Die Scheune (German Edition)
mich und zeige auch Sarah diesen Brief. Sie wird Dir eine gute Hilfe sein.
Linda und ich haben die Entscheidung getroffen, uns die Farm von den Heddons einmal anzuschauen – vielleicht nächste Woche, so Anfang August. Wir wollen Euch damit nicht terminieren, sondern alles spontan entscheiden. Ihr werdet schon merken, wenn wir aufkreuzen.
Zuvor möchte ich mich mit den Krankenhäusern in Kansas City kurzschließen und die Chance auf eine Einstellung ausloten. Dann sehen wir weiter.
Wir danken Euch für den netten Brief und verbleiben mit vielen Grüßen.
Dein alter Freund Jim
Der Brief glitt langsam aus seinen Händen, sein Blick war starr auf den Tisch gerichtet. Hatte Sarah ihm von den Tagebüchern geschrieben? Jetzt griffen sie von allen Seiten an. Wollten alle nur sein Bestes? Wo sollte das hinführen?
Er zerknitterte den Brief und schmiss ihn in eine Ecke der Küche, wo er rollend unter einem Küchenschrank verschwand.
Ein stechender Kopfschmerz durchzuckte ihn. Es holte ihn das starke Bedürfnis nach einer Dusche ein. War das eins von diesen Anzeichen? Das Verlangen war in letzter Zeit so stark geworden. Er verkniff sich den Drang und redete sich ein, dass nichts von alledem, was ich ihm geschrieben hatte, zutraf. Niemand hatte auch nur die geringste Ahnung, was er wirklich fühlte. Niemand hörte ihm richtig zu. Nun hatte er versucht, mit Sarah alles anders zu machen und es blieb doch das Gleiche, wie es schon zu Johnathans Zeiten in Glendale war.
Dane ging sich Gesicht und Hände waschen. Er hätte so furchtbar gerne geduscht. Er wollte nicht in den Spiegel schauen, tat es aber doch und sah seine müden Augen. Die Farbe seines Gesichtes war grau, die Haut wirkte alt. Ihm wurde schlecht. Erst war es nur ein Unwohlsein, dann verstärkte sich die Übelkeit. Ein Gefühl von Erregung mischte sich hinzu – ein so bekanntes Gefühl. Er wusste nicht woher es diesmal kam und versuchte, es verzweifelt zu unterdrücken. Es half nichts. Seine dunkle Macht! Das Loch! Es hatte sich über seinen Geist hinweggesetzt und den Weg in seinen Körper gefunden. Die Spur der Übelkeit führte vom Waschbecken bis zur Toilette. Er kniete davor und ließ der letzten Nahrungsaufnahme freien Lauf nach draußen. Er würgte und würgte. Blutfäden zogen sich durch den letzten abgehenden Schleim, und ein krampfartiges Gefühl im Magen ließ ihn nicht wieder hochkommen.
Wer nicht hören will muss fühlen, flüsterte das Loch.
Sarah hörte alles und griff zu einem Block am Telefon. Sie schrieb:
9. Juli 96 Erbrechen, starke Kopfschmerzen
17. Juli 96 Erbrechen, Gedächtnislücken
(Dane hat mit einem kleinen Jungen Eis gegessen)
21. Juli 96 Erbrechen
Dann ging sie in die Küche und war sicher, ihm selbst nicht mehr helfen zu wollen. Er brauchte scheinbar den tiefen Fall, um auf den Boden der Vernunft zu kommen. Sie schloss aus dem, was sie gerade im Badezimmer hörte, keine Hilfe mehr für ihn zu sein, weder durch Reden noch durch Zuhören oder Bitten. So sollte es wieder allein sein Kampf werden.
Sie fand den zerknitterten Brief unter dem Schrank und las ihn. Meine Worte erschienen ihr als eine willkommene Hilfe, und gleichzeitig lösten sie einen Schrecken in ihr aus. Sie brachte den Brief und ihre Notizen in das Schlafzimmer und legte beides unter ein Taschentuch in die mittlere Schublade ihres Nachtschränkchens. Dann befreite sie sich von der zerknitterten Kleidung und schlüpfte in ihren Hausanzug. Der war bequem und leicht, und sie war damit gewappnet, Dane den Krieg durch beißende Ignoranz zu erklären. Vielleicht einer Methode, der er jetzt wirklich bedurfte.
Damit lag sie gar nicht so falsch.
Als sie herunterkam, war Stille eingekehrt. Die Tür zum Bad stand offen; es roch säuerlich. Die Spuren seiner Krankheit waren ordentlich beseitigt worden, nur Dane war nirgends aufzufinden, weder im Haus noch in der Scheune. Der Wagen parkte auf dem Hof. Ihr fiel auf, dass sein Schlüssel fehlte. Sie sah über die Felder, aber auch da konnte sie Dane nicht entdecken. Und die Sicht war wirklich weit. Nach allen Seiten. Das brachte sie wieder durcheinander. Wieder bestimmte er das Spiel. Sie ging wieder ins Haus und packte die Koffer aus. Die Wäsche musste unbedingt gewaschen werden. Was sollte sie auch sonst tun?
Der Abend kam; die Nacht kam; Dane kam nicht.
Sarahs verspürte das Bedürfnis, die Polizei einzuschalten. Sie wünschte sich Johnathan oder mich mit einer Idee
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