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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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ihnen aufhielten, lauschten aufmerksam.
    Sebastianus klopfte das Herz bis zum Halse. Dies war der Moment, von dem er zeitlebens geträumt hatte. »Es heißt, hoher Herr, dass Befehlshaber Gaius Vatinius Maßnahmen ergriffen hat, um den Gegner zu täuschen und seinen Soldaten taktisch einen Vorteil zu verschaffen. Dass er nach der klugen Strategie vorging, derzufolge Dinge nicht immer so sind, wie es den Anschein hat. Als ich das hörte, erkannte ich, dass man sich solcher Taktiken auch entlang einer Handelsroute bedienen kann. Briganten zum Beispiel, die es auf Karawanen abgesehen haben, sind blind vor Gier und geneigt, nur das zu sehen, was sie sehen
wollen.
Sie wissen, dass Kaufleute und Händler mehr Zeit mit Essen verbringen als mit körperlicher Ertüchtigung, weshalb Diebe, die auf der Lauer nach einer Karawane liegen, annehmen, dass sie es mit verweichlichten Männern zu tun bekommen. Und genau das lässt derartige Unternehmungen scheitern. Wenn ich mich jedoch an die Strategie von General Vatinius halte, wird das bei meinem Tross anders sein. Die Räuber werden nicht ahnen, dass unsere Gewänder, unsere Turbane und Bärte nur eine Verkleidung für in Wirklichkeit durchtrainierte und kampferprobte Männer ist. Was die Briganten nicht erwarten, ist, überrascht zu werden.«
    Nero schürzte die Lippen und hörte sich an, was einer seiner militärischen Berater ihm ins Ohr flüsterte.
    »Sprich weiter, Sebastianus Gallus«, gebot der junge Kaiser gleich darauf.
    »Es wäre noch hinzuzufügen, Herr, dass die Räuber, wenn sie meine Karawane angreifen, nicht nur unversehens kampfbereiten Soldaten gegenüberstehen, sondern zusätzlich von hinten attackiert werden. Auch diese Taktik geht auf General Vatinius zurück.«
    Wieder raunte der militärische Berater Nero etwas zu, worauf der Kaiser meinte: »Eine kluge Strategie, Sebastianus Gallus. Nur wie willst du es anstellen, dir eine solche Kampftruppe zuzulegen?«
    »Darf ich meinen Verwalter heranrufen, Herr? Er ist kein Sklave, sondern ein freier Mann und ein Veteran der Elitelegionen Roms.«
    Als Primo, trotz seines entstellten Gesichts erkennbar scheu und verwirrt, vortrat, fuhr Sebastianus fort: »Mein treuer Verwalter hat mich gelehrt, dass eine siegreiche Kriegsführung auf drei entscheidenden Regeln beruht: Greif an, ehe du angegriffen wirst; verleg den Kampf ins Territorium des Feindes, damit seine Verluste umso größer sind; mach dir das Element der Überraschung zu eigen, denn dies ist die tödlichste Waffe. Diese Regeln sichern den Sieg, großer Cäsar, und Primo beherrscht sie alle drei.«
    »Du erwartest von einem einzigen Mann, dies alles umzusetzen?«, fragte Nero mit einem Anflug von Spott.
    Sebastianus nahm es hin. »Obwohl Primo ausgemustert ist, hat er weiterhin Verbindung zu den Truppen, zu Freunden, die in diesem Moment dem Reich dienen. Als Veteran hat er Zutritt zu allen Garnisonen, Festungen, Kasernen. Außerdem kennt er viele ehemalige Legionäre, die mehr als bereit sind, wieder für Rom zu kämpfen. Aber das ist noch nicht alles«, fügte er hinzu und kam jetzt, da es um sein eigenes Vorhaben ging, richtig in Fahrt. »Wenn ich die östliche Route bereise, werde ich Späher vorausschicken, als Einheimische verkleidete Männer, die sich unter das Volk mischen, in Tavernen und am Wegesrand das Gespräch suchen, um so viel wie möglich über geplante Überfälle in Erfahrung zu bringen. Außerdem werde ich Soldaten vorschicken, die sich verstecken und dann etwaige Räuber in Lauerstellung von hinten überrumpeln.«
    »Verrate mir doch eins, Gallus«, sagte Nero und spähte wieder seine Nase entlang, »wie hast du von General Vatinius’ geheimer Strategie erfahren? Nach seinem Sieg in Germanien wurde Befehlshaber Vatinius bei seinem Einzug in Rom mit einem Triumphzug geehrt, und als Belohnung übertrug man ihm das Kommando der Legionen in Britannien, wo er gegenwärtig erneut seine Strategien anwendet. Wie aber bist
du
hinter sein Geheimnis gekommen?«
    Sebastianus merkte, wie er von allen Seiten angestarrt wurde, auch von Ulrika. »Ganz Colonia spricht davon, Cäsar«, sagte er, »denn damit wurde die Schlacht gewonnen. Sie sind also nicht länger ein Geheimnis.«
    Agrippina flüsterte ihrem Sohn etwas zu. Gleich darauf bildeten die Berater einen engen Kreis um ihn, und unter viel Nicken und grau- und weißhaarigem Kopfschütteln wurde eine Konferenz abgehalten.
    Als sie beendet war, zogen sich die alten Männer von dem Sechzehnjährigen

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