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Die Schattenträumerin

Die Schattenträumerin

Titel: Die Schattenträumerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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eingebildet? Fiorella hatte wahrscheinlich recht: Es war wirklich Zeit für einen Muntermacher. Aber nicht nur deshalb wünschte sie sich, dass ihre Großmutter so schnell wiemöglich wieder zurückkam. Es erfüllte sie mit Unbehagen, allein in diesem Zimmer zu sein. Allein mit diesem unheimlichen Buch …
    Vielleicht war es besser, wenn sie sich ablenkte und weiterarbeitete. Francesca beugte sich über das Nachschlagewerk und ging es Seite für Seite durch. Schon nach wenigen Minuten hellte sich ihre Miene auf und ihre Schultern strafften sich voller Erwartung. Da stand etwas über das Necronomicon! Würde sich jetzt endlich das Rätsel lösen?
    Atemlos begann sie zu lesen. Der erste Abschnitt beschäftigte sich mit der Entstehungsgeschichte des Necronomicons, die sie schon kannte, aber dann folgten einige Informationen zum Inhalt des Buches:
    Auch wenn das Necronomicon von einem Menschen niedergeschrieben worden ist, so gehört das Wissen, das in ihm enthalten ist, nicht in unsere Welt und verbindet uns mit einer Dimension des Bösen. Die Macht des Necronomicons darf niemals unterschätzt werden: Es ist weit mehr als ein gedrucktes und in Leder gebundenes Buch. Das Necronomicon erspürt seine Umgebung, es verändert unsere Realität, es lebt! Unabhängig davon, ob es gelesen wird oder nicht, sickert aus ihm Unheil und Fäulnis wie ein langsam wirkendes Gift in unsere Welt hinein.
    Das Buch beinhaltet zahlreiche Zauber, die die Menschen in Versuchung führen sollen, und ist mit magischen Schriftzeichen und Symbolen versehen. Auch werden im Necronomicon besonders verheißungsvolle und gefährliche Beschwörungsformeln beschrieben. Vor ihnen muss inständig gewarnt werden: Jede Beschwörung, die ein Mensch mithilfe des Necronomicons durchführt, öffnet ein Portal in die Dimension des Bösen und vergrößertdieses – bis es den Dämonen irgendwann gelingen wird, auf die Erde zurückzukehren. Dies würde das Ende der Menschheit bedeuten.
    Francesca wurde abwechselnd heiß und kalt. Die Benutzung des Necronomicons konnte das Ende der Menschheit bedeuten? Wenn das der Wahrheit entsprach, dann war das Necronomicon wahrscheinlich das mächtigste und zugleich wertvollste Buch, das es gab. Kein Wunder, dass Baldini dafür ein Geheimversteck angelegt hatte.
    Wie konnte er ihr dieses Buch nur anvertrauen? Wer das Necronomicon besaß, trug eine enorme Verantwortung. Es durfte niemals in die falschen Hände geraten! Wie sollte ausgerechnet sie, Francesca, dieser Aufgabe gewachsen sein? Selbst ihre eigene Großmutter hatte sie nur mit Mühe und Not davon abhalten können, in dem Buch zu lesen.
    Aber vielleicht würde Fiorella durch diesen Textauszug endlich klar werden, mit was für Mächten sie es zu tun hatten, und dass Baldinis Warnung nicht nur aus der Luft gegriffen war? Das war wenigstens ein kleiner Hoffnungsschimmer!
    Mit zusammengekniffenen Augen fing Francesca an, die Textstelle abzuschreiben und ihren Notizen hinzuzufügen. Diese verflixte Dunkelheit! Man hätte glauben können, dass es draußen schon dämmerte – dabei war es drei Uhr nachmittags. Hätte sie nur daran gedacht, sich Giannas Schreibtischlampe auszuborgen …
    Als sie fertig war, griff sie nach dem obersten der letzten drei Bücher. Goethes »Italienische Reise« in einer italienischen Ausgabe. Darin würde sie mit Sicherheit nichts überdas Necronomicon finden. Auch das vorletzte Buch war wenig vielversprechend – es war eine zwanzig Jahre alte Ausgabe von »Grundkenntnisse der Traumdeutung«. Francesca verzog das Gesicht. Na großartig! Stand darin vielleicht, was man dagegen unternehmen konnte, wenn man dank eines Familienfluches Nacht für Nacht von einem erschreckend realen Traumwesen verfolgt wurde, das einen quälen wollte? Wohl eher nicht. Zögernd griff sie nach dem letzten Buch.
    »Bitte, bitte, bitte«, flehte sie. »Lass mich darin etwas finden, das uns weiterhilft!«
    Mit klopfendem Herzen sah sie auf den Titel.
    Es war eine historische Abhandlung über die Zeit, in der Venedig von Napoleon besetzt worden war.
    »So ein blöder Mist«, entfuhr es ihr enttäuscht.
    Das war es also – sie hatte alle Bücher ihres Großvaters durchgearbeitet und keinen Hinweis darauf gefunden, warum das Necronomicon mit dem Familienfluch der Medicis in Zusammenhang stehen sollte. Sie hielt das Buch in der Luft und ließ ohne jede Hoffnung die Seiten durch ihre Finger gleiten. Ein vergilbter, eingerissener Zettel löste sich daraus und segelte auf die

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