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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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kann.«
    Timonides rümpfte die Nase. »Und was sollte das sein?«
    »Du selbst, alter Freund, hast mich gerade darauf gebracht. Aber wir müssen uns beeilen.«
    Sie suchten einen Gasthof auf, wo sie ein Bad nahmen und die Kleider anlegten, die Timonides auf dem Markt für sie besorgt hatte – Sebastianus war daran gelegen, mit Ulrika nur in vornehmster Garderobe vor den Kaiser zu treten. Dementsprechend bestand das Gewand, das Ulrika jetzt schmückte, aus mehreren Lagen, jeweils abgestuft nach den verschiedenen Farbtönungen des Sonnenaufgangs, und darüber eine bodenlange narzissengelbe Palla, die sie kunstvoll über ihrem rechten Arm drapierte. Sebastianus legte eine knielange, mit goldener Stickerei gesäumte schwarze Tunika und eine dazu passende schwarze Toga an, die seine breiten Schultern und die Arme bedeckte. Mit den neuen wadenhoch geschnürten Sandalen und den kostbaren Gürteln aus feinstem Ziegenleder gaben er und Ulrika fürwahr ein elegantes Paar ab, das vornehm genug war, um den Argwohn jedes Palastaufsehers oder Haushofmeisters zu zerstreuen. Timonides schließlich, der sich von dem tragischen Geschehen in China vollständig erholt hatte, wirkte mit seinem makellos weißen Gewand und dem schlohweißen Haarkranz um den kahlen Schädel wie der distinguierte Diener der beiden.
    Ehe sie den Gasthof verließen, umfasste Sebastianus Ulrikas Gesicht und küsste ihre Lippen. »Was immer heute geschieht, Liebste, vergiss niemals, dass ich dich liebe. Wohin uns das Schicksal von heute an auch führen wird, du wirst für alle Zeiten in meinem Herzen sein. Und jetzt hör mir gut zu. Überlass das Reden mir. Verhalte dich Cäsar gegenüber schweigsam. Versuche nicht, dich zu verteidigen. Mir wird schon etwas einfallen, um dich von der Anklage der Hexerei zu entlasten. Vor allem erwähne nichts von deiner Gabe, sonst wird er dich für sich beanspruchen wollen. Er soll ja ganz versessen auf die Götter sein und darauf, was die Zukunft für ihn bereithält. Wenn er von deiner spirituellen Gabe erfährt, wirst du als Gefangene im Palast bleiben müssen, und Nero wird dir mit seinem Wahn zusetzen. Versprich mir, dass du Schweigen bewahrst.«
    »Was ist das eigentlich für ein Geschenk, das du für Cäsar vorgesehen hast? Immerhin hat er alles konfisziert. Außer den Kleidern, die wir am Leib tragen, besitzen wir doch gar nichts mehr.«
    »Keine Sorge, Liebste. Soweit ich über unseren Kaiser informiert bin, ist das etwas, dem er kaum widerstehen wird.«
    Bis zum Forum und dem Fuße des Palatinhügels war es zwar nicht weit, aber der Weg war verstopft mit Neugierigen, die einen Blick auf die Besucher zu erhaschen suchten, die ständig eintrafen und sich eine Audienz beim Kaiser erhofften. Sebastianus gelang es tatsächlich, sich mit seinen beiden Begleitern an den Scharen von Türwachen und Haushofmeistern vorbei und schließlich in den Palast zu kämpfen.
    Vor dem kaiserlichen Audienzsaal drängten sich derart viele Menschen und Tiere, dass ein Durchkommen fast unmöglich war. Um Nero zu beeindrucken, hatten die Besucher die ausgefallensten Geschenke mitgebracht, weshalb sich die Säulenhalle als farbenprächtiges Panoptikum präsentierte – lustig ausstaffierte Zwerge an goldenen Leinen; Tanztruppen mit Trommeln und Fackeln; abgerichtete Hunde, die als Löwen und Tiger verkleidet waren; ausladende Truhen, aus denen das Gefieder seltener Vögel und Tierfelle quollen; holzgeschnitzte Statuen, die den Kaiser darstellten. In das Stimmengewirr im Saal mischte sich das Bellen, Heulen und Kreischen der exotischen Tiere, die darauf warteten, dem Kaiser präsentiert zu werden. Ein Stab kaiserlicher Saaldiener in blauen, mit Silberfäden durchwirkten bodenlangen Tuniken hakte die Namen der zur Audienz Geladenen ab und schickte die, die nicht auf ihrer Liste standen, wieder fort.
    Da Sebastianus Gallus und Ulrika auf keiner der Listen vermerkt waren, musterte sie der beleibte Haushofmeister, der an der breiten Doppeltür stand und letzte Entscheidungen traf, von oben bis unten. Er hielt einen langen, an der Spitze vergoldeten Stab aus Elfenbein in der Hand, mit dem er auf den Boden stieß, wenn es nötig war, Aufmerksamkeit zu erheischen. »Du gibst an, Cäsar ein Geschenk überbringen zu wollen? Es sieht aber nicht so aus, als hättest du irgendetwas mitgebracht.«
    »Es ist nur für Cäsars Augen bestimmt«, gab Sebastianus zurück.
    Unentschlossen lutschte der Dicke an seinem Zahn herum, nahm seinen schweren Stab in die

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