Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schattenmatrix - 20

Die Schattenmatrix - 20

Titel: Die Schattenmatrix - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
nichts helfen, die Mestra lässt bestimmt kein zweites Huhn in den Topf. Sie ist nämlich sehr knauserig.«
Der Koch meinte eindeutig nicht Priscilla, sondern die andere Frau, Emelda, die Duncan bereits erwähnt hatte. Knauserig? Die Domäne Elhalyn war sehr reich, und für Geiz bestand nicht die geringste Notwendigkeit. Diese Emelda musste die Haushälterin sein. Mikhail war im Laufe der Jahre vielen solchen Personen begegnet, sie konnten furchtbar herrische, kleinliche Tyrannen sein. Und wenn er daran dachte, wie geistesabwesend Priscilla bei seinem letzten Besuch gewesen war, hätte es ihn nicht überrascht, sie unter der Knute einer entschlossenen Dienerin anzutreffen. Dennoch war er verstört. Allerdings lebten auch Kinder im Haus, mit einem normalen Appetit, wie er annahm, und er schauderte bei dem Gedanken, dass sie nicht genug zu essen bekommen könnten. Mikhail zuckte die Achseln. Er würde überhaupt nichts herausfinden, wenn er noch länger hier herumstand. Sein plötzlicher Widerwille, sich zu bewegen und die Küche zu verlassen, überraschte ihn. Sein Kopf war benebelt, als hätte er zu viel Wein getrunken. Das musste die Wirkung der Arbeit im Stall sein. Er ging gemächlich aus der Küche und trat in einen dunklen Flur, der nach Schimmel und Mehltau roch. Nach etwa fünfzehn Schritten kam er in ein Esszimmer, einen traurigen kleinen Raum, mit einer Ansammlung von Stühlen, die aus verschiedenen Quellen zu stammen schienen und um einen langen Tisch herumstanden, den seit Jahren niemand gewachst hatte. Ein Tischende war mit einer dicken Staubschicht bedeckt, das andere hingegen wies Spuren von kürzlichem Gebrauch auf. Die stumpfe Oberfläche war abgenutzt und fettverschmiert, das Holz war an mehreren Stellen gesprungen, das dünne Furnier abgeblättert. Der Raum wirkte niederschmetternd, und jeder Gedanke an eine fähige, wenngleich tyrannische Haushälterin löste sich in Trübsal auf.
Es war kalt, und als Mikhail zu dem Kamin in der Wand schaute, bemerkte er eine kleine Kohlenpfanne, die auf den Kaminböcken stand. Das Ding würde kaum genug Hitze produzieren, um eine Maus zu wärmen, außerdem musste es sehr stark rauchen. Er sah nur in ein schwarzes Loch und begriff, dass der Kamin vollständig mit Schlacke verstopft sein musste. Noch etwas, das er dringend reparieren lassen musste.
Mikhail trat vom Kamin zurück und warf einen Blick auf die zerschlissenen Tapeten an den Wänden, und ein tiefes Gefühl der Hilflosigkeit und Verzweiflung befiel ihn. Anders als sein Vater oder sein Bruder Gabriel hatte er noch nie einem Haushalt vorgestanden. Burg Comyn, auf der er seine Jugend verbracht hatte, war von einem ganzen Heer von tüchtigen Dienern bewirtschaftet worden; Armida und Burg Ardais ebenso. Er wusste zwar, dass man Lebensmittel von den Bau
ernhöfen in die Küchen transportieren musste, dass Brennholz gehackt und getrocknet werden musste, dass die Wäsche auf den Märkten in Thendara besorgt wurde, aber er hatte keine Ahnung, wie man einen Kamin in Stand hielt! Oder was man gegen verschimmelte Korridore unternahm. Die Aufgabe kam ihm gewaltig vor, und hungrig und müde, wie er im Augenblick war, schien sie seine Kräfte wahrlich zu übersteigen. Dann sagte er sich jedoch, dass er immerhin der Regent von Elhalyn war und Befehle erteilen konnte. Wenn allerdings alle hier so waren wie Duncan und der namenlose Koch, dann konnte er nicht sicher sein, dass man seine Befehle auch verstand, geschweige denn befolgte.
Mikhail fühlte sich immer noch von einer seltsamen Trägheit ergriffen, und es erforderte seine ganze Entschlusskraft, den kalten Speisesaal zu verlassen und sich im restlichen Haus umzusehen. Mikhail ging durch eine Art Wohnzimmer oder Salon und bemerkte einen Stickrahmen neben dem Kamin, was vermuten ließ, dass entweder Priscilla oder eine ihrer Töchter sich mit einer Handarbeit beschäftigt hatten. Es war zwar nichts Außergewöhnliches, aber der beruhigendste Anblick seit seiner Ankunft.
Er wagte sich ins Foyer, ein ehemals schöner Empfangsraum, der nun schäbig und verfallen war. In den Boden waren große Steinfliesen eingelassen, doch einige waren gesprungen, und andere hatten sich verschoben, so dass sie nicht mehr eben mit dem Boden abschlossen. Ein langes Fenster auf einer Seite des Haupteingangs war mit mehreren Holzbrettern vernagelt worden, die so notdürftig zusammengezimmert waren, dass Mikhail den Luftzug zwischen ihnen spürte. Der leichte Schwefelgeruch von der heißen

Weitere Kostenlose Bücher