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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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in unregelmäßigem Abstand und scheinen auf nichts Reales hinzudeuten. Ich möchte lernen, sie besser zu beherrschen und mit der Zeit sie auch nutzbringend einzusetzen.«
    »Viele unserer Getreuen sind mit Visionen und spirituellen Phänomenen gesegnet«, erwiderte der Rabbi. »Manche werden sogar vom Heiligen Geist berührt und sprechen dann in verschiedenen Zungen. Komm mit, dann kannst du dich mit Miriam besprechen.«
    Judah führte sie ins Haus, wo nur wenige Menschen zugegen waren. Eine rundliche Frau mittleren Alters, einschließlich des Schleiers, der ihr Haar bedeckte, ganz in Braun gekleidet, hockte auf einem Stuhl – Ulrika musste unwillkürlich an ein Rebhuhn denken –, ihr zu Füßen hockten mehrere Leute auf dem Boden.
    »Mein Frau Miriam«, sagte Judah, »ist Rechtsgelehrte wie seinerzeit Deborah, die außerdem eine Prophetin war. Wie Deborah sagt Miriam nicht die Zukunft voraus, sondern empfängt Botschaften von Gott und gibt sie an andere weiter.«
    Er stellte Ulrika seiner Frau vor. Miriam griff nach den Händen der jungen Frau und sagte: »Hab keine Angst, Tochter, denn du bist gesegnet. Gott hat dir eine Gabe verliehen.«
    »Aber ich weiß sie nicht einzusetzen«, erwiderte Ulrika. »Ich versuche immer wieder zu meditieren, kann mich aber nicht lange genug konzentrieren. Entweder schlafe ich ein, oder meine Gedanken schweifen ab. Was mache ich nicht richtig?«
    Miriam sah sie durchdringend an. »Fastest du vor dem Meditieren?«
    »Fasten? Nein.«
    »Fasten reinigt den Körper von Fremdstoffen, die die Klarheit des Gebets beeinträchtigen. Darüber hinaus hält Fasten wach. Hunger schärft die Sinne, lenkt dich nicht ab. Wenn du das beherzigst, wirst du erfolgreich sein.«
    »Ich danke dir, ehrenwerte Mutter.«
    »Deine Stimme verrät mir, dass du zweifelst. Lass dir eins sagen, Tochter: Stell dir deine Gabe als ein Haus vor, das mit herrlichen Schätzen gefüllt ist. Du weißt nicht, wie man ins Innere gelangt, aber wenn du um das Haus herumgehst, schnappst du durch die Fenster immer mal wieder einen flüchtigen Blick auf phantastische Dinge auf. Verhält es sich so mit deiner spirituellen Gabe?«
    »Ja«, flüsterte Ulrika.
    »Du musst nur die Tür finden, Tochter, und den Schlüssel zu ihrem Schloss. Sobald du drin bist, gehört der Schatz dir.«
    »Den Schlüssel!« Ulrika fiel ein, was die ägyptische Seherin ihr in der Straße der Wahrsager mit auf den Weg gegeben hatte. »Ist Meditation dieser Schlüssel?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Miriam. »Bist du nicht auf der Suche nach einem Ort, nach den Anfängen deiner Seele? Du musst diesen Ort finden, das ist entscheidend für den spirituellen Weg. Ich vermute, dass du dich verirrt hast. Du musst noch einmal ganz von vorn anfangen.«
    »Das hat man mir bereits gesagt. Weißt du, wo Shalamandar ist?«
    »Nein, Shalamandar ist mir unbekannt. Aber es gibt jemanden, der weiß, wo das liegt. Er wird dich hinbringen.«
    »Wer ist das?«, fragte Ulrika gespannt.
    Miriam schloss die Augen, wippte auf ihrem Stuhl vor und zurück, murmelte Unverständliches, das sich nicht wie eine Sprache, sondern eher wie ein Brabbeln anhörte. Zum Ende gelangt, öffnete die Frau des Rabbis die Augen und sagte: »Du musst weiter in den Osten des Partherreiches, nach Persien ziehen und einen Prinzen und sein Volk retten.«
    »Einen Prinzen!« Ulrika zog die Stirn in Falten. »Wie soll ich denn einen Prinzen retten?«
    »Wenn du es nicht tust, wird sein Geschlecht aussterben und sein Volk nicht mehr sein.«
    »Und dieser Prinz wird mich nach Shalamandar bringen? Wird
er
mir einen Schlüssel geben? Kannst du mir seinen Namen verraten?«
    »Alle Antworten findest du in Persien. Ziehe in Frieden, Tochter.«

Sechstes Buch Persien

21
    Im Schutz der Bäume beobachtete er die Taverne, die Gäste, die dort eintrafen oder sie verließen und deren Laternen ihnen den Weg durch die Dunkelheit wiesen.
    Lautlos wie auf der Pirsch war er der Fährte der jungen Frau mit dem hellen Haar vom letzten Dorf aus bis hierhin gefolgt, so vorsichtig, dass sie nichts bemerkt hatte und beherzt den Gebirgspfad entlanggeschritten war. Obwohl ihr Umhang sie von Kopf bis Fuß einhüllte, war sie als hochgewachsene schlanke Gestalt auszumachen. Die Reisebündel, die sie teils über der Schulter, teils auf dem Rücken trug, deuteten an, dass sie kräftig war, aber augenscheinlich nicht bewaffnet. Dass sie allein unterwegs war, war zwar ungewöhnlich, würde es ihm aber erleichtern, ihrer

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