die Schattenmatrix - 20

Titel: Die Schattenmatrix - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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überhaupt nicht.
Nein, und das beruht auf Gegenseitigkeit. Ich glaube, ich erinnere sie an jemanden, den sie hasst, aber ich bin so müde und entnervt, dass ich mir selbst nicht mehr trauen kann. Im Augenblick erschrecke ich vor jedem Schatten.
Nur zu, Liebste - unser Instinkt ist im Moment das Einzige, worauf wir uns verlassen können.
Sie erreichten das Ende der Treppe, und Amalie führte sie in einen kleinen Raum, in dem ein Kaminfeuer brannte. Bequeme Sofas und mehrere Sessel standen davor. An den Wänden hingen Teppiche mit den Bildern von Hastur auf der einen und Cassilda auf der gegenüberliegenden Seite, so dass sie einander über den Raum hinweg ansahen. Die beiden historischen Gestalten waren anders dargestellt, als es Mikhail bisher gesehen hatte, weniger menschlich, sondern mythischer, aber auf eine Art, die er nicht genau beschreiben konnte. Und die Teppiche waren neu, denn Mikhail sah die schwachen Umrisse eines größeren Wandbehangs, der wohl erst vor kurzem ent
fernt worden war. An den Wänden verliefen außerdem schwarze Linien, unverkennbare Spuren von Feuer, dunkler als die im unteren Stockwerk, und der Geruch eines lange zurückliegenden Brandes war hier ebenfalls stärker. Würziger Glühweinduft stieg aus einem Kessel auf, der über dem Feuer hing, aber er vermochte die anderen Gerüche nicht zu verdecken. Der Raum war kühl, als könnte der Kamin nicht einmal ein so kleines Zimmer heizen, und Mikhail war froh, dass er noch seinen Umhang trug. Sein Magen knurrte, und ihm fiel wieder ein, dass er den Festschmaus versäumt und sich nur von einigen Bechern Wein und etwas gefülltem Gebäck ernährt hatte. Und selbst das war schon einige Stunden her. Dazwischen lagen außerdem Jahrhunderte.
»Ich kann euch leider nicht großartig bewirten«, begann Amalie El Haliene. »Ich lebe allein hier.« Ihr Tonfall war verbittert, aber er enthielt auch Furcht. Sie nahm einen schweren Becher von einem kleinen Tisch beim Kamin, schöpfte Glühwein hinein und reichte ihn Mikhail. Erst wollte sie sich wieder hinsetzten, dann gab sie sich jedoch einen Ruck. Widerwillig füllte sie einen zweiten Becher und stellte ihn auf den Tisch neben Margueridas Sessel, bevor sie sich ängstlich rückwärts entfernte.
»Wo sind denn all die anderen - Eure Überwacher und Techniker?« »Weg, alle weg.« Amalies Gesicht war völlig ausdruckslos. Wer sind die beiden? Was wollen sie von mir? Das sind nicht die, die ich gerufen habe - und falls doch, muss ich vollkommen verrückt gewesen sein … Wenn ich doch nur nicht so allein wäre hier, und die anderen … ich darf gar nicht daran denken!
Als sie nicht fortfuhr, fragte Mikhail: »Wohin sind sie denn gegangen?«
Amalie starrte ihn einen Augenblick lang ausdruckslos an, als hätte sie seine Frage nicht ganz begriffen. Sie blieb stumm, und Mikhail spürte die Verwirrung in ihren Gedanken, als würde sie mit etwas ringen, das sie nicht ganz erfassen konnte. »Ihr müsst sie aufhalten! Man darf ihnen nicht erlauben, dass sie …«, platzte es schließlich aus ihr heraus.
»Wen aufhalten?«
»Der Turm von Hali darf nicht zerstört werden!« Ihre Stimme war nun rau vor Hysterie, aber ihr Gesicht blieb weiterhin ausdruckslos. Es klang, als hätte sie sich die Worte im Geiste wieder und wieder vorgesagt und würde sie nun ohne jede Hoffnung auf Erleichterung äußern.
»Weshalb sollte denn der Turm zerstört werden?«, fragte Mikhail, und ihm lief ein Schauer über den Rücken. Die Zerstörung des Turms von Hali war ein wichtiges Ereignis in der darkovanischen Geschichte, aber es war Mikhail nie in den Sinn gekommen, dass er dabei sein könnte.
Amalie sah ihn mit offenem Mund an. »Die Kriegsherren -wisst Ihr denn nicht, was Ihr hier tut? Seid Ihr denn nicht hier, um mir zu helfen?« Sie war völlig auf sich und ihren Turm fixiert, und Mikhail wusste, dass sie sich kein anderes Ziel für ihn und Marguerida vorstellen konnte.
»Welche Kriegsherren? Und warum sollten sie den Turm zerstören wollen?« Mikhail wusste, dass diese Frau ihn und Margaret nicht in die Vergangenheit gezogen hatte, aber er fragte sich, ob man sie nicht vielleicht doch geholt hatte, damit sie ihr halfen. Was, wenn der Turm von Hali tatsächlich gerettet wurde? Er unterdrückte einen Schauder, als er sich die Auswirkungen dieser Möglichkeit auf die ihm bekannte Welt vorstellte.
Die Augen der Frau funkelten zornig, und sie verzerrte das Gesicht. »Ich sehe, Ihr wisst überhaupt nichts! Ihr seid völlig nutzlos

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