Die Scheune (German Edition)
Ihr erstes gemeinsames Fest verbrachten sie bei den Heddons, denn ihr Haus glich immer noch einer Baustelle. Die Küche und das Wohnzimmer waren noch nicht eingerichtet.
Im Neujahr schrieb Sarah ihren ersten Brief nach Hause und teilte darin alles mit, was sie hier auf dieser Farm erlebte. Ihre Eltern waren weiterhin misstrauisch und bestanden darauf, dass Sarah ihren Wohnsitz in Denver noch behielt. So wollten wenigstens sie noch eine vernünftige Entscheidung für ihre Tochter treffen. Zumal sie den Mann an der Seite ihrer Tochter immer noch nicht kannten.
Dane war mit der Entscheidung nicht einverstanden, aber er schwieg. Er wusste, dass er ihr Zeit lassen musste. Ihre Liebe zu dem Haus war inzwischen so stark geworden, dass er sich über ihre Entscheidung keine Gedanken mehr machte. Und so bemerkten beide, dass diese Zeit wohl eine ihrer glücklichsten sein würde.
Dane verlor sein abgemagertes Antlitz. Seine Wangen wurden fülliger und unterstrichen damit seine glücklich strahlenden Augen. Sein Körper bekam wieder die sportliche Haltung von früher. Er sah fantastisch aus.
So hatte Sarah sich ihr Leben immer vorgestellt: An der Seite eines Mannes, der einfallsreich, aktiv, humorvoll und vor allen Dingen unermüdlich ist. Dane war das alles. Sarah konnte sich nicht mehr vorstellen, jemals wieder ohne ihn zu leben. Die Nächte mit ihm waren leidenschaftlich und schön im Bett seiner Eltern, das er innerlich verabscheute.
Wenn Sarah sich nicht so sehr an dem schnellen Fortschritt der Dinge erfreut hätte, wäre ihr schon bald aufgefallen, mit welchem Fanatismus Dane die Sache betrieb.
An eins dachten sie nie: an die Zeit nach der Arbeit. Was, wenn das Haus einmal fertig werden würde? Der nahende Frühling gab ihnen keine Gelegenheit, darüber nachzudenken. Sie waren viel zu sehr mit ihrem Glück beschäftigt.
*
Sarah wollte ihre Wohnung in Denver immer noch nicht aufgeben. Dane konnte nicht abschätzen, ob es der Einfluss ihrer Eltern oder Sarahs Angst war, es könnte noch etwas schief laufen. Es machte Dane auf jeden Fall mit jedem weiteren Tag zu schaffen. Was wollte sie noch von ihm? Was fehlte, was er ihr nicht bieten konnte? Nun lebten sie seit fast einem Jahr als Paar auf dieser Farm und richteten ein Heim auf Lebenszeit her, und sie konnte sich nicht entscheiden, diese verdammte Verbindung zu ihrer Wohnung nach Denver abzubrechen. Es machte ihn wahnsinnig. Es kam ihm vor, als wartete ein anderer Mann auf sie, der sie auffangen würde, wenn er sich einen Fehler erlauben würde. Dane erlitt einen unerträglichen Druck der Eifersucht und arbeitete sich um Kopf und Kragen. Er steckte beim Entwurf und Zusammenzimmern der Küche so unglaublich viel Energie in die Sache, dass er fast zusammenbrach. Aber auch das brachte ihm nicht die ersehnte Entscheidung. Auch nicht, nachdem er das Wohnzimmer zu einer Oase ihrer Gefühle eingerichtet hatte.
Der Herbst nahte, und Dane stand kurz vor der Explosion. Er sprach sie schließlich darauf an, und sie versprach ihm, die Wohnung nach Weihnachten abzugeben. Mehr konnte er nicht erwarten. Es nahm ihm nicht die Eifersucht. Von der Pflasterung und Eingrenzung des Hofes, dem Blumengarten, dem Pavillon und dem Gemüsegarten war keine Rede mehr. Ein Geschäftsmann verspricht immer mehr, als er hält.
Das Haus war allerdings komplett fertig und entsprach genau dem, was Sarah sich vorgestellt hatte.
*
Ende Oktober fiel der erste Schnee, fast einen Monat früher als im letzten Jahr.
Ein ganzes Jahr war vergangen, und keiner wusste, wo es geblieben war. Mindestens einmal in der Woche kamen die Heddons zu Besuch und streichelten glücklich die Wangen der jungen Leute. Sie fanden in Sarah die Tochter, die sie nie bekommen hatten. Zum ersten Mal hatten Dane und Sarah das Gefühl, eine richtige Familie um sich zu haben. Die Heddons ersetzten ihre Eltern und gaben ihnen Unterstützung, wo immer sie es konnten. Es fiel kein unangenehmes oder neugieriges Wort, und Spannungen waren ihnen gänzlich fremd.
Sarah war endlich in ihrer heilen Welt, von der sie immer geträumt hatte, angekommen. Dane hingegen erfüllte eine große Unruhe.
Dezember 1994. Dane, 39 Jahre.
Eine seltsame Ruhe kehrte ein. Sarah bemerkte, dass in letzter Zeit häufiger Gingläser zwischen dem Spülgeschirr standen. Er hatte ihr den Gin nicht verschwiegen, aber die Menge, die er in letzter Zeit zu sich nahm. Sein Blick irrte manchmal so komisch ziellos im Zimmer umher.
Anfang
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