Die Scheune (German Edition)
mich an, mit ihr zu kommen, aber ich konnte nicht. Dabei hatte sie so recht gehabt. Ich konnte wirklich nicht. Ich wollte für Dane da sein, der mich meines Erachtens nach jetzt mehr brauchte als Linda.
Fehler!
Dane war immer noch unter der Dusche, als Linda die Farm verließ. Ich hatte sie im Ramada Inn in der Stadt eingebucht und ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange beim Abschied gedrückt.
Nun saß ich in der Küche und wartete, dass Dane die Dusche verließ. Wie würde er mir begegnen? Sollte ich die Polizei rufen? Er hatte mich schließlich angegriffen, irgendwie. Ich hatte nichts in der Hand, was ich als Beweis vorlegen könnte. Niemand würde ihn festnehmen, weil er seinen Wagen demoliert hatte.
Die Dusche verstummte. Dane kam heraus und sah kurz zu mir an den Küchentisch herüber.
„Es tut mir leid“, sagte er leise und ging nach oben in sein Schlafzimmer. Mehr konnte er dem nächtlichen Vorfall nicht abringen. Ich rief ihm nach, aber er verriegelte die Tür von innen.
Dane lag mit offenen Augen im Bett. Er empfand sein Gefühl als unbeschreiblich: Ein Gemisch aus Wut und Genugtuung zugleich holte ihn ein.
Du hast den Chrysler immer gehasst, sagte das Loch. Dr. Recon war ungerecht zu dir. Es ist ungerecht, dass Sarah dich nicht sehen will. Dr. Hendell ist tot. Alles ist Sarahs Schuld. Mit ihr ist nur Unheil in dein Leben gekommen.
Dane presste sein Gesicht in die Kissen, damit niemand im Haus sein Weinen hörte.
*
Am nächsten Morgen bemerkte Dane , dass Sarah nicht neben ihm lag. Er hörte das Geschirr von unten klappern. Der Duft von frischem Kaffee stieg ihm in die Nase. Er dachte, dass Sarah schon auf war und das Frühstück richtete. Dann sah er den Blutfleck auf dem Teppich und die Kreidestriche der ummalten Leiche von Dr. Hendell. Wie ein Blitz holte ihn die Wirklichkeit wieder ein. Sarah war gar nicht da! Sein Herz raste. Wer war unten und klapperte mit seinem Geschirr? Wer war in seinem Haus?
Dane sprang aus dem Bett und lief zum Flurfenster. Unten stand ein alter Chevy vor dem Haus. Dann erinnerte er sich an mich.
Ich hatte den Wagen heute Morgen von der Polizei erfassen lassen und war ihn mit einem Taxi abholen gefahren.
Dane lief zurück ins Schlafzimmer. Er sah zu Boden, und der Alptraum von gestern hatte ihn wieder. Er riss das frische Bettlaken herunter, das Linda gestern aufgezogen hatte, um irgendwelche Spuren der Vergewaltigung von Sarah zu beseitigen. Er fand also keine Hinweise; die Matratze war sauber, genau wie alles andere in dem Bett. Es musste doch etwas zu finden sein, etwas, was seiner aufkommenden Wut einen Grund geben könnte. Dass er nichts fand, war für ihn überhaupt nicht in Ordnung. Wütend schmiss er die große Matratze seitlich aus dem Bett. Sie rempelte Sarahs Nachttischlampe um und schlug gegen ihren alten Frisiertisch, den sie stets mit viel Liebe gepflegt hatte. Ein Erinnerungsstück aus ihrer alten Wohnung in Denver. Glasfläschchen und Cremedosen landeten scheppernd auf dem Boden.
Ich hörte das Geschepper und schaute besorgt nach oben, unschlüssig die Polizei zu rufen. Doch was sollte ich tun, wenn Dane mich wieder angreifen würde – anders als gestern vor der Scheune, endgültiger. Ich versuchte, mich zunächst zu beruhigen. Dane würde mich niemals ernsthaft angreifen, ich war sein Freund.
Dane wusste nicht, wie er das Messingbett zerlegen sollte. Er hasste es vom ersten Tag an. Das Bett seiner Eltern, seines Vaters! Nun hatte auch er drei verfluchte Jahre darin geschlafen, und es war grausam gewesen; es war Sarah zuliebe gewesen. Das war es! Der Gedanke daran gab ihm eine gigantische Kraft. Er riss und zerrte an dem Gestell solange herum, bis es in vier Teile zusammenfiel. Dann öffnete er das Fenster und schmiss es hinaus. Es zermalmte das gesamte Gemüsebeet von Sarah. Dane stieß einen Schrei der Erleichterung hinterher und befreite seine Stirn vom Schweiß. Erledigt.
*
Sarah hatte diese Nacht sehr unruhig verbracht und auch Beruhigungsmittel abgelehnt. Sie wollte wieder Klarheit in ihr Leben bringen. Die Vergewaltigung von Phil hinterließ keine sonderlichen Narben, da sie diese Prozedur fast vierzehn Jahre lang ertragen hatte. Ihr größter Schock war Dr. Hendells Tod, von dem sie gestern Abend noch erfahren hatte. Sie fühlte sich jetzt mitschuldig, aber auch wieder ganz allein. All ihre Hoffnungen endeten in einer Sackgasse. Sie dachte an Dane, zog es aber vor, ihn in nächster Zeit nicht zu sehen.
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