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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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wartete, taxierte er neugierig die Eingangshalle. Die Hitze in ihm ließ nicht nach. Oder war es die heiße Jahreszeit?
    Er hörte Schritte. Ein großer Mann mit blondem Haar, Mitte zwanzig, erschien und stellte sich als Rhyan vor. Sie gingen gemeinsam über die Treppen in das zweite Stockwerk. Ein langer, mit rotem Teppich ausgelegter Flur führte ihn an unzähligen, nummerierten Zimmern vorbei und endete vor der Nummer 68. Rhyan schloss leise auf und wies mit der Hand einen gestatteten Eintritt.
    Die Luft war frisch, das Zimmer gemütlich und gegen Nachmittag sonnig. Dane stellte die Tasche zur Seite und schaute sich um. Die Tagesdecke war passend zu den Farben der Gardinen und des Sessels vor dem Fenster gewählt worden. Rechts ein großer Kleiderschrank, links ein breites Bett. Die Spätnachmittagssonne tauchte das Zimmer in eine Oase der Ruhe und Entspannung. Dann erschrak ihn ein Blick durchs Fenster. Gitter verhüllten es. Da – eine Videokamera befand sich über der Zimmertür. Dane schnappte nach Luft. Mit fragenden Blicken starrte er Rhyan an.
    „Erschrecken Sie nicht, Mr. Galloway. Das sind nur Sicherheitsmaßnahmen für die Patienten. Hin und wieder kommt es auch hier zu Situationen, wo das alles notwendig wird. Außerdem schreibt es das Gesetz der Versicherung vor. Wenn Sie verstehen, was ich meine.“
    Verstand er das?
    „Wir können die Kamera bei Dringlichkeit einschalten und somit rechtzeitig helfen. Das ist wie mit kleinen Kindern. Kurz vor dem Trockenwerden donnern sie noch mal kräftig in die Hose, zur Verzweiflung aller Mütter. Seien Sie nicht beunruhigt. Niemand versucht Ihnen nachzuspionieren. Hier ist Ihr Schlüssel.“ Rhyan reichte Dane den Zimmerschlüssel.
    „Haben Sie noch Fragen? – Ach, ja, Sie sprechen ja nicht. Ich werde lernen, mit Ihnen auch so auszukommen. Geben Sie mir eine Chance, okay?“
    Dane schwieg und starrte ihn weiter unvermindert an. Seine Gedanken schienen abwesend.
    „Mr. Galloway? Übrigens, herzlich willkommen. Sie werden es hier sicherlich schaffen. Alles braucht halt seine Zeit. Hier laufen übrigens ganz dufte Typen rum. Haben Sie keine Scheu, sich zu den netten Frauen zu setzen!“ Rhyan zwinkerte und ging.
    Frauen?
     
    Wo ist Joan?, fragte Dane.
    Sie hat sich davongemacht, sagte das Loch.
    Was hat sie gesehen?
    Nicht der Rede wert.
    Was hat sie gewusst?
    Auch nicht der Rede wert.
    Wie kannst du so sicher sein?
    Weil ich auch ihre Welt kenne.
     
    Dane stellte seine Tasche ab und setzte sich aufs Bett.
     
    Was soll ich jetzt tun?, fragte Dane.
    Schmiede einen Plan, empfahl ihm das Loch.
    Ich soll also hier das Ende meines Spiels planen.
    Genau.
    Das heißt, ich werde ihn hier töten.
    Genau.
    Darf ich wieder sprechen?
    Nein, das darfst du nicht.
    Warum?
    Weil die Ärzte hier zu viele Fragen stellen.
    Aber das wird niemals aufhören. Ich muss mir eine Geschichte ausdenken, die ich erzählen kann.
    Das Loch lachte. Ja, das solltest du.
     
    Dane ließ sich nach hinten in die Kissen fallen und schlief ein, erschöpft und traumlos. Knapp eine Stunde später klopfte Rhyan an seine Türe. Er gab zum Abendessen Bescheid.
    Eine Routine begann.
     
     
    1984. Neun Jahre früher.
    Glendale / Kalifornien. Dane, 29 Jahre.
    Dane lag mit offenen Augen im Bett. Er dachte an seine Begegnung mit dem Lochschaufler vor einer Stunde im Park.
    „Das Spiel hat eine Pause“, hatte Dane in die Nacht geflüstert. „Es ist langweilig. Wir sollten etwas verändern, etwas wirklich Großes daraus machen. Machen wir eine Mutprobe daraus. Zusammen.“
    Der Lochschaufler sah ihm vom Boden aus liegend an. Dane kniete auf seiner Brust und hielt ihm die eigene Waffe an die Stirn.
    „Ich hätte dich längst gehabt, wenn ich es gewollt hätte“, stammelte der Mann unter Dane. Der Druck auf seine Brust war schmerzhaft.
    „Das ist eine Kunst, mein Lieber“, lächelte Dane ihn an.
    „Was hast du großes vor?“, fragte der Lochschaufler und hatte Atemnot.
    Dane näherte sich seinem Gesicht und begann zu flüstern, während er die Waffe mit einen Klick entsicherte.
    Der Schuss peitschte in die Nacht hinaus. Er hinterließ ein klaffendes Loch im Asphalt, unmittelbar neben dem Schädel seines ärgsten Feindes. Aus dessen rechter Gesichtshälfte trat Blut von den zersplitterten Steinen, die aufgeflogen waren. Sein rechtes Ohr war seitdem taub.
     
     
    1993. Neun Jahre später.
    Dallas / Texas. Dane, 38 Jahre.  
    Sarah sah ihn in einer Ecke des Essraumes sitzen. Sie wollte so gerne zu ihm

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