Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
waren sie dem Kaiser bereits nahe und konnten den goldenen Thron sehen, auf dem er saß, auch das Podest, das ihn aus der Menge heraushob, sowie die Männer in den mit Purpurrot eingefassten weißen Tuniken und Togen. Was Ulrika auffiel, war, dass Kaiserin Poppaea Sabina nicht anwesend war. Warum nicht?
    Nero schien verärgert zu sein. »Ich brauche weder Zwerge noch Tänzer!«, keifte er. »Hat denn niemand Verständnis für meine Zwangslage? Rom muss wieder schön werden. Soll ich dieses Kunststück etwa mit Perlen und Federn bewirken?«
    Auf dem Weg vom Gasthof zum Palast hatte Ulrika die verkohlten Ruinen gesehen, die das große Feuer hinterlassen hatte. Längst waren Scharen von Sklaven dabei, den Schutt wegzuräumen, und neben den Skeletten ausgebrannter Gebäude wurden bereits neue Gebäude hochgezogen, deren Gerüste Ulrika mehr als instabil vorkamen, um Steinmetze, Maurer, Zimmerer und Maler zu tragen. Selbst der kaiserliche Palast wurde einer umfassenden Renovierung unterzogen, in einem Tempo, als zielte Kaiser Nero darauf ab, einem drohenden Unheil zuvorzukommen. Der Audienzsaal war bereits umgebaut worden – Ulrika fand es mehr als übertrieben, einen derart riesigen Saal nochmals zu vergrößern. Die Kuppel, die zehn Jahre zuvor mit geometrischen Quadraten verziert gewesen war, zeigte sich jetzt als weit gespannter nächtlicher Himmel, in dessen Mitte, umgeben von Tierkreiszeichen, Nero thronte. Das Mosaik des Kaisers war in allen Farben des Regenbogens ausgeführt, die Sternbilder dagegen aus goldenen und silbernen Mosaiksteinen. Wie lange es wohl gedauert hatte, dieses Meisterwerk zu erstellen?, fragte sich Ulrika, schon weil sie bezweifelte, dass Nero den Arbeitsaufwand geduldig hingenommen hatte.
    Auch die Atmosphäre war anders als vor zehn Jahren. Spannung lag in der Luft. Nichts mehr war von dem Optimismus eines jungen neuen Kaisers zu spüren. Die umherirrenden Blicke der Gäste verrieten Misstrauen und Angst. Und Nero? Der saß auf einem neuen Thron aus purem Gold, unter einem purpurnen Baldachin, der mit goldenen Fransen und Quasten verbrämt war. Mit seiner markanten Nase, seinem dichten gelockten Haar und dem modischen Bart, der die Kinnlade aussparte, sah er noch immer gut aus. Gewand und Toga waren aus purpurfarbener Seide, ein goldener Lorbeerkranz krönte das Haupt des Sechsundzwanzigjährigen, des mächtigsten Mannes auf Erden.
    Das Trio verfolgte das Streitgespräch der beiden kaiserlichen Bediensteten, bis sich Sebastianus kurz entschlossen an ihnen und den Wachen vorbeidrängelte und direkt vor Nero stand. »Edler Cäsar! Sebastianus Gallus entbietet dir seinen Gruß!«
    »Zurück!«, entrang es sich den missachteten kaiserlichen Bediensteten. Mehrere Prätorianer aus Cäsars Elitetruppe eilten herbei.
    Mit erhobener Hand gebot ihnen Nero, nicht einzugreifen. »Gallus!«, sagte er und musterte den dreisten Besucher durch sein berühmtes Smaragdmonokel. »Sebastianus Gallus hat das Volk von Rom verraten. Warum ist dieser Mann nicht in Ketten?«
    Der feiste Türsteher mit dem himbeerfarbenen Mal tauchte beschämt ab, die Umstehenden verstummten. Die Oberste Vestalin wandte so langsam, als wöge ihre Krone so schwer wie ganz Rom, den Kopf und verfolgte mit halb geschlossenen Augen, wie Sebastianus in gebieterischem Ton sagte: »Ich komme aus freiem Willen, großer Cäsar, und ich stehe vor dir nicht nur als Freund, sondern als der von dir persönlich ernannte Botschafter für das ferne China. Meine Mission war erfolgreich, Cäsar, und ich habe dir ein Geschenk mitgebracht.«
    »Was für ein Geschenk, Sebastianus Gallus?«
    »Es sind die persönlichen Grüße Seiner Himmlischen Herrlichkeit, des Kaisers von China, an den Höchst Ehrenhaften Cäsar.«
    Nero starrte ihn an. »Ist das alles, was du mir bringst?
Grüße?
«
    »Kaiser Ming von Han wäre hocherfreut, wenn Cäsar die Götter Roms nach China entsenden würde. Man würde entsprechende Schreine für sie errichten, was bedeuten würde, dass dann auch du, göttlicher Cäsar, von vielen Chinesen verehrt werden wirst.«
    »Ein rückständiges Volk«, grunzte Nero. »Mit China will ich nichts zu schaffen haben.«
    »Ich dachte, Cäsar würde sich freuen, von einer anderen Rasse verehrt zu werden.«
    »Da hast du dich getäuscht, Gallus. Was hast du mir sonst noch mitgebracht?«
    »Die Waren in meiner Karawane hast du bereits in Augenschein genommen, Cäsar. Du hast alles gesehen und gehört, womit ich aus China zurückgekommen

Weitere Kostenlose Bücher