Die Scheune (German Edition)
benommen hinunter zu Sarah und Mr. Heddon. Mit starrem Gesicht betrat er die Küche und signalisierte die Aussichtslosigkeit der Lage. Mr. Heddon sackte heulend am Küchentisch zusammen. Dane zog sich müde einen Stuhl heran und ließ den Kopf in seine Arme fallen. Er spürte nichts als Leere. Mom ist tot.
Die Ärzte begannen mit der Reanimation. Es war alltägliche Routine und keine Erschütterung mehr, mittels des EKGs schließlich ihren Tod festzustellen. Die Macht des Fortschritts sollte das Leben von Mrs. Heddon auch nicht wieder zurückholen.
Sarah kochte Tee, um irgend etwas zu tun. Sie war vertraut mit der Küche und stellte drei Tassen auf den Tisch. Sie hielt sich am Wasserkessel fest und war sich bewusst, dass Mr. Heddon diese Nacht nicht mehr ins Bett ging. So stellte sie sich auf eine lange Nacht ein.
Noch bevor der Kessel pfiff, kamen die Ärzte herein und schüttelten stumm ihre Köpfe. Mr. Heddon brach erneut zusammen. Dane lag immer noch vornüber auf dem Tisch. Erst als die Ärzte wieder die Treppe hinaufgingen, um ihre Geräte einzupacken, sah Dane auf und ließ Mr. Heddon an sich heran. Eine aufrichtige Trauer drückte ihre Körper fest zusammen. Mr. Heddon spürte zum ersten Mal den Jungen von nebenan so nah an sich. Sarah nahm den Kessel vom Herd und war erstaunlich gefasst. Sie ging nach oben und besprach mit dem Notarzt den Abtransport von Mrs. Heddon durch einen Leichenwagen. Dann rief sie Reverent Nelson wegen der Letzten Ölung an. Die Heddons waren gläubige Katholiken. Sarah auch. Nur Dane nicht; er war nie gläubig gewesen.
Alle schwiegen. Die Luft schien zum Reden unerträglich dick. Der Leichenwagen kam und brachte Mrs. Heddon zu dem Unternehmen Peace by Pierson , das auch Danes Mutter vor vielen Jahren unter die Erde gebracht hatte.
Um sieben Uhr morgens rief Dane übermüdet in seiner Firma an und entschuldigte sich für diesen Tag. Er nahm sich noch drei weitere Tage frei, um Mr. Heddon bei den Formalitäten der Bestattung zu helfen. Er wusste, dass George, der Sohn aus Los Angeles, es nicht tun würde.
Vier Tage nach ihrem Tod wurde Mrs. Heddon beigesetzt.
Dane fühlte sich seitdem wie von einem Nebel umgeben. Er fand kaum noch ein Lächeln für Sarah oder eine zärtliche Geste für sie. Dabei hätte sie es so dringend gebraucht.
Wofür er Zeit fand, war das Grab seiner Familie. Sarah versuchte, wieder einmal Verständnis dafür aufzubringen und alles erst einmal zu akzeptieren. Sie sprach weder ihr Recht auf eigenen Trost aus noch sprach sie ihn auf seine Pflicht an, sie nicht zu vergessen. Sie war enttäuscht und kümmerte sich in diesen Tagen zu ihrer eigenen Ablenkung um Mr. Heddon. Sie beschloss, ihn vorerst im Gästezimmer unterzubringen. Sie hatte Angst, dass die Trauer des alten Mannes sie eines Tages vor eine bittere Tatsache stellen sollte.
*
Zwei Wochen nach der Beerdigung brach Sarah zusammen. All ihre Kraft und Standfestigkeit war aufgebraucht, und sie fand sich eines Abends mit einem Weinkrampf in ihrem Schlafzimmer wieder. Abgemagert fiel sie Dane in die Arme und wartete, dass er sie auffing. Dane bemühte sich wirklich. Er nahm sie in den Arm und fühlte sich sehr schlecht, dies nicht schon früher getan zu haben. Wie konnte er Sarah in seiner eigenen Trauer so vergessen haben? Sein Verlustgefühl für Mrs. Heddon war ihm näher gegangen als er gewollt hatte. Er drückte Sarah an sich und versuchte sie zu streicheln, aber es war so lieblos, dass sie sich wieder von ihm abwendete.
Am nächsten Morgen stand Sarah auf und kam ihren täglichen Aufgaben nach, als wäre nichts geschehen. Da war ja immer noch Mr. Heddon.
Dane stand auf, als Sarah das Haus schon gerichtet hatte und sah in den Spiegel. Sein Gesicht sah grauenvoll aus. Seine Haut war grau geworden wie die von Mr. Heddon.
Die Tage schlichen dahin.
Sarah wurde nun auch von diesem merkwürdigen Nebel eingefangen, und immer schwerer fand sie in den Tag. Sie sah Dane lustlos zur Arbeit fahren und Mr. Heddon lustlos in der Küche sitzen.
Fünf Wochen nach der Beerdigung führten sie den alten Mann wieder in sein Haus zurück. Er hatte es so gewollt. Ihr Angebot, bei ihnen wohnen zu bleiben, schlug er eigensinnig aus.
Die Auflösung von Mrs. Heddons Habseligkeiten ließ das ganze Ausmaß der Trauer erneut ausbrechen. Ihr Sohn aus Los Angeles sah seine Schuldigkeit mit einer Beileidskarte getan. Eine Geste, mit der Mr. Heddon gerechnet hatte und daher weiter keine Aufmerksamkeit
Weitere Kostenlose Bücher