Die Schattenmatrix - 20
im Einsatz war, obwohl er vom Keller bis zum Dach nachgesehen und nichts gefunden hatte, was diesen Verdacht erhärtete.
Alle Hinweise liefen auf die rätselhafte Emelda hinaus, und Mikhail hatte keine Idee, wie er mit diesem Problem fertig werden sollte. Es war Priscillas Haus, und wenn sie eine Leronis in ihrem Haushalt beherbergen wollte, wie es die Elhalyn und andere Domänen schon früher getan hatten, dann gab es keinen Grund, es ihr zu verwehren. Er gelangte mehr und mehr zu der Überzeugung, dass Emelda nichts von dem war, was sie vorgab zu sein, weder eine Aldaran noch eine richtige Leronis. Die Türme führten genauestens Buch über alle Besitzer von Laran, und nur selten entging ihnen jemand. Ein paar schlüpften natürlich in jeder Generation durch, aber die hatten normalerweise nur unwichtige Gaben, Leute wie Burl, der Knochendeuter.
Mikhail versuchte Emelda auszufragen, wann immer sich die Gelegenheit bot, aber sie war ebenso wachsam wie feindselig. Mikhail erkannte ihre Stärke, aber es mangelte ihm an der nötigen Ausbildung, um ihr Vermögen wirklich zu beurteilen. Er verzweifelte daran, dass er hier mit einer wilden Te-lepathin fertig werden musste - er allein mit seinen bescheidenen Talenten. Und er hatte nur selten die Muße, der merkwürdigen Frau oder Priscilla Fragen zu stellen, wenn sie sich denn einmal sehen ließen. Er hätte nie gedacht, dass es so anstrengend sein könnte, einen Haushalt zu führen oder für Kinder zu sorgen, und sein Respekt vor seiner Mutter wuchs täglich. Allein das Besorgen von Vorräten für den herannahenden Winter war ein gewaltiger Kampf. Dazu beanspruchten die notwendigen Reparaturen den größten Teil seiner Zeit. Er hatte dicke Schwielen an den Händen und sich beim Versuch, einen Holznagel in einen Fensterrahmen zu hämmern, einen Fingernagel gequetscht. Und so anstrengend die Tage auch waren, die Nächte waren noch schlimmer. Sie waren die reinste Hölle, denn alle Kinder litten unter Albträumen, und er musste pausenlos aufstehen und sie beruhigen. Die beiden alten Frauen, Becca und Wena, rührten sich nicht, wenn die Kinder schrien, und überließen sowohl die Knaben wie auch die Mädchen sich selbst. Daryll und Mathias, seine Männer, waren ebenfalls völlig erschöpft, weil sie doppelten Dienst als Pferdeburschen und Kutscher taten und sogar manchmal als Wäscherinnen und Zimmermädchen. Sie schliefen abwechselnd vor seiner Tür, aber auch ihr Schlaf wurde von schrecklichen Träumen gestört, und sie erwachten meist müde und unruhig. Mikhails Hoffnung, einige Leute aus dem Dorf als Helfer anstellen zu können, hatte sich nicht erfüllt. Ein paar waren widerwillig tagsüber zur Arbeit erschienen, aber niemand wollte über Nacht bleiben. Und bald weigerten sich auch die Tagelöhner, nach Haus Halyn zu kommen, und behaupteten hartnäckig, der Ort sei verflucht. Es besserte Mikhails Situation nicht gerade, dass er ihnen insgeheim Recht gab. Er war sich sicher, dass der Grund für die Weigerung der Dorfbewohner in Emeldas Anwesenheit lag, aber sein müdes Hirn fand keine Lösung für das Problem. Den wenigen Bemerkungen, die er aufgeschnappt hatte, entnahm er, dass die Dorfbewohner Emelda
für eine echte Leronis und nicht wie er selbst für eine Betrügerin hielten und sich allesamt vor ihr fürchteten.
Am schlimmsten an der ganzen Sache war Mikhails Wissen darum, dass er nicht mehr klar denken konnte. Sein Gehirn war wie von der Baumwolle aus den Trockenstädten verstopft oder von dem klebrigen, zu lange gekochten Haferbrei, den es immer zum Frühstück gab. Wenn er doch nur einen anständigen Koch finden könnte, um den alten Knaben zu ersetzen, der nur grollend in der Küche herumschlich und sich weigerte, seine Befehle zu befolgen! Mikhail war niedergeschlagen, weil er noch immer nichts erreicht hatte, und seine Hilflosigkeit wuchs mit jedem Tag. Er versuchte dagegen anzugehen, sagte sich, dass sich der Zustand des Hauses allmählich besserte und dass die Kinder besseres Essen bekamen. Doch er wusste, dass darin nicht seine Aufgabe lag, er war nicht hier, um Fenster zu reparieren, sondern um herauszufinden, ob einer der Jungen für den Thron der Elhalyn in Frage kam.
Wenn er sich doch nur konzentrieren könnte! Er strengte sich wirklich an, doch ständig wurde er von grundlegenden Aufgaben abgelenkt und musste etwa für Nachschub an Nahrungsmitteln sorgen. Er dachte sogar daran, einen der Gardisten nach Thendara zu schicken, damit er zusätzliche Leute
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