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Die Schattenträumerin

Die Schattenträumerin

Titel: Die Schattenträumerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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Nonna, glaub mir doch endlich! Ich habe mir das nicht nur eingebildet!«
    Fiorella saß neben Francesca auf dem Sofa, in ihrer Miene spiegelten sich Sorge und Mitleid. »Es war alles etwas viel für dich in den letzten Tagen. Deine Albträume, der Fluch, Baldinis Tod, diese unheilvollen Bücher deines Großvaters – so etwas verkraftet man in deinem Alter nicht so einfach.« Sie legte eine Hand auf Francescas Gesicht und strich mit dem Daumen zärtlich über ihre Wange. »Deine Fantasie hat dir nur einen Streich gespielt, nichts weiter.Sieh dich doch um, alles ist in bester Ordnung. Man hört weder fremdartige Schreie, noch schlurfen Monster durch das Zimmer.«
    Ohne dass sie es verhindern konnte, stiegen Francesca Tränen in die Augen. Warum glaubte Fiorella ihr nicht? Oder … Francesca schluckte schwer. Oder hatte ihre Großmutter am Ende sogar recht? Hatte sie sich alles nur eingebildet? Begann sie, den Verstand zu verlieren? Aber sie hatte dieses Wesen gesehen, da war sie sich absolut sicher!
    Es lag an diesem Buch. Francesca schielte auf die Vitrine, in der das Necronomicon stand. Allein beim Anblick des schwarzen Buchrückens beschleunigte sich ihr Herzschlag. Seit das Necronomicon im Palazzo war, hatte sich etwas zu verändern begonnen. Etwas Unheimliches breitete sich zwischen ihnen aus und wurde mit jedem Tag stärker. Die Veränderungen mussten doch auch Fiorella aufgefallen sein! Abgesehen von Francesca wurden alle von Albträumen geplagt und tagsüber war jeder unruhig und gereizt. Das konnte nicht nur ein Zufall sein …
    »Du hast eben selbst erzählt, dass du in der Küche einen üblen Streit zwischen Luca und seinem Vater schlichten musstest«, versuchte Francesca erneut, ihre Großmutter zu überzeugen. »Und dabei ging es nur um die Frage, wer von beiden das letzte Kuchenstück bekommt. Etwas ist hier, im Palazzo, und mit jedem Tag beginnt es sich stärker auf uns auszuwirken.«
    »Ja, neuerdings geht es hier tatsächlich zu wie im Irrenhaus«, stimmte Fiorella ihr überraschenderweise zu. »Aber das liegt nur an diesem unglückseligen Umbau. Alle sindangespannt und überarbeitet. Da ist es völlig normal, dass der Umgangston gereizter wird.«
    Sie schob Francesca den Teller mit Keksen hin, den sie aus der Küche mitgebracht hatte. Doch Francesca konnte jetzt nichts essen.
    »Es ist dieses Buch«, beharrte sie. »In einem der letzten Bücher von Großvater habe ich neue Informationen über das Necronomicon gefunden. Alles, was hier geschieht, passt zu dem, was dort beschrieben steht. Baldini hat mich nicht umsonst so ausdrücklich vor dem Necronomicon gewarnt.«
    Fiorella schnaubte auf. »So ein Blödsinn! Dieser alte Narr hat dir nur eine seiner Flausen in den Kopf gesetzt. Er hatte immer schon einen Hang zu solchen Schauergeschichten.«
    Fiorellas abweisende Miene versetzte Francesca einen Stich. Mit einem Mal wurde ihr klar, wie viel es ihr bedeutete, dass ihre Großmutter ihr Glauben schenkte. Wie sollte sie, ein dreizehnjähriges Mädchen, allein gegen die Mächte aus diesem Buch kämpfen? Sie brauchte ihre Großmutter an ihrer Seite.
    »Warum bist du nur so felsenfest davon überzeugt? Du bist doch sonst immer so abergläubisch und vertraust deinen Visionen«, konterte Francesca. »Du glaubst auch an den Fluch, der über unserer Familie liegt!«
    »Das eine hat doch nichts mit dem anderen zu tun.« Fiorella schüttelte entschieden den Kopf. »Ich glaube an diesen teuflischen Fluch, weil ich all die Schicksalsschläge am eigenen Leib erfahren musste. Unser allmächtiger Herr hat mich mit diesen Visionen beschenkt, um mir gegen denFluch beizustehen. Er hat unserer Familie mit dieser Gabe seine Hilfe gesandt. Sicherlich gibt es zwischen Himmel und Erde mehr, als wir mit unseren menschlichen Augen erkennen können. Aber ich glaube nicht, dass Bücher so etwas wie eine übernatürliche Macht besitzen.«
    »Aber warum denn nicht?«
    »Bücher sind nur Gegenstände, nichts weiter. Sie sind etwas für Dummköpfe und Angsthasen.«
    Francesca sah ihre Großmutter fassungslos an. »Wie bitte?«
    »Bücher sind nur für diejenigen nützlich, die zu dumm sind, selbst aus ihren Erfahrungen zu lernen«, erklärte Fiorella im Brustton der Überzeugung. »Deswegen brauchen sie einen Schriftsteller, der ihnen eine einzige Lebensweisheit wie eine Kuh Hunderte von Seiten lang wiederkäut.«
    »Aber man kann damit in andere Welten …«
    »Ich brauche mich nicht in andere Welten zu flüchten«, fiel Fiorella

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