Die Scheune (German Edition)
einmal Ruhe.“
„Ich muss zu ihr.“ Sein Ton war unnatürlich ruhig.
Ich versuchte ihm beizustehen: „Das kannst du auch. Aber erst einmal brauch sie etwas Ruhe. Das wird ihr gut tun. Morgen fahren wir zusammen zu ihr und schauen, wie es ihr geht.“
„Ich muss jetzt zu ihr. Wo ist sie?“
„Sie wird erst von Ärzten und Psychologen betreut. Dann darfst du zu ihr. Aber du kannst anrufen und nach ihrem Befinden fragen. Da hat sicherlich niemand was dagegen.“
Ich gab ihm einen Zettel, auf dem ich die Klinik mit dem entsprechenden Anschluss notiert hatte.
Ein nervöses Zucken durchfuhr Danes Gesicht. Linda zog sich ins Wohnzimmer zurück. Ich holte den Kaffee von der Maschine und bat Dane, eine Tasse mit mir zu trinken. Da war einiges zu klären, mehr als nur der gestrige Tag. Wie sah sein derzeitiger Gesundheitszustand aus? Sein letzter Brief war besorgniserregend gewesen. Aber wie immer ließ Dane nichts an sich heran. Stattdessen ließ er mich alleine am Tisch sitzen und durchwühlte eine Schublade in der Küche. Er holte einen alten Schlüssel hervor und warf ihn mir nahezu verächtlich vor die Kaffeetasse. Der Schlüssel zur Heddon-Farm, wie er knapp bemerkte. Er hatte sich also doch Gedanken gemacht. Jetzt fühlte auch ich mich arg irritiert. Dane trank hastig im Stehen eine Tasse Kaffee und verließ schweigend das Haus.
Ich redete mir ein, er brauche sicherlich einen Spaziergang und ging nichtsahnend zu Linda, die auf dem Sofa lag. Plötzlich hörte ich vom Hof den Motor meines Wagens aufheulen und sah noch die Staubwolke, die er aufwirbelte, als er die Farm verließ. Ich fühlte in meinen Hosentaschen. Mein Autoschlüssel war verschwunden!
Dane fuhr natürlich zum Krankenhaus, in dem Sarah lag. Ich hatte ihm ja die Adresse auf dem Zettel geliefert.
Die Dame an der Information in der Eingangshalle verwies ihn in den dritten Stock zur gynäkologischen Abteilung. Dort wurde er wider seinen Willen zum Warten aufgefordert, bis der zuständige Arzt, Dr. Recon, zu ihm kam. Dane stand auf, als er den Arzt kommen sah und ging ihm nervös entgegen. Sie begrüßten sich mit einem kurzen Nicken. Dane fragte nach Sarahs Befinden. Dr. Recon versuchte, ihn zu beruhigen und fragte überrascht, ob er die Nachricht nicht bekommen hätte, dass Sarah heute nicht zu sprechen sei. Dane überhörte die Worte und bestand weiter darauf, seine Frau zu sehen.
„Bleiben Sie mal ruhig, Mr. Gelton. Ihre Frau ist stark, das haben wir schon gemerkt. Eine Psychologin unterhält sich gerade mit ihr. Da wäre es nicht so gut, wenn Sie hinzukämen.“
Das Wort Psychologin ließ ihn schaudern. Jetzt wühlten sie auch schon in ihr herum! Das konnte nicht rechtens sein, denn wenn sich jemand mit Sarah zu unterhalten hatte, dann war es ganz gewiss kein anderer als er selbst, ihr Mann.
„Aber sie ist meine Frau!! Ich will sie sehen!!“, fuhr Dane den Arzt an.
„Ruhig, Mr. Gelton. Ich kann Sie ja verstehen, aber bitte verstehen Sie auch uns.“
In diesem Moment eilte eine große schlanke Frau auf den Gynäkologen zu und tauschte sich im Flüsterton mit ihm aus. Dane spürte die Blicke der Frau, die ihn abzuschätzen versuchten, was ihm sehr missfiel. Er konnte seine Unruhe kaum unter Kontrolle halten. Der Wagenschlüssel flog von Hand zu Hand, und ein Zittern durchfuhr seinen ganzen Körper. Alle seine Mühen, dem Gespräch eine Mitteilung abzujagen, misslangen. Die Frau ging genauso grußlos, wie sie gekommen war. Dr. Recon nahm Dane zur Seite in das Wartezimmer und sah ihn mit ernster Miene an. „Mr. Gelton, jetzt hören Sie mir bitte mal zu. Ihre Frau braucht heute viel Ruhe. Verstehen Sie das?“
„Kann ich sie sehen? Ich möchte zu ihr!“
„Nein!“
„Was?“
„Sie verstehen mich offensichtlich nicht. Sie sind sehr unruhig, und ich möchte, dass Sie sich erst einmal beruhigen. Ihrer Frau geht es gut, aber sie kann heute keinen Besuch verkraften. Bitte, verstehen Sie das!“
„Nein!“, schrie Dane. „Ich bin ihr Mann! Sie kann doch wohl ihren Mann verkraften!“ Seine Blicke irrten ziellos durch das Wartezimmer. „Das kann ich nicht verstehen! Ich möchte sie jetzt und hier sehen! Es ist sehr wichtig für mich!“ Er versuchte sich an dem Arzt vorbeizudrücken, wurde aber mit einem Griff des Arztes am Arm zurückgehalten. Ihre Blicke trafen sich. Jeder spürte den heißen Atem des anderen. Wütend schüttelte Dane die Hand des Arztes von sich. Keiner hatte ihn anzufassen und schon gar nicht so ein
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