Die Schattenstaffel Kommissar Morry
Örtlichkeit genauestens auszukundschaften, damit es später, wenn der Coup stieg, keine unliebsamen Zwischenfälle gab. So reibungslos wie alles, was der Napoleon kon London bisher gewagt hatte, sollte auch dieser fette Raub vonstatten gehen. Seine Leute wußten, was sie zu tun hatten, und präzise exerzierten sie die beabsichtigte Tat an diesem Morgen durch. Eine halbe Stunde Fahrzeit war für die unauffällige Anfahrt von ihrem Unterschlupf zur Villa in Pimlico vorgesehen. Sie fuhren gemütlich im Zickzack durch die Straßen. An ihrem .Einsatzort' angekommen, sollte Silvester Fulham, ein unwahrscheinlich zerknittertes Männchen mit verschlagenem Gesicht, unweit des Wagens bleiben, mit dem sie später die Beute abtransportieren wollten. Fulham hatte die Rückendeckung seiner beiden in die Villa eindringenden Komplicen zu übernehmen. Zu diesem Zweck sollte der Wagen auf der zweibahnigen Eaton-Kings-Road in ostwärtiger Richtung abgestellt werden. Er, Silvester Fulham, hatte den harmlosen Passanten zu mimen. Das konnte er unauffällig tun, weil in regelmäßigen Abständen auf dem Grünstreifen — zwischen den Fahrbahnen — bequeme Ruhebänke vorhanden waren. Kein Mensch würde irgendwelchen Verdacht schöpfen, wenn sich Fulham auf einer dieser Bänke niederließ, denn die schwüle Morgenluft war dazu angetan, Abkühlung im Freien zu suchen . . .
Da die Villa noch tiefer als die Eaton-Kings Road lag und auf der Rückseite von einem Waldstück begrenzt war, konnte den Eindringenden nur von der Fahrbahnseite aus Gefahr drohen, und diese Gefahr würde Fulham frühzeitig genug erkennen können. Als Warnzeichen hatten die Gangster in erster Linie das Anlassen und mehrmalige Aufheulen des Motors vereinbart. War das aus irgendeinem Grunde nicht mehr möglich, dann sollte Fulham die Notbremse ziehen und einen lauten Pfiff ausstoßen. Soweit also die Aufgabe Fulhams.
Was zur Stunde X dann Jill Poloo, der erfahrene Tresorknacker und sein Komplice Danny Shangalor zu tun gedachten, war folgendes: Zunächst mußten sie die Umgrenzungsmauer der Villa überwinden. Das war nicht schwer, da die Mauer kaum die Höhe eines normalen Menschen hatte.
„Kein Problem", war Jill Poloos abfällige Meinung gewesen, als sie sich zum ersten Male ihr Projekt angesehen hatten.
„Schwerer wird es für uns sein, Danny, mit unseren Geräten ins Haus hineinzukommen."
Lange hatten die drei Gangster darüber gebrütet, welcher Weg für sie der beste und der unauffälligste sein würde, denn ihr Einbruch sollte ja noch lange nach der Ausführung unentdeckt bleiben. Das war die Absicht des Chefs, der durch Zufall dahintergekommen war, daß sich trotz der Abwesenheit der Hausbesitzerin der gesamte Familienschmuck noch im Hause befand. Die Leichtsinnigkeit der alten Dame wollte sich der Napoleon von London zunutze machen. Er hatte auch ergründet, daß die Lady vorerst noch nicht die Absicht hatte, wieder in ihr Haus zurückzukehren. Lady Hurlinghamer befand sich nämlich zur Zeit in dem feudalen Seebad Southend und ließ sich die erträglichere Seebrise um die Nase wehen.
Daß sie ihren Schmuck etwa vergessen hatte, konnte man nicht sagen. Sie glaubte keinen sichereren Platz für ihren Schmuck zu haben, als eben ihren geheimen Tresor in ihrem Schlafzimmer. Hatte sie früher schon wenig auf das Anraten ihres Neffen Franky, des einzigen ihr noch verbliebenen Verwandten, gehört, die wertvollen Steine und Gebinde bei einem Bank-Institut unterzubringen, so lehnte sie es neuerdings strikt ab, darüber auch nur ein einziges Wort weiter zu verlieren. Ihre Meinung hatte sie letzthin dahingehend geäußert, daß sie, hätte sie ihren Schmuck, einer Bank anvertraut, dieser nun nach den Stafetteneinbrüchen der Gangster aus dem Soho-Ge- biet für sie sicherlich verlorengegangen wäre.
„So aber, Franky", hatte Lady Hurlinghamer voller Vertrauen auf ihren eigenen Wandtresor behauptet, „befindet sich mein Besitztum noch an der Stelle, an der sie dieser Gangster niemals vermuten wird. Außerdem, mein Junge, weiß außer uns niemand, an welcher Stelle sich mein sicheres Versteck befindet."
Wie sehr sich Lady Hurlinghamer da irrte, bewiesen die drei Gestalten, die sich da vor ihrem Hause herumtrieben. Es war also nur noch eine Frage der Zeit, wann der Familienschmuck der Lady den Besitzer gewechselt haben würde. Die drei Gangster aus dem Stall des .Napoleons' hatten sich dafür entschieden, den Weg ins Innere der Villa über die rückwärts gelegene
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