Die Schattenritter: Kuss der Dunkelheit
Sein Atem strich heiß über ihre Wange.
»Nichts, was nicht von selbst wieder heilt«, antwortete sie. »Und du?«
»Eine Klinge zwischen die Rippen. Mir geht es bestens, sobald ich dich gekostet habe.«
Es hörte sich so verführerisch an, dass sie beinahe vergaß, sich um ihn zu sorgen. »Jetzt! Ich will, dass du wieder bei Kräften bist, bevor wir ins Lager zurückkehren.«
Er ließ sie los, und sie wandte sich zum Gehen. Gleich nach dem ersten Schritt jedoch erstarrte sie.
Was von ihren Männern übrig war – alle bis auf zwei –, stand da und sah sie voller Abscheu an.
»Du bist wie
er!
«, sagte Dimitru. Seine Kleidung war blutbesudelt und sein Gesicht zerschunden, aber seine Stimme klang fest. »Du bist ein Vampir!«
»Nein«, entgegnete sie, »bin ich nicht!« Während sie es aussprach, warf sie Bishop einen Blick zu, der ihn wissen lassen sollte, dass es niemanden wie ihn auf der Welt gab. Niemanden.
»Du hast Reißzähne.« Diesmal war es Sergej, der sprach, und er klang eher traurig als ängstlich. »Ich habe sie gesehen, und ich habe deine Augen gesehen.«
»Ihr alle habt mich auch vorher gesehen.« Sie versuchte, ihnen aufmunternd zuzulächeln, ohne ihre Zähne zu zeigen. »Ich war in der Sonne.«
»Dann bist du vielleicht kein Vampir«, korrigierte Dimitru sich, »aber du bist auch nicht menschlich.«
In diesem Moment, da alle sie entgeistert anstarrten, wurde Marika klar, dass sie sich nicht länger vor ihnen verstecken konnte. »Ich bin nicht anders, als ich immer schon war. Ich wurde als Dhampir geboren und war es mein Leben lang.«
Leider hatte ihr Geständnis nicht die gewünschte Wirkung. Es hätte sie beruhigen und zur Vernunft bringen sollen, aber das tat es nicht. Geschlossen traten sie auf sie zu, die Gesichter wie versteinert und voller Wut.
»Monstru!«
, zischte Sergej. »Wir haben dir unser Leben, unsere Kinder anvertraut!«
»Und ich habe euch nie betrogen.« Bishop hielt ihrenArm, aber sie weigerte sich, vor ihnen zurückzuweichen. Das waren ihre Männer, verdammt! Sie waren ihre Familie.
»Dass du lebst, ist schon Betrug genug.« Sergej reckte das Kinn. »Wann planen du und dein Dämonenliebhaber, uns umzubringen? Wenn wir ins Lager zurückkommen?«
»Euch umbringen? Sergej, ich würde euch nie etwas antun!« Sie wollte auf ihn zugehen, doch Dimitru sprang ihr in den Weg, eine gefährlich aussehende Klinge in der Hand.
»Höllenbrut!«, raunte er angeekelt. »Ich schicke dich zu deinem Schöpfer zurück!«
Ohne Bishops schnelle Reflexe hätte ihr früherer Freund ihr das Messer in die Brust gebohrt, wie er es eben noch bei den Vampiren getan hatte. Marika sah ihn entsetzt an. Sie konnte einfach nicht verstehen, was hier vor sich ging, obwohl sie es doch mit eigenen Augen bezeugte.
Während ihre Männer sich mit hasserfülltem Kampfgeschrei auf sie stürzten, umfasste Bishop ihre Taille. Als sie vom Boden abhoben, spürte Marika einen brennenden Schmerz auf ihrem Schenkel. Sergej hatte versucht, sie ins Bein zu stechen.
Der Flug zurück nach Fagaras war weniger sanft als der erste, zu dem Bishop sie mitgenommen hatte. Noch nachdem sie längst wieder Grund unter den Füßen hatten, klammerte Marika sich an ihn. In der Finsternis des Gartens hinter seinem Haus bot sie ihm ihren Hals dar, auf dass er sich von seiner Wunde erholte – und sie etwas anderes fühlen konnte als die schreckliche Leere, die ihre Seele zu verdunkeln drohte.
Ihre Männer hielten sie für ein Monstrum. Trotz allem, was sie gemeinsam durchgestanden hatten, trauten sie ihr nicht mehr. Für sie war Marika das Böse in Person. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass sie jahrelang an ihrer Seite und für sie gekämpft hatte.
Sollten sie sie je finden, würden sie Marika töten.
Kapitel 11
Sein Haus hatte nicht viele Bequemlichkeiten zu bieten, aber immerhin verfügte es über eine Badewanne mit heißem Wasser. Diesen Luxus nutzte Bishop und ließ Marika ein Bad ein. Er gab Öle und Kräuter ins Wasser, die sie beruhigen würden.
Wenn er ehrlich sein sollte, wusste er nicht, was er sonst mit ihr machen konnte. Sie zitterte vor Kälte und war über und über mit Blut bedeckt. Nach ihrer Rückkehr hatte er sich an ihr genährt, allerdings gerade hinreichend, um die klaffende Wunde an seiner Seite zu heilen, und auch das nur, weil sie es noch dringender zu brauchen schien als er. Hätte er geahnt, wie sehr sie diese Nacht verstören würde, hätte er sie gar nicht
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