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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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und keine Macht der Welt wird mich meinen Eid brechen lassen. Ich werde mich niemals davon trennen.«
    Er fasste sie an den Armen und schaute ihr in die Augen, so als wären er und Ulrika die Einzigen inmitten der Wüste. »Aus Furcht und Dummheit«, sagte er verbittert, »versuchen Menschen, ihr Schicksal zu beschwören, in der Hoffnung, es beeinflussen zu können. Aber die Zukunft lässt sich nicht voraussehen, Ulrika, und das Schicksal ist wie eine Wolke – nicht greifbar. Die Sterne übermitteln keine Botschaften. Deshalb werde ich die aus China mitgebrachten Diagramme, die Instrumente, die Hilfsmittel für die Beobachtung und Berechnung vernichten. Und zum Observatorium in Alexandria, wo die bedeutendsten Astronomen der Welt die Gestirne studieren, werde ich bestimmt nicht mehr reisen. Denn für mich steht jetzt fest, dass sie das alles nicht in die Lage versetzt, die Geheimnisse unseres Schicksals aufzudecken.«
    Beschwörend und traurig zugleich sah er sie an. »Du brauchst mich nicht zu bemitleiden, Liebste. Timonides’ falsche Auslegungen, seine Lügen und das Geständnis seiner Missetaten haben mir die Augen geöffnet. Jetzt bin ich ein freier Mann, der an nichts glaubt und über sein eigenes Schicksal entscheidet. Deshalb verzeihe ich Timonides. Was er getan hat, war nur menschlich, und wer weiß schon, ob ich unter den gegebenen Umständen nicht ebenso gehandelt hätte? Vielleicht hat er mir sogar einen Gefallen erwiesen. Denn jetzt habe ich mein Leben fest in der Hand. Ich brauche nicht mehr die Weisung der Sterne abzuwarten. Jeden Morgen werde ich als Herr meiner selbst aufwachen.«
    Er umfasste ihre Schultern, fuhr dann mit einem Finger über die Konturen ihrer Lippen. »Ich bin voller Hoffnung die dreihundertdreiunddreißig Stufen hinauf- und mit neuem Wissen hinuntergestiegen. Von jetzt an, liebste Ulrika, bist du mein Schicksal, mein Lebensstern, und ich werde dir mein Leben lang nachfolgen.«
    Er küsste sie, ehe er sich endgültig von ihr löste und gleichsam in die reale Welt zurückkehrte. »Und jetzt verrate mir endlich, weshalb so viele Leute hier sind.«
    Sie berichtete ihm von der erstaunlichen Heilung des kleinen Mädchens.
    Er wölbte die Augenbrauen. »Glaubst du, Rabbi Judah hat das bewirkt?«
    »Es kommt nicht darauf an, was ich glaube«, sagte sie besorgt. »Meine medizinischen Kenntnisse sagen mir, dass es auch einfach der Moment gewesen sein kann, an dem sich die Fieberlähmung in dem Kind gelöst hat. Aber entscheidend ist: Sobald in der Stadt bekannt wird, was sich zugetragen hat, werden sich Scharen von Menschen hier einfinden. Ich fühle mich dafür verantwortlich, Sebastianus, schließlich war ich es, die Miriam anwies, ihren Ehemann hierherzubringen. Und ich habe ihr auch seinen Wunsch übermittelt, die Erinnerung an ihn zu bewahren. Das war unbedacht von mir. Ich habe mir nicht vorstellen können, was für Folgen das haben würde. Diese Menschen sind allesamt in Gefahr, und ich bin daran schuld. Sebastianus, ich weiß es nun mit Gewissheit: Meine Schicksalsgabe sieht vor, heilige Orte und heilige Menschen aufzuspüren – ich habe einen Verehrungswürdigen gefunden! – und andere dort hinzuführen. Aber ich muss dabei verantwortungsvoll vorgehen und nicht so, dass andere dadurch zu Schaden kommen können.«
    Sebastianus nickte. »Nun gut, wir werden einen Weg finden, um dieses Problem zu lösen.«
     
    Nicht weit von den beiden entfernt verzog Primo über das, was er soeben mit angehört hatte, missmutig das Gesicht. Wie sollte er es jetzt anstellen, seinen Meister zu beschützen? Sobald sich herumsprach, was sich hier abgespielt hatte, würde man die unzähligen Menschen, die herbeiströmten, nicht aufhalten können. Und sein Meister hatte vor, dieses Problem zu lösen!
    Und dabei konnte Quintus Publius jetzt täglich seine Rückreise nach Babylon antreten.

38
    »An den von mir geschätzten Quintus Publius. Im Namen des Senats und des Volks von Rom sei mir gegrüßt. Nachstehend ein Bericht über die jüngsten Aktivitäten meines Meisters Sebastianus Gallus hinsichtlich seines Handelszuges und der Waren, die er für Cäsar mit sich führt.«
    In seinem spartanischen Militärzelt, das eilends neben Daniels Burg errichtet worden war, hielt Primo mit seinem Diktat inne, damit der Sekretär die Worte auf den Papyrus schreiben und zwischendurch seine Feder in die Tinte tauchen konnte. Obwohl Primo mehrere Sprachen beherrschte, diktierte er auf Lateinisch, der Sprache, in

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