Die Scheune (German Edition)
Makeln ist. Glauben Sie mir einfach. Was ich bisher hier gesehen und gehört habe, ist mir sehr bekannt. Das werden Sie nicht verstehen, aber vielleicht kann ich Sie noch davon überzeugen, dass hier ein falsches Spiel von Seiten Ihres Freundes läuft. Ich will ihm gewiss nicht die Grausamkeit des Überfalls absprechen, um Gottes Willen, aber ich werde versuchen, Sie davon zu überzeugen, dass sein jetziger Zustand von ihm gesteuert wird – bewusst gesteuert. Was Sie bisher im Krankenhaus erlebt haben, ist nichts Ungewöhnliches. Mit welchem Hintergedanken auch immer. Sind die Hintergründe des Überfalls aufgeklärt worden?“
„Nein, sind sie nicht.“ Wut kroch in mir hoch.
„Dieser Mann, der jetzt vor uns liegt und Ihr bester Freund ist, kann uns die Hintergründe hundertprozentig sagen. Ein Patient mit solch einem Verhalten, wie Sie es mir geschildert haben, kann nicht so meditieren. Das ist völlig widersprüchlich, dann wäre er auch in der Lage, seine Augen zu öffnen und mit Ihnen zu reden, was er ja offensichtlich nicht tut. Meditation heißt Beherrschung, Beruhigung, Insichkehren. Hier stimmt was nicht.“
„Vielleicht meditiert er in den wenigen Sekunden geistiger Klarheit, um wieder zu sich zu kommen. Vielleicht sprechen Sie ihm eine ungeheure Bemühung um seine Gesundung ab.“
Ich kann nicht mehr!, schrie Dane.
Du musst durchhalten!, schrie das Loch zurück.
Ich kann nicht mehr!, schrie Dane.
Durch dieses Zwiegespräch mit dem Loch veränderte sich sein Emotionszustand und somit die High-Tech-Aufnahme. Das warme Rot überließ einer giftigen Grünfarbe den Vortritt. Der Professor nahm diesen Prozess sofort wahr und unterbrach das Gespräch. „Sehen Sie das? Das meine ich. Das ist unglaublich!“
Ich starrte auch auf den Monitor.
„Wir unterhalten uns hier über das Leben von Mr. Galloway, und die ersten Reaktionen zeigen sich. Diese gravierende Veränderung zu dem Bild von eben zeigt uns, dass er uns jetzt zuhört und versteht, ansonsten würden die Farben konstant bleiben. Er ist gegenwärtig, er ist jetzt wach. Er hat sich aus der Meditation gelöst. Diese grüne Farbe zeigt uns, dass er momentan emotionale Reize ausblendet. Die Veränderung, verstehen Sie?“ Der Professor sah mich erfreut an. Ich verstand wieder einmal nichts, spürte nur Wut in mir.
„Wenn sich das Bild verändert, nimmt er Reize auf. Er hat unser Gespräch aufgenommen und reagiert. Das Bild hat sich eben neu formiert. Allerdings etwas ungewöhnlich.“ Der Professor redete jetzt langsamer und konzentrierter. „Über was sprachen wir gerade? Seine Vergangenheit? Die aktiven Wärmezonen, die sich jetzt eigentlich bei diesem Thema zeigen müssten, weisen nur minimale, fast gar keine Anzeichen von Wärme auf. Ich werde es Ihnen kurz erklären.“
Das musste er. Schon alleine, um meine Wut zu zügeln.
„Bei den meisten Menschen lösen gefühlsbeladene Begriffe wie Kindheit, Eltern, Geschwister, Jugend oder Vergangenheit erhöhte Aktivitäten in der Schläfengegend aus. Dies wäre auf dieser Aufnahme durch eine rote Farbe gekennzeichnet. Man spricht dann von Emotionen im Bild. Bei Ihrem Freund zeichnet sich eine sogenannte Kälte ab – eine grüne Farbe. Er hört uns, ganz sicher. Das erklären die veränderten Farbschattierungen der Aufnahme. Die können nur während einem Wachzustand stattfinden. Sein Gehirn reagiert aber nicht normal auf den emotionalen Reiz unseres Gesprächs. Es lässt Kälte zustande kommen, die zeigt, dass etwas nicht in Ordnung ist, etwas, was ihn abstößt, kalt lässt. Was er nicht wissen will. Sagten Sie nicht eben, dass er nie über seine Vergangenheit redet?“
Ich nickte benommen. Meine Wut wechselte in Beklommenheit.
„Weil sie ihn abstößt. Das ist ... das, was ich Ihnen zu erklären versucht habe. Er will damit nichts zu tun haben, mit dem Gefühl, das damit verbunden ist. Es muss eine schlechte Zeit für ihn gewesen sein. Wir sollten uns weiter unterhalten und sehen, was passiert. – Aber warten Sie, ich hole kurz das Testergebnis seiner Genbestimmung hinzu. Sie wissen, durch die Blutabnahme gestern Abend haben wir uns herausgenommen, seine Gene zu bestimmen. Sie wollen ja schließlich ein Ergebnis haben, wenn Sie wieder nach Hause fliegen.“
Ich sah mich nicht mehr in der Lage, der Sache zu folgen.
Hastig schepperten die Finger des Professors auf der Tastatur herum.
Ich erhoffte mir gewiss eine Hilfe, aber nicht die, die ich nun erfuhr.
Tausende von Zahlen
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