Die Schattenritter: Kuss der Dunkelheit
Geschmeidigkeit seiner Bewegungen faszinierte sie stets aufs Neue. Er war ganz in Schwarz, so dass er nahtlos mit der Nacht verschmolz.Allerdings schimmerte seine Haut golden, und seine grünbraunen Augen leuchteten hell. Je näher er dem Feuer kam, umso deutlicher war der Kupferrotton seines Haars auszumachen. Für Marika war Bishop der Inbegriff maskuliner Vollkommenheit.
Sie wollte sich in seine Arme werfen, die Beine um seine Hüften schlingen und das Gesicht an seinem Hals vergraben. Und, bei Gott, sie sehnte sich danach, ihre Eckzähne in seine Haut zu bohren und sein salziges Aroma zu kosten! Das war ein Akt, den sie ausschließlich mit Vampiren verband, folglich sollte er sie anwidern.
Aber das tat er nicht. Vielleicht hatte Bishop recht. Vielleicht war sie weniger menschlich, als sie sich gern einbildete. Vielleicht war die Vampirseite ihres Wesens die stärkere. Doch selbst wenn dem so wäre, sorgte es sie nicht mehr so wie früher. Und einzig aus diesem Grund beschloss sie, nicht weiter darüber nachzudenken.
»Du bist gekommen.«
Er stand vor ihr, lässig und vollkommen ruhig. In die Gerüche der Nacht nach Wald, Erde, brennendem Holz und nervösen Pferden mischte sich sein Duft. Er war von einer würzigen Süße, die Marika an Zimt, Muskat und Nelken erinnerte.
»Ich sagte doch, dass ich komme.« Als er sie anlächelte, spiegelten die Flammen hinter Marika sich in seinen Augen. »Hör auf, mich so anzusehen!«
Trotz der Gefahr, die ihnen drohte, musste auch sie lächeln. »Wie sehe ich dich denn an?«
»Als würdest du zu gern in mich hineinbeißen.«
»Möglicherweise will ich das.«
Ein tiefes Knurren entwand sich seiner Kehle. »Ich wüsste auch schon genau die richtige Stelle.«
»Marika!« Es war Dimitru, der beide jäh aus ihren erotischen Phantasien riss. »Wir brechen auf – jetzt!«
Marika grinste Bishop an und seufzte. »Bereit?«
»Nach dir.«
Sie gingen zu ihren Männern und brachen das Lager ab. Binnen Minuten ritten sie auf das nächste Dorf zu.
Nach dem, was Andrej berichtet hatte – und was sie tagsüber von anderen gehört hatten –, waren sie ziemlich sicher, dass die Vampire heute Nacht wieder angreifen würden. Sie schienen einen Zwei-Tage-Rhythmus einzuhalten und sich mit jedem Überfall weiter nach Westen zu bewegen. Jedenfalls war das das Muster, welches sich aus den Ereignissen der letzten vier Tage schließen ließ.
Marika hatte es nicht laut ausgesprochen, aber sie fürchtete, dass die Vampire sich nach Fagaras vorarbeiteten. Zwar hatte sie keinerlei Beweise dafür, doch ihr Gefühl sagte ihr, dass sie hinter ihr oder Bishop her waren. Und da ihr Gefühl sich selten irrte, hörte sie auch heute darauf, als es ihr signalisierte, das nächste Ziel wäre das Dorf, auf das sie nun zuritten. Es war die einzige Siedlung weit und breit, und allein die isolierte Lage machte es zu einem perfekten Jagdgrund.
Als sie sich den Häusern näherten, hörten sie Schreie, und Marika trieb ihr Pferd an. Bald sah sie Leute durchs Dorf rennen wie Enten, die von Wölfen gejagt wurden. Einer nach dem anderen fielen sie dem Hunger von mindestens einem Dutzend Vampire zum Opfer.
»So viele!«, hauchte sie. Eine solche Menge hatte sie noch nie gesehen.
»Es sind junge«, erwiderte Bishop und streifte die Bänder eines Katars über seine Finger. Der Dolch passte genau in seine Hand, und keiner von den Kindervampiren könnte ihn ihm entwenden, wenn er damit zuschlug. »Sie werden ziemlich leicht zu töten sein.«
Sie nahm ihn beim Wort und schickte ihre Männer los. Hoffentlich konnten sie wenigstens ein paar der Dorfbewohner retten!
Wie waren die Vampire so schnell hergekommen? Hatten sie auf der Lauer gelegen?
Oder sind sie uns gefolgt?
Für jeden anderen mochte das weit hergeholt anmuten, aber der Gedanke beunruhigte sie. Was war, wenn die Vampire ihnen hier auflauerten? Dieser ganze Angriff könnte inszeniert sein, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen und sie mit ihren Männern hierherzulocken, wo sie verwundbarer waren.
Führte sie ihre Leute womöglich in eine Falle?
Weitere Fragen entfielen, da ein Vampir auf sie zugestürmt kam. Er bewegte sich zu schnell, als dass sie ihn richtig erkennen konnte, aber sie bemerkte, dass mit seinem Gesicht etwas nicht stimmte. Die Augen und die Reißzähne wirkten unnatürlich groß. Nun übernahmen ihre Reflexe. Sie zog ihren Dolch, doch noch ehe der Vampir bei ihr war, explodierte er in einem grellen Lichtblitz. Als Marika wieder sehen
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