Die Scheune (German Edition)
Irgendwann müssen wir das! Wie lange steht diese Angst schon zwischen uns? Ein halbes Jahr? Ein Jahr? Wo willst du es enden lassen? Wann willst du endlich anfangen, dich damit auseinanderzusetzen? Wenn es zu spät ist?“
„Es wird nicht zu spät sein! Es wird überhaupt nichts sein! Du lässt es sein! Herr Gott, hör auf, nach etwas zu suchen, was nicht da ist!“
Das Gespräch war laut, aber der Arzt mischte sich nicht ein. Es waren anscheinend wichtige Worte, die da ausgesprochen werden mussten und die offensichtlich zu Hause nicht den rechten Weg nach draußen fanden.
Die Sekretärin schaute kurz wegen der Unruhe hinein, verschwand aber sofort wieder nach einem Wink des Arztes.
Dane biss sich auf die Lippen und hielt den Atem an. Dann setzte er sich. Sarah schwieg. Dr. Carrouthers sah die Wut und die Verzweiflung von Sarah, und er sah auch Danes Sturheit. „Wie alt sind Sie, Mr. Gelton?“
Dane schaute auf und wusste mit dieser Frage nichts anzufangen. „Einundvierzig.“
„Fühlen Sie sich gut?“
„Ja!“
„Sie haben ein schönes Alter. Nicht zu jung und nicht zu alt. Genau richtig für eine gute Lebensreife, die sicherlich auch schon so manche Erfahrung mit sich gebracht hat. Ich denke, da ist man ganz gut in der Lage, ernsthaft genug herauszufinden, ob etwas nicht stimmt oder sich etwas verändert hat. Hat sich in letzter Zeit irgend etwas geändert außer den Dingen, die Sie mir eben geschildert haben? Sind Sie beunruhigt, geängstigt?“
Dane musste tief Luft holen. „Wissen Sie, die letzte Zeit war nicht leicht. Ich bin etwas gereizt und einfach nur enttäuscht.“
Zum ersten Mal in seinem Leben sprach er über seine Enttäuschung. Es gab keinen Gin mehr; Sarah hatte diese Tradition vor Monaten schon aus dem Haus verbannt, und seine Meditation fand schon lange keinen Platz mehr in seinem Leben.
Der Arzt schaute zu Sarah. „Was glauben Sie denn, sei ein Hinweis auf diese Neigungen?“
„Das weiß ich eben nicht. Ich weiß ja nicht einmal, wie es anfängt! Vielleicht Kopfschmerzen oder Konzentrationsmangel? Können Sie uns nicht ein bisschen weiterhelfen?“
Dr. Carrouthers schaute wieder zu Dane. Er wich dem Blick aus.
„Mr. Gelton, schauen Sie mich doch bitte an.“ Ihm behagte das Ausweichmanöver seines Patienten überhaupt nicht. Da schien tatsächlich mehr zu sein als dieser Mr. Gelton eben vorzugeben versuchte.
„Sie wissen, was pädophil ist?“
Dane nickte. Sicher wusste er das.
„Sind Sie pädophil?“, fragte Carrouthers direkt.
Jetzt war Dane zutiefst entsetzt. Er schüttelte verachtend den Kopf.
Carrouthers schaute genau hin und sagte: „Gut, dann werde ich Ihnen etwas über Perversionen erzählen und Sie werden es sich einfach nur anhören. Dann wird sich vielleicht schon einiges klären. Eine Perversion ist ein zwanghaftes sexuelles Fehlverhalten. Die charakterliche Eigenart kann angeboren oder erworben sein, durch Verführung oder Geisteskrankheit.“
Dane räusperte sich unwohl. Er dachte, genau wie Sarah, an die Tagebücher seiner Mutter. Sei still, flehte er seine Frau innerlich an.
„Eine Perversion setzt voraus, dass ein Orgasmus ausschließlich durch ein bestimmtes Verhaltenssystem erreicht werden kann. Eine andere Art von Sex zum Beispiel.“
Sarah schüttelte den Kopf. Fehlschlag. Sie empfand den Sex mit ihm als durchaus normal.
„Die Art des süchtigen Verhaltens kann sich im Laufe des Lebens auch ändern. Regelmäßige heterosexuelle Bestätigung kann perverse Neigungen abschwächen. Jedoch bei zwanghaften Abläufen ist das nicht mehr möglich. Als auslösende Ursache für eine Perversion muss in der Regel eine psychopathische Grundstruktur angenommen werden.“
Dane spürte Übelkeit aufsteigen.
Der Arzt sah Sarah an. Sie schüttelte wieder den Kopf. Nein, das war es alles nicht.
„Eine Heilung von einer Perversion ist sehr schwierig, da die Betroffenen selber ihr sexuelles Verhalten als positiv ansehen.“
Dane war deprimiert und zornig. Sarah ergriff das Wort: „Danke, Dr. Carrouthers. Es ist, wie Sie schon sagen, alles erst einmal eine Vermutung. Das, was Sie erklärt haben, trifft sicherlich nicht zu. Aber was können wir tun?“
Beide schauten ihn erwartungsvoll an.
„Wir warten morgen erst einmal das Blutergebnis ab. Ich werde dann vielleicht noch umfangreichere Untersuchungen durchführen, um hoffentlich eine andere Erklärung für Ihr Problem zu finden. Sie werden auch Ihren Teil dazu beitragen und Ihren Urlaub bewusst
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