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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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war nur seine Corvette. Alles andere hatten ihm die letzten zwei Jahre genommen. Genauso vermisste Sarah manchmal den Trubel ihrer Familie. Dane nicht – nicht den Trubel.
    Die Heddons waren mit ihren jungen Nachbarn nach wie vor glücklich und besahen sich oft den ansehnlichen Mann, der vor gar nicht langer Zeit noch als dünnes Geschöpf durch die Felder gerannt war. Sie haben nie erfahren, was sich damals auf der Farm abgespielt hatte.
    Nachts, wenn Sarah schlief und glaubte, auch Dane täte das, lag er wach. Stundenlang grübelte er über etwas, von dem er nicht einmal wusste, was es war. Das Wort Geisteskrankheit schlich sich immer wieder in seine Gedanken – ein überaus böses Wort. Er versuchte, es durch ein anderes zu ersetzen, fand aber keines. Auch die Bemühung, das Wort aus seinem Gedächtnis zu streichen, gelang ihm nicht. Dann versuchte er, sich eine Geisteskrankheit vorzustellen, wie sie sich wohl anfühlen würde – schon alleine aus dem Grund, um sich vor diesen Merkmalen zu schützen. Letztendlich erkannte er, dass es ihm nicht möglich war, denn er glaubte, ihn leitete ein völlig normaler Verstand.
    Dass er niemals eine eigene Familie gründen konnte, machte ihm immer wieder schwer zu schaffen. Eine Adoption widerstrebte ihm gänzlich. Das Thema war erledigt. Er versuchte, alles so zu akzeptieren, wie es war und nahm sich vor, das Beste daraus zu machen.
    Sarah wusste nicht, dass Dane fast täglich nach der Arbeit zu dem Grab seiner Familie fuhr. Er wusste nicht einmal selbst, warum er es tat. Er tat es eben, wie eine Notwendigkeit, mit der man seine kranke Familie besucht.
    Was verbarg das Grab nur und holte sich so oft seine Anwesenheit? Was teilte er mit dieser Gruft? Dabei heilte alles so gut, und alles war so, wie es für ihn sein sollte: Er hatte eine wunderbare Frau, freundliche Nachbarn, ein großartiges Haus, ein kleines Vermögen und einen tollen Wagen.
    Vielleicht hatte er zu viel Gutes um sich!
     
    *
     
    Der Winter in Kansas schlug in diesem Jahr unbarmherzig zu und hielt die Temperaturen bis Anfang März weit unter Null konstant. Eine berauschende Schneedecke zwang die Menschen unablässig in ihre Wintermäntel. Bis dass das Tauwetter schließlich einsetzte. Ein Dilemma von Eis und Matsch auf den Straßen verursachte Chaos und Gereiztheit bei den Bürgern von Kansas City.
    Die Fahrt zum Arbeitsplatz in die Stadt wurde für Dane jeden Morgen zu einer Prozedur. Die kaputten Bremslichter seines Vordermannes wurden ihm dann zum Verhängnis. Zu spät sah er den kurzen Abstand und prallte scheppernd auf den Wagen. Der Gurt drückte sich schmerzhaft in Becken und Schulter. Benommen von dem Aufprall spürte er ein leichtes Schleudertrauma. Dann erschütterte ihn ein erneuter, wuchtiger Stoß von hinten.
    Dane war geschockt, als er feststellte, seine Corvette in einer Massenkarambolage verloren zu haben. Zehn Jahre tiefe Verbundenheit zu dem Fahrzeug war ihm innerhalb weniger Sekunden einfach genommen worden – durch seine eigene Unachtsamkeit.
    Er sah schon an Ort und Stelle, dass eine Reparatur nicht mehr möglich war. Er starrte seine Corvette nur an und schwieg. Der Mann, der ihm aufgefahren war, versuchte ihm lächelnd klarzumachen, dass das alles kein Problem sei. Seine Versicherung würde sich schon um eine Entschädigung kümmern. Dane sah den Mann nicht einmal an.
    Als Sarah ihn mit einem Taxi heimkommen sah, dachte sie sofort, der Wagen sei in der Werkstatt. Als sie ihm in die Augen sah, wusste sie jedoch, dass die Corvette aus seinem Leben verschwunden war. Er verlor nicht ein Wort über den Vorfall. Er weinte nicht, er schrie nicht, er fluchte nicht. Er schwieg.
    Keine Werkstatt konnte ihm helfen. Die Corvette hatte Totalschaden. Sein eigener Versuch, dem Wagen mit einem Schweißgerät zu begegnen, endete erfolglos. Er wollte doch nur diesen Wagen wiederhaben, obwohl es doch unzählige ähnliche Modelle gab. Nein, es sollte dieser Wagen sein! Er nahm sich schließlich einen Mietwagen.
    Sarah war über seine krankhafte Autoliebe sehr irritiert. Sie hielt es nicht mehr aus. Es musste ein Ersatz her. Irgend etwas, was ihn wieder begeisterte, doch er wollte kein anderes Fahrzeug als das, was völlig verbeult in der Scheune stand. Hatte Sarah denn nicht verstanden? Wie kann sie ein Bein annähen wollen, das er schon vor Wochen verloren hatte?
    Sie entschieden sich schließlich lieblos für ein zweckmäßiges Modell der Marke Chrysler, einen Chrysler Baron.
    Diese Anschaffung nahm

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