Die Schattenritter: Kuss der Dunkelheit
diesem Monstrum rauben zu lassen.
Sie starrte auf ihr Schwert. »Ich werde es dir nicht freiwillig geben.«
Der Nosferatu grinste, wobei sich seine Lippen weiter öffneten, als bei einem Menschen möglich war. Sie entblößten fürchterliche Reißzähne. Die Kiefer waren blutbenetzt und blitzten im Schein der Straßenlaterne über ihm. »Dann nehme ich es mir.«
Um sie herum kämpften, starben, rannten und weinten Menschen, doch Marika nahm nichts davon wahr. Es gab nur sie, diese Kreatur und die Gewissheit des Todes, sollte sie nicht die Kraft finden, die sie brauchte. Sie wusste nicht, wo Bishop steckte, ob er tot oder lebendig war, undsie konnte sich diesmal nicht darauf verlassen, dass er sie rettete.
Ihre Finger schlossen sich fester um den Schwertgriff. »Du wirst es versuchen, meinst du.«
Als das Ding auf sie zusprang, schlitzte sie ihm das Gesicht auf und machte gleichzeitig einen Satz zurück, um den Klauen auszuweichen. Sichtlich perplex, hob es eine Hand zu seiner aufgeschlitzten Wange. »Ich habe dich unterschätzt, Jägerin, verzeih!«
Sie wappnete sich für den nächsten Angriff, die Beine leicht ausgestellt und ihr Gewicht gleichmäßig auf beide verteilt, damit sie sich jederzeit ducken oder zur Seite neigen könnte, ohne die Balance zu verlieren.
Doch dann verschwand das Schwert aus ihren Händen, und ehe sie sich’s versah, hatte der Nosferatu sie an seine Brust gepresst. In Blitzgeschwindigkeit hatte er sie entwaffnet und fester umklammert als jede Fessel.
Die Kreatur, die ehedem Armitage gewesen war, roch außer nach Blut nach Seife und Rasierwasser. Sie hatte gebadet, bevor sie herkam. Warum? War da doch noch ein Mensch in dieser grausigen Hülle verborgen? Oder hatte das Ding vorgehabt, seinen Geruch vor ihr und Bishop zu verschleiern? Falls ja, war es ihm gelungen.
»Armitage«, sagte sie atemlos, als er sie an sich drückte, »tu das nicht!«
Der Nosferatu lächelte sie an, und ein Bluttropfen fiel ihr auf die Wange. Er brannte wie ein glühender Schürhaken, der sich in ihre Haut bohrte.
Der Nosferatu wischte ihr das Blut vom Gesicht. »Ist das nicht interessant? Ich frage mich, was geschieht, wenn du mein Blut in dich aufnimmst.«
Gütiger Gott!
Nun packte das Monstrum ihren Zopf, um ihr den Kopf in den Nacken zu reißen und so ihren Hals zu entblößen. Heißer Atem strich über ihre Kehle. Marika schüttelte sich vor Ekel.
Der Biss des Nosferatu war kein Vergleich zu Bishops. Da war nicht der Anflug von Wohlgefühl, nur ein entsetzliches Feuer, als die riesigen Zähne sich durch Marikas Haut und Muskeln bohrten, um sie der Nacht und seinen garstigen Trieben zu öffnen. Sie versuchte nicht einmal, ihr Schreien zu unterdrücken. Der Schmerz drohte sie zu zerreißen, und sie schrie ihre Pein in die Dunkelheit hinaus.
Die Kreatur hob sie hoch und drückte sie so fest gegen die Mauer hinter ihr, dass ihre Knochen knirschten. Gleichzeitig fühlte sie, wie das Leben aus ihrem Körper wich, und es war ihr egal. Sie war zu schwach, zu benommen vor Schmerz und Entsetzen.
Der Nosferatu hob den Kopf. »Ich habe ein Geschenk für dich, Jägerin.« Er biss sich ins Handgelenk und presste es ihr dann auf den Mund. Beißend scharf floss sein vergiftetes Blut in ihre Mundhöhle, doch Marika weigerte sich, es zu schlucken, obwohl es höllisch brannte.
»Schluck!«, zischte der Nosferatu ihr ins Ohr.
Verzweifelt schüttelte sie den Kopf, worauf die Bissmale an ihrem Hals furchtbar weh taten.
»Schluck, oder ich hol mir noch vor Morgengrauen deinen kleinen Bruder!«
Schlagartig wurde Marika von einer tödlichen Stille erfüllt. Falls sie schluckte, wusste Gott allein, was das Blut des Untiers mit ihr machte, aber es könnte ihr die Kraftverleihen, den Nosferatu zu töten. Und sie würde ihn töten. Sie durfte nicht zulassen, dass er Jakob bekam.
Blind griff sie nach dem Dolch an ihrem Schenkel, während sie den Nosferatu ansah und langsam nickte.
Zufrieden lächelnd, nahm er seine Hand von ihrem Mund. »Mach schon!«
Sie schluckte. Es brannte, wenngleich weniger schlimm als in ihrem Mund. Die Hitze breitete sich in ihrem Körper aus, tötete sie jedoch nicht. Vielmehr fühlte Marika, wie ihre Kraft zurückkehrte.
Über sich vernahm sie einen Zornesschrei, der ihr Herz laut aufpochen ließ.
Bishop!
Er war nicht tot.
Der Nosferatu hob den Kopf, und Marika nutzte die Gelegenheit. Sie riss ihren Dolch aus der Scheide, zielte nach oben und stieß mit größtmöglicher Wucht zu. Die
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