Die Scheune (German Edition)
umsorgen. Auf Grund ihrer Schwangerschaft konnte ich ihr unmöglich Beruhigungsmittel geben. Ich wollte aber auch dieses Haus nicht verlassen. Immerhin war ich ein wichtiger Zeuge der letzten Geschehnisse geworden und außerdem musste Dane auch versorgt werden. Ich nahm an, dass sein kurzer Hinweis auf ein starkes Beruhigungsmittel hindeuten sollte, das er eingenommen hatte. Anders war sein Zustand nicht zu erklären. Also ließ ich ihn schlafen. Linda wollte auch nicht alleine in irgendein Hotel. Also blieb auch sie.
Die Sanitäter wollten Dane mit in das Krankenhaus nehmen, doch ich winkte ab und entschied mit fachlicher Kompetenz, ihn hier bei mir im Haus zu halten. Ich war sein Freund. Den würde er jetzt wohl am dringendsten brauchen, dachte ich. Es schien mir auf jeden Fall die beste Lösung. Ich trug immer noch eine tiefe Verbundenheit zu Dane in mir. Etwas, das sich nicht erklären ließ. Ich konnte es einfach nicht abschütteln: dieses Gefühl, ihm etwas schuldig zu sein.
Die Polizei ermittelte noch am Ort, dass Phil Cammons aus Denver kam. Damit ahnte ich, dass es sich um Sarahs Exmann handeln würde. Sie hatte mir einmal von ihrer ersten Ehe kurz geschrieben. Daher wusste ich auch, dass sie aus Denver kam. Ein Polizeiwagen nahm ihn mit. Als er aus dem Haus war, wurde es für Linda und mich erträglicher. Wir deckten Dane mit einer dicken Wolldecke zu und richteten uns in seinem Gästezimmer ein; in dem Zimmer, in dem wir schon einmal gewohnt hatten – Weihnachten vor zwei Jahren. Wie die Zeit doch verging.
Es war ekelhaft und abstoßend, den Flur zu durchqueren. Überall waren Blutspuren zu sehen. Gott sei Dank hatte die Polizei die Schlafzimmertür zugemacht.
Wir saßen dann noch bis tief in der Nacht unten bei Dane im Wohnzimmer. Er schlief tief und fest. Sein Gesicht gefiel mir immer weniger. Es hatte etwas aus der Zeit, als ich ihn vor vier Jahren im Krankenhaus in L.A. behandelte.
Ich sah die ersten grauen Fäden in seinem Haar. Sein Gesicht wirkte verspannt und viel älter als es war.
Linda schwieg und versteckte sich unter einer Wolldecke im Sessel. Ich wusste, dass ihr Danes Gegenwart unangenehm war. So setzte ich mich beschützend zu ihren Füßen und sah zu, wie eine Kerze auf dem Tisch bis zum Stumpf herunterbrannte.
*
Ich war es mittlerweile gewohnt von Dane in einen Strudel von Verwirrung gerissen zu werden, und doch stand ich immer wieder mit großer Fassungslosigkeit davor. Er zeigte am nächsten Morgen nicht ein bisschen Erstaunen über unsere plötzliche Anwesenheit. Keine Begrüßungsfreude, kein überraschtes Hallo, aber auch keine Bestürzung über die gestrigen Vorfälle. Er wirkte auf mich, als würden wir uns jeden Tag hier in seinem Haus sehen. Ich fragte vorsichtig nach, ob er mir etwas über die gestrigen Vorfälle erzählen könnte. Er gab daraufhin nur widerwillig und oberflächlich ein paar abstrakte Antworten. Aber immerhin soviel, dass ich Cammons Geständnis bestätigt bekam. Dane hatte mit der Vergewaltigung nichts zu tun. Das erleichterte mich erst einmal. Ich sah seine Anspannung an den pulsierenden Adern seiner Schläfen und vermutete, dass Dane zu verwirrt war, um an dem Ganzen die erschreckende Brutalität der Situation zu erkennen. Immerhin wirkte das Beruhigungsmedikament noch nach.
Ich selbst war erschüttert über die Ereignisse, die mich in Fields begrüßt hatten.
Was ist passiert?, fragte Dane. Warum ist alles so durcheinander?
Du hast nicht aufgepasst, zischte das Loch. Du hättest auf der Hut sein sollen.
Was habe ich falsch gemacht?
Du bist bei Hendell geblieben.
Bin ich das? Aber was war falsch daran?
Deswegen ist sie auf der Farm geblieben.
Wo ist Sarah?
Sie ist jetzt weg.
Ruhe. Dann: Neiiin!!!
Beruhige dich.
Ich kann nicht! Wo ist Hendell?
Er ist tot.
Habe ich ihn umgebracht?
Irgendwie schon.
Ich muss Sarah finden.
Lass es, Dane. Lass sie gehen.
Ich kann nicht.
Du musst.
Ich kann nicht.
Du wirst es bereuen.
Nachdem Linda und ich die Wohnung wieder einigermaßen aufgeräumt hatten, kochte sie einen starken Kaffee. Sie kannte Dane nicht wieder und sah des Öfteren mit einem besorgten Blick zu mir herüber. Ich zuckte jedes Mal mit den Schultern. Dane wirkte in sich verschlossen, zu ruhig, um wirklich ruhig zu sein. Er saß am Küchentisch und sah starr zum Fenster hinaus. Es brodelte in ihm.
„Wo ist Sarah?“, fragte er schließlich.
„Sie haben sie in eine Klinik zur Beobachtung gebracht. Sie brauch erst
Weitere Kostenlose Bücher