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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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Tuberkulose starb. Dane hatte sie bis zu ihrem Tode in einem Krankenhaus gepflegt und ist dann sang- und klanglos verschwunden. Die Farm steht seitdem leer und ist total verkommen. Ist das unser Dane?“
    „Ja, total!“, rief ich in den Hörer, einem Freudentanz nahe. „John, wir kommen gut voran. Es geht ihm übrigens recht gut.“ Ich sah wieder zu Mrs. Buit herüber und schickte ihr einen zweiten Luftkuss. Verlegen sah sie wieder weg. Ich fühlte mich wie ein Ritter nach gewonnener Schlacht. Dass die größte Schlacht noch vor mir lag, erfuhr ich erst in der folgenden Nacht.
     
    *
     
    Als Dane am Abend unser Zimmer wieder betrat, war ich am Tisch eingenickt. Dane sah in die Aufzeichnungen, die offen vor mir lagen.
    Schon alleine das Wort Gelton erregte sofort seine Aufmerksamkeit.
     
    Will und Samantha Gelton
    Jeff, Dane, Kevin Gelton
    Kevin??
    Will Gelton, Militärstützpunkt
    Toronto / Kanada, Einheit PSI 133852
     
    Schmerzhaft drängten sich die Namen seiner Familie wieder in sein Gedächtnis. Die Erinnerung an sie brachte ihn ins Taumeln. Er rieb mit seinen Zeigefingern an der Schläfe und begann, leise auf sich einzureden: „Wer ist Kevin? Wer ist Kevin? Wer ist Kevin?“
    Dane schloss die Augen. Dunkel baute sich vor seinem inneren Auge die Leinwand der Vergangenheit auf. Ein dunkles Loch formte den Eingang zum Tunnel. Es dauerte etwas, da hörte er ganz tief im Tunnel ein Baby schreien. Dann sah er die Frau am Fenster, ihren geschwängerten Bauch. Jetzt erkannte er sie!
     
     
    1959. 34 Jahre früher.
    Valley Falls / Kansas. Dane, 4 Jahre.
    Seine Mutter schrie! Herzzerreißend! Es waren Schmerzensschreie ohne Ende! Dann schrie das Baby, frisch geboren, und die Hebamme rief nach unten: „Es ist wieder ein Junge, Mr. Gelton!“
    Dane saß unten in der Küche bei seinem Vater am Tisch. Ein Bruder! durchfuhr es den Vierjährigen. Er hatte endlich wieder einen Bruder! Jeff war seit vielen Wochen nicht mehr da, und er vermisste ihn so sehr. Sein Vater hatte etwas von einer Sonderschule außerhalb der Stadt gesagt, dann aber nie wieder über Jeff gesprochen.
    Er wusste nicht, dass Dane ihn des Nachts nach seinem ersten Missbrauch beobachtet hatte, oben von seinem Fenster aus, das im hinteren Teil des Hauses lag. Dane hatte in der Nacht auf seiner Fensterbank mit großen Schmerzen gesessen und einfach nur ins Dunkle gestarrt. Dann hatte er gehört, wie jemand unter seinem Fenster ein Loch gegraben und etwas Schweres hatte hineinfallen lassen. Er konnte dem Vorgang keine logische Erklärung beimessen und gab sich am nächsten Tag mit der Antwort zufrieden, es sei ein alter, streunender Hund gewesen. Das war nichts Ungewöhnliches; ihnen lief öfter ein verirrtes Tier zu. Am nächsten Tag ging Dane nachschauen, konnte aber das zugeschüttete Loch zwischen all den Grasbüscheln nicht wiederfinden. Sein Vater hatte saubere Arbeit geleistet.
    Als Dane die Freude seines Vaters nun über den Neugeborenen sah, verging ihm sofort seine eigene. Er dachte an all die Zwischenfälle in der Scheune, seit Jeff weg war. Es war der Beginn seines Martyriums. Er hasste seinen Vater dafür, aber die anerzogene Gehorsamkeit ließ ihn in Stillschweigen und Willenlosigkeit verharren.
    Du wärst besser tot!, dachte Dane plötzlich, als er das Baby wieder schreien hörte. Seine reifen Gedankengänge machten ihm oft Angst.
    Körperlich war Dane immer stark zurückgeblieben. Schwächlich und klein wie er war, wurde er in der Schule viel gehänselt. Die Kinder aus der Nachbarschaft nannten ihn Eichhörnchen . Sein Appetit war unscheinbar. Er aß lieber frisches Obst vom Apfelbaum, der im hinteren Teil des Gartens stand, als mit seinem Vater am Mittagstisch. Andere Nahrung nahm er durch die Liebe seiner Mutter auf, wenn sie ihn auf den Schoß nahm und an sich drückte. Sie erzählte dann, wie sie ihn in der Scheune auf die Welt gebracht und sich direkt in ihn verliebt hätte. Sie erzählte ihm von Engeln, die im Himmel lebten und dabei zugeschaut hätten. Sie sang sanfte Lieder und streichelte ihn oft bis in den Schlaf. Sein Entschluss, sie später einmal zu heiraten, stand fest, dann, wenn Dad nicht mehr da sein würde. Dann lächelte sie immer und gab ihm das Jawort.
    Ob die Engel auch sahen, was in der Scheune passierte?
     
     
    1993. 34 Jahre später.
    Dallas / Texas. Dane, 38 Jahre.
    Als ich wach wurde, saß Dane apathisch wippend auf dem Bett. Er war blass und zitterte. „Woher hast du all die Namen?“, fragte er leise.
    Ich

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