Die Scheune (German Edition)
Wohnraum auf dem Sofa, weil ihm sein Zimmer im ersten Stock unheimlich erschien.
Die Liebe zu seine Mutter wurde durch die Krankheit noch stärker, aber auch quälender. Seinen ganzen Verdienst gab er für ihre Behandlung aus. Ihm blieb kaum etwas zum Leben. Aber das war ihm egal, denn das war es wert, wenn er sie damit nur wieder gesund machen konnte.
Es machte sie nicht mehr gesund, das wusste er, aber wahrhaben wollte er es nicht. Es verging nicht ein Tag ohne Angst – Angst vor einem Anruf mit der Nachricht ihres Todes. Dann kam eine noch stärkere Angst dazu, nämlich nicht bei ihr gewesen zu sein. Hin- und hergerissen zwischen Arbeit und Besuchen bei seiner Mutter im Krankenhaus, vergrub er sich nachts stundenlang in irgendwelchen Büchern, weil der Gedanke an ihren herannahenden Tod ihm den Schlaf unmöglich machte. Die Sorge brachte sein Zeitgefühl völlig durcheinander.
Seine Mutter starb in dem Jahr, als er gerade dreiundzwanzig geworden war. Zu seiner tiefsten Enttäuschung alleine in der Nacht im Krankenhaus von Kansas City. Es hatte Dane den Verstand geraubt, dass ihn niemand rechtzeitig benachrichtigt hatte. Er war nicht einmal mehr in der Lage, vernünftig mit dem Arzt darüber zu sprechen. Seine Familie war jetzt ausgerottet und hinterließ nichts anderes als eine große, schwarze Leere in ihm.
Die Beerdigung brachte nur wenige Nachbarn an Samantha Geltons Grab. Es floss weder eine Träne noch wechselte man ein Wort. Stumme Gesichter blickten auf Dane. Er ließ sie teilnahmslos auf sich ruhen. Gut gemeinte Angebote von Nachbarn, die ihm helfen wollten, hörte er nicht, flogen an ihm vorbei, als seien sie Luft.
Am Friedhofstor sah Dane gedemütigt in den Himmel und schrie so laut, dass alle es hören konnten: „Gott? Wo?!“ Dann stieg er in den alten Pickup seines Vaters und fuhr geradewegs zurück zur Farm.
Dane spürte nichts weiter als kalten Hass, als er die Farm ein letztes Mal betrat. In dem alten Sekretär seiner Mutter fand er Schreibpapier und Umschläge und schrieb seine Kündigung an die Druckerei Beaman. Dann suchte er seine Kleidung zusammen und stopfte sie in zwei Koffer.
Über die abgeernteten Felder konnte Mr. Heddon, sein Nachbar, sehen, wie der alte Pickup die Gelton-Farm für immer verließ.
Blind vor Trauer und Verzweiflung irrte Dane tagelang umher. Er durchquerte die Staaten Colorado, Arizona und Nevada. Bis ihn schließlich der Weg an die Westküste führte. Dort fuhr er wieder tagelang entlang, übernachtete in seinem Pickup am Strand und ernährte sich von Fastfood. Bis er schließlich in Glendale landete. Der Ort gefiel ihm irgendwie. Er verkaufte kurzentschlossen den Wagen und entledigte sich damit eines weiteren Teils seiner Vergangenheit. Von dem Geld konnte er die Kosten für eine Unterkunft tragen. Er beschloss, auch seinen Familiennamen abzulegen. Das wurde allerdings etwas komplizierter. Die Ausbildung in der Druckerei hatte ihm Tricks und Möglichkeiten für die Herstellung eines echt aussehenden Ausweises beigebracht. Schon in der vierten Nacht in Kalifornien wurde aus Gelton Galloway.
Er ging auf Stellensuche.
Tagelang durchstöberte er die Tageszeitungen, führte Vorstellungsgespräche und stritt sich mit Menschen herum, die ihm keine Chance geben wollten. Dann brach er sich das Bein und war nicht versichert. Damit ging er seinem finanziellen Ruin entgegen.
Im Krankenhaus wurde er der Behandlung von Dr. Jim Clark unterwiesen. Ich schaute recht dumm, als ich zu hören bekam, dass der Patient seine Behandlung nicht bezahlen könne. Mit der Frage warum setzte ich dann seine Lügenwelt in Gang. Nicht dass er log, nein, er erzählte mir nur nicht die ganze Wahrheit. Er wäre von zu Hause ausgezogen und nun auf der Suche nach einem Job. Er wäre mittellos und würde alles tun, um auf eigenen Beinen zu stehen. Unser erstes Gespräch war lang und für mich sehr aufschlussreich. Er bot mir einen Schuldschein an. So etwas hatte ich noch nie erlebt und fand es irgendwie spannend. Der Kerl vor mir hatte eine Entschlossenheit an sich, die mir gefiel. Er konnte es seiner Hartnäckigkeit verdanken, dass ich mich an Johnathan Gepart, einen Freund meines verstorbenen Vaters erinnerte. Ich wusste, dass er schon lange den Traum hegte, ein eigenes Lokal zu besitzen. Mit Dane könnte er den Partner gefunden haben, den er brauchte, denn Dane besaß den Kampfgeist, der Johnathan zu dem Projekt fehlte. Dafür besaß Johnathan alle Kenntnisse, um ein Lokal aufzubauen und zu
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