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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Hämorrhoiden. Das Geschwür und den Abszess stach sie auf, gegen die Hämorrhoiden verordnete sie einen Sud aus Hamamelis, einer Pflanze, die überall in dieser Gegend wuchs. Man bezahlte sie mit einer Kupfermünze, einem Haar vom Haupt des Propheten Zarathustra sowie einem dankbaren Händedruck.
    Noch ehe andere Gäste nach Hause eilen konnten, um Familienmitglieder mit unterschiedlichen Wehwehchen herbeizuschleppen, erklärte Ulrika, sie sei erschöpft und brauche Ruhe, werde morgen früh aber wiederkommen.
    Sie dachte über die Worte des Schweinezüchters nach. Er hatte von einem gewissen Magus gesprochen, der in der Stadt der Geister lebte – die wiederum genau auf der Route lag, die sie und ihre Mutter vor Jahren genommen hatten! Nach ihrer Berechnung konnte sie in wenigen Tagen dort sein. Der Mann auf dem prächtigen Thron, an den sich Ulrika erinnerte – war das etwa der Magus?
    Freudig gestimmt und so zuversichtlich wie seit Wochen nicht mehr, zog sie sich die Kapuze über den Kopf und verließ die Taverne.
    Eisig kalt war es draußen. Flackernde Fackeln erhellten das kleine Grundstück, auf dem sich neben der Taverne Ställe und ein Hühnerhof befanden sowie mehrere Zelte, aus denen Schnarchtöne von Durchreisenden drangen, die dort nächtigten.
    Der Magus. Ulrikas Erregung wuchs. Von königlichem Geblüt und der Letzte seiner Art …
    War dies das sogenannte Schicksal? Hatte sie deshalb heute nicht wie geplant nach Tirgiz ziehen können, weil ein umgestürzter Baum den Weg blockierte und sie gezwungenermaßen den steilen Bergpfad einschlagen musste?
    Vor mehr als einem Jahr hatte sie Babylon auf einem Frachtschiff verlassen, dessen Ladung aus Wolle und Korn bestand. Am Golf, wo der Euphrat sich ins Meer ergießt, hatte sie sich von dem freundlichen Kapitän verabschiedet und sich einer Karawane angeschlossen, die nach Südosten unterwegs war, um dort die mitgeführten Datteln und Feigen gegen Mineralien und Edelsteine einzutauschen. Sie waren eine Straße entlanggezogen, die vor Hunderten von Jahren von Cyrus, dem ersten König der Perser, erschlossen worden war. Nach und nach war das Flachland von sanften Hügeln abgelöst worden, bis das ansteigende Gelände die Reisenden letztendlich hinauf zu den steilen Hängen des Zagros-Gebirges geführt hatte. An einer Kreuzung unweit Al Haza hatte Ulrika die Karawane verlassen, um eine andere vorbeikommende Gruppe abzupassen – diesmal Mönche auf dem Weg zu einem Kloster hoch in den schneebedeckten Bergen. Sie hatten sie unter der Bedingung mitgenommen, nicht mit ihnen zu sprechen und auch nicht gemeinsam mit ihnen die Mahlzeiten einzunehmen. Ulrika war froh gewesen, für sich zu bleiben, auf einem Esel voranzukommen und unter den Sternen zu schlafen. Dorf um Dorf, Bauernhof um Bauernhof ließ sie hinter sich, bis sie sich von den Mönchen verabschiedete, um sich bald darauf einer Familie auf dem Weg zu einer Hochzeitsfeier anzuschließen.
    Dort angekommen, hatte sie der Familie Lebewohl gesagt und die nächste Etappe ihrer Reise in Angriff genommen, die nicht allzu weit entfernt von dem Ort war, wo sie und ihre Mutter vor achtzehn Jahren gelebt hatten und wo Ulrika geboren worden war – als ein umgestürzter Baum die Straße blockierte. Um ihr Ziel zu erreichen, musste sie einen Umweg nehmen, einen steilen Bergpfad, auf dem sie letztendlich und gegen alle Planung zu dieser Siedlung gelangt war, wo sie jedoch von einem Prinzen erfahren hatte, der der Letzte seines Geschlechts war!
    Nein, das konnte kein Zufall sein. Der Magus musste der Prinz sein, der ihr seit ihrer Kindheit im Gedächtnis haften geblieben war.
    Ulrika sah es als gutes Zeichen an, als eine Bestätigung, dass sie auf dem rechten Pfad war, auf dem Weg zu dem ihr bestimmten Ziel.
    Entscheidend war, dass sie die Kristallenen Teiche von Shalamandar fand.
    Obwohl Miriams Rat, vor dem Meditieren zu fasten, Ulrika dazu verholfen hatte, Visionen heraufzubeschwören, gelang es ihr noch immer nicht, eine Vision lange genug zu halten, um deren Bedeutung zu interpretieren – auf ihrer Reise hatte sie zum Beispiel die Vision einer hübschen jungen Frau gesehen, die neben dem nichtsahnenden Kapitän des Frachtschiffes auftauchte, oder die von dem strahlenden Licht, das die Mönche begleitete, ohne dass sie sich dessen bewusst wurden, oder die von der Frau mit dem Säugling, die der Hochzeitsgesellschaft gefolgt war.
    Was sollte sie mit diesen Visionen anfangen?
    Über ihr, am nächtlichen Himmel,

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