Die Schattenritter: Kuss der Dunkelheit
du Hilfe brauchst, um das Land zu verlassen, kann ich dir vollkommene Diskretion zusichern.«
Verwundert sah sie ihn an. »Das würdest du für mich tun?«
»Selbstverständlich. Du bist meine Tochter.«
Seit wann spielte das eine Rolle? »Du hast eine Frau und ein kleines Kind. Brächtest du sie nicht in Gefahr, wenn du mir hilfst?«
»Davon würde der Orden nie etwas erfahren. Ich habe Freunde, an die sie nicht herankommen. Und es wäre das Mindeste, was ich tun könnte, nach all dem Schmerz, den ich dir bereitet habe.«
Da hatte er verdammt recht! Und wer in aller Welt waren diese Freunde? Aber darüber konnte Marika jetzt nicht nachdenken. Sie musste zu Bishop zurück und ihm berichten, was sie herausgefunden hatte. Dann mussten sie ihre nächsten Schritte planen. Ja, sobald sie mit Bishop gesprochen hatte, würden sie gemeinsam entscheiden, was zu tun war.
Sie versuchte, zuversichtlich zu erscheinen, als sie ihrem Vater die Hand drückte. »Ich danke dir. Vielleicht muss ich tatsächlich in naher Zukunft deine Hilfe in Anspruch nehmen. Jetzt jedoch sollte ich gehen. Ich habe noch viel zu tun.«
»Wo wohnst du?«, fragte er und stand mit ihr auf. »Ich könnte dich besuchen kommen.«
»Es ist sicherer, wenn du es nicht weißt.« Für ihn wie für sie. Außerdem könnte einer der Bediensteten lauschen, und sie traute jedem von ihnen zu, ihren früheren Gefährten zu verraten, wo sie war. »Ich komme zu dir.«
Sie war schon halb bei der Tür, als sie stehen blieb und sich noch einmal umdrehte. Mit großen Augen starrte ihr Vater sie an. Und noch mehr staunte er, als sie ihn umarmte. »Danke, Papa.« Er drückte sie, und für einen Moment erlaubte sie sich, einfach seine Tochter zu sein und nicht jemand, den er womöglich gern tot sehen würde. Sollte er ruhig glauben, er besäße ihr Vertrauen und sie wäre leicht zu täuschen. Falls er die Wahrheit sagte, wäre es schön, und falls nicht …
Würde sie ihm eigenhändig das Herz aus der Brust reißen.
Lächelnd versprach sie ihm wiederzukommen und ging.
In donnerndem Galopp ritt sie nach Fagaras zurück und vergewisserte sich mehrfach, dass ihr auch niemand folgte. Nachdem sie ihr Pferd in den Stall gebracht und versorgt hatte, schlich sie sich leise ins Haus. Sie schaffte es die Treppe hinauf, ohne von Floarea gesehen zu werden, und schlüpfte in Bishops Schlafzimmer.
Der Raum war dunkel, als sie hineinging und die Türlautlos hinter sich schloss. Einzig ihre ausgezeichneten Augen machten es möglich, dass sie den Weg zum Bett bewältigte, ohne gegen irgendwelche Möbel zu stoßen.
Vor dem Bett streifte sie ihre Stiefel ab, kleidete sich aus und zog vorsichtig die Decken zurück.
»Ahhh!«, schrie sie, machte einen Satz zurück und wäre beinahe über ihre Stiefel gestolpert.
Bishop hockte nackt im Bett und sah aus, als wollte er sie umbringen, so wütend war er.
»Wo zur Hölle warst du?«
Nachdem seine Tochter gegangen war, stand Constantin noch lange Zeit am Fenster, während es in ihm brodelte.
Er starrte auf den Ring an seinem Finger und drehte die Hand so, dass er die Innenseite betrachtete. Was für eine Ehre es gewesen war, diesen Ring zu bekommen und ihn tragen zu dürfen! Wo war dieses Gefühl jetzt?
Als die Kreatur, die Saint genannt wurde, an Martas Bett erschienen war, hatte sie Constantin gesagt, sie könnte Marta und das Baby retten. Und als der Narr, der er war, hatte er dem Vampir geglaubt. Er hatte sogar so getan, als wüsste er nicht, wie dieses »Retten« vonstattengehen sollte, obwohl er es sehr genau wusste. Doch es war ihm gleich gewesen.
Alles, was für ihn zählte, war, dass sein Kind gesund zur Welt kam. Sein Sohn sollte leben – und er war sicher gewesen, dass Marta mit einem Sohn schwanger war.
Also hatte er mit angesehen, wie das Monstrum seine Frau schändete, indem es ihr Blut nahm und ihr sein eigenes gab. Und er hatte gehört, wie seine Frau Worte der Liebe und Hingabe zu einem anderen sagte.
Der nicht einmal ein Mann war.
Als es vorbei war, wollte der Vampir zunächst nicht gehen. Das Ding dachte allen Ernstes, es hätte ein Recht, bei der Geburt dabei zu sein! Als besäße es irgendeinen Anspruch auf das Kind! Nein, der Vampir durfte Marta haben, aber das Baby war Constantins!
Reichlich Silber und Weihwasser waren nötig gewesen, um die Kreatur fortzujagen. Qualmend und nach verbranntem Fleisch stinkend, floh sie in die Nacht, beinahe bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Constantin hätte Saints
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